Daß ein solches Buch aber, vorausgesetzt nemlich, daß der Gegenstand mit gehöriger Ein¬ sicht, Erfahrung und Menschenkenntniß behan¬ delt wäre, nicht nur Jünglingen, sondern selbst Männern Nutzen gewähren könnte; das darf ich wohl behaupten. Man verlangt von sei¬ nen, hellsehenden Leuten immer auch esprit de conduite; aber man hat darinn Unrecht. Dieser Geist des Umgangs erfordert Klatblü¬ tigkeit, Achtsamkeit auf geringe Dinge, auf Kleinigkeiten, die man bey feurigen Genies sel¬ ten antrifft. Ein Wink hingegen aus einem solchen Buche kann Manchen aufmerksam auf Fehler in Behandlung der Menschen machen, auf Fehler, die er an sich aus zu großer Leb¬ haftigkeit bis itzt übersehn hatte.
3.
Ich habe aber in diesem Werke nicht die Kunst lehren wollen, die Menschen zu seinen Endzwecken zu misbrauchen, über Alle nach Ge¬ fallen zu herrschen, Jeden nach Belieben für unsre eigennützigen Absichten in Bewegung zu setzen. Ich verachte den Satz: "daß man aus
"den
2.
Daß ein ſolches Buch aber, vorausgeſetzt nemlich, daß der Gegenſtand mit gehoͤriger Ein¬ ſicht, Erfahrung und Menſchenkenntniß behan¬ delt waͤre, nicht nur Juͤnglingen, ſondern ſelbſt Maͤnnern Nutzen gewaͤhren koͤnnte; das darf ich wohl behaupten. Man verlangt von ſei¬ nen, hellſehenden Leuten immer auch eſprit de conduite; aber man hat darinn Unrecht. Dieſer Geiſt des Umgangs erfordert Klatbluͤ¬ tigkeit, Achtſamkeit auf geringe Dinge, auf Kleinigkeiten, die man bey feurigen Genies ſel¬ ten antrifft. Ein Wink hingegen aus einem ſolchen Buche kann Manchen aufmerkſam auf Fehler in Behandlung der Menſchen machen, auf Fehler, die er an ſich aus zu großer Leb¬ haftigkeit bis itzt uͤberſehn hatte.
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Ich habe aber in dieſem Werke nicht die Kunſt lehren wollen, die Menſchen zu ſeinen Endzwecken zu misbrauchen, uͤber Alle nach Ge¬ fallen zu herrſchen, Jeden nach Belieben fuͤr unſre eigennuͤtzigen Abſichten in Bewegung zu ſetzen. Ich verachte den Satz: „daß man aus
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Daß ein ſolches Buch aber, vorausgeſetzt
nemlich, daß der Gegenſtand mit gehoͤriger Ein¬
ſicht, Erfahrung und Menſchenkenntniß behan¬
delt waͤre, nicht nur Juͤnglingen, ſondern ſelbſt
Maͤnnern Nutzen gewaͤhren koͤnnte; das darf
ich wohl behaupten. Man verlangt von ſei¬
nen, hellſehenden Leuten immer auch eſprit
de conduite; aber man hat darinn Unrecht.
Dieſer Geiſt des Umgangs erfordert Klatbluͤ¬
tigkeit, Achtſamkeit auf geringe Dinge, auf
Kleinigkeiten, die man bey feurigen Genies ſel¬
ten antrifft. Ein Wink hingegen aus einem
ſolchen Buche kann Manchen aufmerkſam auf
Fehler in Behandlung der Menſchen machen,
auf Fehler, die er an ſich aus zu großer Leb¬
haftigkeit bis itzt uͤberſehn hatte.
3.
Ich habe aber in dieſem Werke nicht die
Kunſt lehren wollen, die Menſchen zu ſeinen
Endzwecken zu misbrauchen, uͤber Alle nach Ge¬
fallen zu herrſchen, Jeden nach Belieben fuͤr
unſre eigennuͤtzigen Abſichten in Bewegung zu
ſetzen. Ich verachte den Satz: „daß man aus
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/356>, abgerufen am 21.11.2024.
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