Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

sentlich zu Deiner moralischen Existenz ein sol¬
cher unbedeutender, zufälliger Glanz ist! Wenn
Du dann in tiefe Ungnade fällst; so fliehen doch
wenigstens die Bessern nicht vor Dir, wie vor
einem vernichteten, verweseten Menschen, und
der undankbare Despot fühlt, daß es noch Leute
giebt, die Seiner entbehren können. Baue
überhaupt nicht auf die Freundschaft, Festigkeit
und Anhänglichkeit der Großen! Sie achten
Dich, so lange sie Deiner bedürfen, sind wan¬
kelmüthig, glauben lieber das Böse, als das
Gute, und der Letzte hat bey ihnen immer Recht.

18.

Wenn Dein Beschützer, wenn ein Großer,
den Du in der Zeit seines äussern Glücks, aus
Noth, Höflichkeit, Politic oder gutem Willen,
gehuldigt hast, von seiner Höhe herabstürzt;
wenn er Stand, Vermögen, Einfluß oder Glanz
verliehrt; so schlage Dich nicht zu der Parthey
der Niederträchtigen, die dem Unglücklichen, der
ihnen zu nichts mehr helfen kann, den Rücken
zukehren! Verdient er Deine Hochachtung; so
zeige ihm nun mit doppeltem Eifer, daß Dein
Herz nicht von der Stimme des Pöbels ab¬

hängt;

ſentlich zu Deiner moraliſchen Exiſtenz ein ſol¬
cher unbedeutender, zufaͤlliger Glanz iſt! Wenn
Du dann in tiefe Ungnade faͤllſt; ſo fliehen doch
wenigſtens die Beſſern nicht vor Dir, wie vor
einem vernichteten, verweſeten Menſchen, und
der undankbare Deſpot fuͤhlt, daß es noch Leute
giebt, die Seiner entbehren koͤnnen. Baue
uͤberhaupt nicht auf die Freundſchaft, Feſtigkeit
und Anhaͤnglichkeit der Großen! Sie achten
Dich, ſo lange ſie Deiner beduͤrfen, ſind wan¬
kelmuͤthig, glauben lieber das Boͤſe, als das
Gute, und der Letzte hat bey ihnen immer Recht.

18.

Wenn Dein Beſchuͤtzer, wenn ein Großer,
den Du in der Zeit ſeines aͤuſſern Gluͤcks, aus
Noth, Hoͤflichkeit, Politic oder gutem Willen,
gehuldigt haſt, von ſeiner Hoͤhe herabſtuͤrzt;
wenn er Stand, Vermoͤgen, Einfluß oder Glanz
verliehrt; ſo ſchlage Dich nicht zu der Parthey
der Niedertraͤchtigen, die dem Ungluͤcklichen, der
ihnen zu nichts mehr helfen kann, den Ruͤcken
zukehren! Verdient er Deine Hochachtung; ſo
zeige ihm nun mit doppeltem Eifer, daß Dein
Herz nicht von der Stimme des Poͤbels ab¬

haͤngt;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0049" n="27"/>
&#x017F;entlich zu Deiner morali&#x017F;chen Exi&#x017F;tenz ein &#x017F;ol¬<lb/>
cher unbedeutender, zufa&#x0364;lliger Glanz i&#x017F;t! Wenn<lb/>
Du dann in tiefe Ungnade fa&#x0364;ll&#x017F;t; &#x017F;o fliehen doch<lb/>
wenig&#x017F;tens die Be&#x017F;&#x017F;ern nicht vor Dir, wie vor<lb/>
einem vernichteten, verwe&#x017F;eten Men&#x017F;chen, und<lb/>
der undankbare De&#x017F;pot fu&#x0364;hlt, daß es noch Leute<lb/>
giebt, die Seiner entbehren ko&#x0364;nnen. Baue<lb/>
u&#x0364;berhaupt nicht auf die Freund&#x017F;chaft, Fe&#x017F;tigkeit<lb/>
und Anha&#x0364;nglichkeit der Großen! Sie achten<lb/>
Dich, &#x017F;o lange &#x017F;ie Deiner bedu&#x0364;rfen, &#x017F;ind wan¬<lb/>
kelmu&#x0364;thig, glauben lieber das Bo&#x0364;&#x017F;e, als das<lb/>
Gute, und der Letzte hat bey ihnen immer Recht.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>18.<lb/></head>
            <p>Wenn Dein Be&#x017F;chu&#x0364;tzer, wenn ein Großer,<lb/>
den Du in der Zeit &#x017F;eines a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern Glu&#x0364;cks, aus<lb/>
Noth, Ho&#x0364;flichkeit, Politic oder gutem Willen,<lb/>
gehuldigt ha&#x017F;t, von &#x017F;einer Ho&#x0364;he herab&#x017F;tu&#x0364;rzt;<lb/>
wenn er Stand, Vermo&#x0364;gen, Einfluß oder Glanz<lb/>
verliehrt; &#x017F;o &#x017F;chlage Dich nicht zu der Parthey<lb/>
der Niedertra&#x0364;chtigen, die dem Unglu&#x0364;cklichen, der<lb/>
ihnen zu nichts mehr helfen kann, den Ru&#x0364;cken<lb/>
zukehren! Verdient er Deine Hochachtung; &#x017F;o<lb/>
zeige ihm nun mit doppeltem Eifer, daß Dein<lb/>
Herz nicht von der Stimme des Po&#x0364;bels ab¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ha&#x0364;ngt;<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0049] ſentlich zu Deiner moraliſchen Exiſtenz ein ſol¬ cher unbedeutender, zufaͤlliger Glanz iſt! Wenn Du dann in tiefe Ungnade faͤllſt; ſo fliehen doch wenigſtens die Beſſern nicht vor Dir, wie vor einem vernichteten, verweſeten Menſchen, und der undankbare Deſpot fuͤhlt, daß es noch Leute giebt, die Seiner entbehren koͤnnen. Baue uͤberhaupt nicht auf die Freundſchaft, Feſtigkeit und Anhaͤnglichkeit der Großen! Sie achten Dich, ſo lange ſie Deiner beduͤrfen, ſind wan¬ kelmuͤthig, glauben lieber das Boͤſe, als das Gute, und der Letzte hat bey ihnen immer Recht. 18. Wenn Dein Beſchuͤtzer, wenn ein Großer, den Du in der Zeit ſeines aͤuſſern Gluͤcks, aus Noth, Hoͤflichkeit, Politic oder gutem Willen, gehuldigt haſt, von ſeiner Hoͤhe herabſtuͤrzt; wenn er Stand, Vermoͤgen, Einfluß oder Glanz verliehrt; ſo ſchlage Dich nicht zu der Parthey der Niedertraͤchtigen, die dem Ungluͤcklichen, der ihnen zu nichts mehr helfen kann, den Ruͤcken zukehren! Verdient er Deine Hochachtung; ſo zeige ihm nun mit doppeltem Eifer, daß Dein Herz nicht von der Stimme des Poͤbels ab¬ haͤngt;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/49
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/49>, abgerufen am 30.12.2024.