dern überall aus reiner, redlicher Absicht, aus richtigen Begriffen von Adel, und aus Gefühl von Gerechtigkeit, die, über alle zufällige Ver¬ hältnisse hinaus, in dem Menschen nur den Werth schätzt, den er als Mensch hat!
3.
Aber diese Höflichkeit sey auch wohl geord¬ net! Sie sey nicht übertrieben! Sobald der Geringere fühlt, daß ihm die Ehre, welche wir ihm erweisen, ohnmöglich zukommen kann; so hält er es entweder für Mangel an Vernunft, für Spott, oder gar für Falschheit, argwöhnt, es stecke etwas dahinter, wir wollen Seiner mis¬ brauchen. Sodann giebt es auch eine Art von Herablassung, die wahrhaftig kränkend ist, wo¬ bey der leidende Theil offenbar fühlt, daß man ihm nur ein mildthätiges Almosen der Höflichkeit darreicht. Endlich giebt es eine abgeschmackte Art von Höflichkeit, wenn man nemlich mit Leu¬ ten von geringerm Stande eine Sprache redet, die sie gar nicht verstehen, die unter Personen von der Classe gar nicht üblich ist, wenn man das conventionelle Gewäsche von Unterthänig¬ keit, Gnade, Ehre, Entzücken, und so ferner,
bey
dern uͤberall aus reiner, redlicher Abſicht, aus richtigen Begriffen von Adel, und aus Gefuͤhl von Gerechtigkeit, die, uͤber alle zufaͤllige Ver¬ haͤltniſſe hinaus, in dem Menſchen nur den Werth ſchaͤtzt, den er als Menſch hat!
3.
Aber dieſe Hoͤflichkeit ſey auch wohl geord¬ net! Sie ſey nicht uͤbertrieben! Sobald der Geringere fuͤhlt, daß ihm die Ehre, welche wir ihm erweiſen, ohnmoͤglich zukommen kann; ſo haͤlt er es entweder fuͤr Mangel an Vernunft, fuͤr Spott, oder gar fuͤr Falſchheit, argwoͤhnt, es ſtecke etwas dahinter, wir wollen Seiner mis¬ brauchen. Sodann giebt es auch eine Art von Herablaſſung, die wahrhaftig kraͤnkend iſt, wo¬ bey der leidende Theil offenbar fuͤhlt, daß man ihm nur ein mildthaͤtiges Almoſen der Hoͤflichkeit darreicht. Endlich giebt es eine abgeſchmackte Art von Hoͤflichkeit, wenn man nemlich mit Leu¬ ten von geringerm Stande eine Sprache redet, die ſie gar nicht verſtehen, die unter Perſonen von der Claſſe gar nicht uͤblich iſt, wenn man das conventionelle Gewaͤſche von Unterthaͤnig¬ keit, Gnade, Ehre, Entzuͤcken, und ſo ferner,
bey
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dern uͤberall aus reiner, redlicher Abſicht, aus
richtigen Begriffen von Adel, und aus Gefuͤhl
von Gerechtigkeit, die, uͤber alle zufaͤllige Ver¬
haͤltniſſe hinaus, in dem Menſchen nur den
Werth ſchaͤtzt, den er als Menſch hat!
3.
Aber dieſe Hoͤflichkeit ſey auch wohl geord¬
net! Sie ſey nicht uͤbertrieben! Sobald der
Geringere fuͤhlt, daß ihm die Ehre, welche wir
ihm erweiſen, ohnmoͤglich zukommen kann; ſo
haͤlt er es entweder fuͤr Mangel an Vernunft,
fuͤr Spott, oder gar fuͤr Falſchheit, argwoͤhnt,
es ſtecke etwas dahinter, wir wollen Seiner mis¬
brauchen. Sodann giebt es auch eine Art von
Herablaſſung, die wahrhaftig kraͤnkend iſt, wo¬
bey der leidende Theil offenbar fuͤhlt, daß man
ihm nur ein mildthaͤtiges Almoſen der Hoͤflichkeit
darreicht. Endlich giebt es eine abgeſchmackte
Art von Hoͤflichkeit, wenn man nemlich mit Leu¬
ten von geringerm Stande eine Sprache redet,
die ſie gar nicht verſtehen, die unter Perſonen
von der Claſſe gar nicht uͤblich iſt, wenn man
das conventionelle Gewaͤſche von Unterthaͤnig¬
keit, Gnade, Ehre, Entzuͤcken, und ſo ferner,
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/58>, abgerufen am 30.12.2024.
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