hängt; Ist er aber Deiner Zuneigung unwerth; so schone Seiner wenigstens darum, weil er von jedermann verlassen ist, und also zu Mishand¬ lungen schweigen muß! Räche Dich auch eben deswegen nie an Dem, von welchem Du ver¬ folgt, gedrückt worden, so lange er Gewicht hatte! Sammle vielmehr feurige Kohlen auf sein Haupt, damit er in sich gehe, und wo mög¬ lich durch Großmuth gebessert werde!
19.
Und nun noch einmal! Wenn ich hier sehr viel zum Nachtheile des Characters der mehrsten Großen und Reichen gesagt habe; so bin ich doch weit entfernt, dies ohne Unterschied auf alle Per¬ sonen der höhern Classen ausdehnen zu wollen. Es ist mir immer äusserst zuwieder gewesen, zu sehn, wie manche unsrer armseligen neuern Schriftsteller es sich zum Geschäfte machen, auf die höhern Stände zu schimpfen. Viele von ihnen sind so wenig mit den erhabnern Menschen- Classen bekannt, daß es die höchste Impertinenz verräth, wenn sie über Sitten und Denkungs¬ art derselben ein Urtheil wagen. Von ihren Dachstübchen herunter schielen sie neidisch und
hä¬
haͤngt; Iſt er aber Deiner Zuneigung unwerth; ſo ſchone Seiner wenigſtens darum, weil er von jedermann verlaſſen iſt, und alſo zu Mishand¬ lungen ſchweigen muß! Raͤche Dich auch eben deswegen nie an Dem, von welchem Du ver¬ folgt, gedruͤckt worden, ſo lange er Gewicht hatte! Sammle vielmehr feurige Kohlen auf ſein Haupt, damit er in ſich gehe, und wo moͤg¬ lich durch Großmuth gebeſſert werde!
19.
Und nun noch einmal! Wenn ich hier ſehr viel zum Nachtheile des Characters der mehrſten Großen und Reichen geſagt habe; ſo bin ich doch weit entfernt, dies ohne Unterſchied auf alle Per¬ ſonen der hoͤhern Claſſen ausdehnen zu wollen. Es iſt mir immer aͤuſſerſt zuwieder geweſen, zu ſehn, wie manche unſrer armſeligen neuern Schriftſteller es ſich zum Geſchaͤfte machen, auf die hoͤhern Staͤnde zu ſchimpfen. Viele von ihnen ſind ſo wenig mit den erhabnern Menſchen- Claſſen bekannt, daß es die hoͤchſte Impertinenz verraͤth, wenn ſie uͤber Sitten und Denkungs¬ art derſelben ein Urtheil wagen. Von ihren Dachſtuͤbchen herunter ſchielen ſie neidiſch und
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haͤngt; Iſt er aber Deiner Zuneigung unwerth;
ſo ſchone Seiner wenigſtens darum, weil er von
jedermann verlaſſen iſt, und alſo zu Mishand¬
lungen ſchweigen muß! Raͤche Dich auch eben
deswegen nie an Dem, von welchem Du ver¬
folgt, gedruͤckt worden, ſo lange er Gewicht
hatte! Sammle vielmehr feurige Kohlen auf
ſein Haupt, damit er in ſich gehe, und wo moͤg¬
lich durch Großmuth gebeſſert werde!
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Und nun noch einmal! Wenn ich hier ſehr
viel zum Nachtheile des Characters der mehrſten
Großen und Reichen geſagt habe; ſo bin ich doch
weit entfernt, dies ohne Unterſchied auf alle Per¬
ſonen der hoͤhern Claſſen ausdehnen zu wollen.
Es iſt mir immer aͤuſſerſt zuwieder geweſen, zu
ſehn, wie manche unſrer armſeligen neuern
Schriftſteller es ſich zum Geſchaͤfte machen, auf
die hoͤhern Staͤnde zu ſchimpfen. Viele von
ihnen ſind ſo wenig mit den erhabnern Menſchen-
Claſſen bekannt, daß es die hoͤchſte Impertinenz
verraͤth, wenn ſie uͤber Sitten und Denkungs¬
art derſelben ein Urtheil wagen. Von ihren
Dachſtuͤbchen herunter ſchielen ſie neidiſch und
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/50>, abgerufen am 21.12.2024.
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