Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite
2.

Daß ein solches Buch aber, vorausgesetzt
nemlich, daß der Gegenstand mit gehöriger Ein¬
sicht, Erfahrung und Menschenkenntniß behan¬
delt wäre, nicht nur Jünglingen, sondern selbst
Männern Nutzen gewähren könnte; das darf
ich wohl behaupten. Man verlangt von sei¬
nen, hellsehenden Leuten immer auch esprit
de conduite
; aber man hat darinn Unrecht.
Dieser Geist des Umgangs erfordert Klatblü¬
tigkeit, Achtsamkeit auf geringe Dinge, auf
Kleinigkeiten, die man bey feurigen Genies sel¬
ten antrifft. Ein Wink hingegen aus einem
solchen Buche kann Manchen aufmerksam auf
Fehler in Behandlung der Menschen machen,
auf Fehler, die er an sich aus zu großer Leb¬
haftigkeit bis itzt übersehn hatte.

3.

Ich habe aber in diesem Werke nicht die
Kunst lehren wollen, die Menschen zu seinen
Endzwecken zu misbrauchen, über Alle nach Ge¬
fallen zu herrschen, Jeden nach Belieben für
unsre eigennützigen Absichten in Bewegung zu
setzen. Ich verachte den Satz: "daß man aus

"den
2.

Daß ein ſolches Buch aber, vorausgeſetzt
nemlich, daß der Gegenſtand mit gehoͤriger Ein¬
ſicht, Erfahrung und Menſchenkenntniß behan¬
delt waͤre, nicht nur Juͤnglingen, ſondern ſelbſt
Maͤnnern Nutzen gewaͤhren koͤnnte; das darf
ich wohl behaupten. Man verlangt von ſei¬
nen, hellſehenden Leuten immer auch eſprit
de conduite
; aber man hat darinn Unrecht.
Dieſer Geiſt des Umgangs erfordert Klatbluͤ¬
tigkeit, Achtſamkeit auf geringe Dinge, auf
Kleinigkeiten, die man bey feurigen Genies ſel¬
ten antrifft. Ein Wink hingegen aus einem
ſolchen Buche kann Manchen aufmerkſam auf
Fehler in Behandlung der Menſchen machen,
auf Fehler, die er an ſich aus zu großer Leb¬
haftigkeit bis itzt uͤberſehn hatte.

3.

Ich habe aber in dieſem Werke nicht die
Kunſt lehren wollen, die Menſchen zu ſeinen
Endzwecken zu misbrauchen, uͤber Alle nach Ge¬
fallen zu herrſchen, Jeden nach Belieben fuͤr
unſre eigennuͤtzigen Abſichten in Bewegung zu
ſetzen. Ich verachte den Satz: „daß man aus

„den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0356" n="334"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>2.<lb/></head>
            <p>Daß ein &#x017F;olches Buch aber, vorausge&#x017F;etzt<lb/>
nemlich, daß der Gegen&#x017F;tand mit geho&#x0364;riger Ein¬<lb/>
&#x017F;icht, Erfahrung und Men&#x017F;chenkenntniß behan¬<lb/>
delt wa&#x0364;re, nicht nur Ju&#x0364;nglingen, &#x017F;ondern &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
Ma&#x0364;nnern Nutzen gewa&#x0364;hren ko&#x0364;nnte; das darf<lb/>
ich wohl behaupten. Man verlangt von &#x017F;ei¬<lb/>
nen, hell&#x017F;ehenden Leuten immer auch <hi rendition="#aq">e&#x017F;prit<lb/>
de conduite</hi>; aber man hat darinn Unrecht.<lb/>
Die&#x017F;er Gei&#x017F;t des Umgangs erfordert Klatblu&#x0364;¬<lb/>
tigkeit, Acht&#x017F;amkeit auf geringe Dinge, auf<lb/>
Kleinigkeiten, die man bey feurigen Genies &#x017F;el¬<lb/>
ten antrifft. Ein Wink hingegen aus einem<lb/>
&#x017F;olchen Buche kann Manchen aufmerk&#x017F;am auf<lb/>
Fehler in Behandlung der Men&#x017F;chen machen,<lb/>
auf Fehler, die er an &#x017F;ich aus zu großer Leb¬<lb/>
haftigkeit bis itzt u&#x0364;ber&#x017F;ehn hatte.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>3.<lb/></head>
            <p>Ich habe aber in die&#x017F;em Werke nicht die<lb/>
Kun&#x017F;t lehren wollen, die Men&#x017F;chen zu &#x017F;einen<lb/>
Endzwecken zu misbrauchen, u&#x0364;ber Alle nach Ge¬<lb/>
fallen zu herr&#x017F;chen, Jeden nach Belieben fu&#x0364;r<lb/>
un&#x017F;re eigennu&#x0364;tzigen Ab&#x017F;ichten in Bewegung zu<lb/>
&#x017F;etzen. Ich verachte den Satz: &#x201E;daß man aus<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;den<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[334/0356] 2. Daß ein ſolches Buch aber, vorausgeſetzt nemlich, daß der Gegenſtand mit gehoͤriger Ein¬ ſicht, Erfahrung und Menſchenkenntniß behan¬ delt waͤre, nicht nur Juͤnglingen, ſondern ſelbſt Maͤnnern Nutzen gewaͤhren koͤnnte; das darf ich wohl behaupten. Man verlangt von ſei¬ nen, hellſehenden Leuten immer auch eſprit de conduite; aber man hat darinn Unrecht. Dieſer Geiſt des Umgangs erfordert Klatbluͤ¬ tigkeit, Achtſamkeit auf geringe Dinge, auf Kleinigkeiten, die man bey feurigen Genies ſel¬ ten antrifft. Ein Wink hingegen aus einem ſolchen Buche kann Manchen aufmerkſam auf Fehler in Behandlung der Menſchen machen, auf Fehler, die er an ſich aus zu großer Leb¬ haftigkeit bis itzt uͤberſehn hatte. 3. Ich habe aber in dieſem Werke nicht die Kunſt lehren wollen, die Menſchen zu ſeinen Endzwecken zu misbrauchen, uͤber Alle nach Ge¬ fallen zu herrſchen, Jeden nach Belieben fuͤr unſre eigennuͤtzigen Abſichten in Bewegung zu ſetzen. Ich verachte den Satz: „daß man aus „den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/356
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/356>, abgerufen am 21.12.2024.