Du den Bessern und Geliebten auf, und wer wird Deinen Freundschafts-Bezeugungen trauen, ihnen Werth beylegen, wenn Du so verschwen¬ derisch in Austheilung derselben bist?
7.
Sey, was Du bist, immer ganz, und im¬ mer der Nemliche! Nicht heute warm, morgen kalt; heute grob, morgen höflich und zuckersüß; heute der lustige Gesellschafter, morgen trocken und stumm, wie eine Bildsäule! Mit solchen Leuten ist übel umzugehn; Sie überhäufen uns, wenn sie grade in guter Laune sind, oder niemand um sich haben, der vornehmer als wir, oder spashafter, oder ein größerer Schmeichler ist, mit allen Zeichen der herzlichsten, vertraulich¬ sten Freundschaft. Wir bauen darauf, und wollen wenig Tage nachher den Mann wieder besuchen, der uns so gern bey sich sieht, der uns so freundlich eingeladen hat, recht oft zu kom¬ men. Wir gehen hin, und werden nun so fro¬ stig und verdrießlich empfangen, oder man lässt uns ohne Unterhaltung in einer Ecke sitzen, ant¬ wortet uns nur mit abgebrochenen Silben, weil man grade von Creaturen umgeben ist, die mehr
Wey¬
Du den Beſſern und Geliebten auf, und wer wird Deinen Freundſchafts-Bezeugungen trauen, ihnen Werth beylegen, wenn Du ſo verſchwen¬ deriſch in Austheilung derſelben biſt?
7.
Sey, was Du biſt, immer ganz, und im¬ mer der Nemliche! Nicht heute warm, morgen kalt; heute grob, morgen hoͤflich und zuckerſuͤß; heute der luſtige Geſellſchafter, morgen trocken und ſtumm, wie eine Bildſaͤule! Mit ſolchen Leuten iſt uͤbel umzugehn; Sie uͤberhaͤufen uns, wenn ſie grade in guter Laune ſind, oder niemand um ſich haben, der vornehmer als wir, oder ſpashafter, oder ein groͤßerer Schmeichler iſt, mit allen Zeichen der herzlichſten, vertraulich¬ ſten Freundſchaft. Wir bauen darauf, und wollen wenig Tage nachher den Mann wieder beſuchen, der uns ſo gern bey ſich ſieht, der uns ſo freundlich eingeladen hat, recht oft zu kom¬ men. Wir gehen hin, und werden nun ſo fro¬ ſtig und verdrießlich empfangen, oder man laͤſſt uns ohne Unterhaltung in einer Ecke ſitzen, ant¬ wortet uns nur mit abgebrochenen Silben, weil man grade von Creaturen umgeben iſt, die mehr
Wey¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0340"n="318"/>
Du den Beſſern und Geliebten auf, und wer<lb/>
wird Deinen Freundſchafts-Bezeugungen trauen,<lb/>
ihnen Werth beylegen, wenn <choice><sic>Dn</sic><corr>Du</corr></choice>ſo verſchwen¬<lb/>
deriſch in Austheilung derſelben biſt?</p><lb/></div><divn="3"><head>7.<lb/></head><p>Sey, was Du biſt, immer ganz, und im¬<lb/>
mer der Nemliche! Nicht heute warm, morgen<lb/>
kalt; heute grob, morgen hoͤflich und zuckerſuͤß;<lb/>
heute der luſtige Geſellſchafter, morgen trocken<lb/>
und ſtumm, wie eine Bildſaͤule! Mit ſolchen<lb/>
Leuten iſt uͤbel umzugehn; Sie uͤberhaͤufen uns,<lb/>
wenn ſie grade in guter Laune ſind, oder niemand<lb/>
um ſich haben, der vornehmer als wir, oder<lb/>ſpashafter, oder ein groͤßerer Schmeichler iſt,<lb/>
mit allen Zeichen der herzlichſten, vertraulich¬<lb/>ſten Freundſchaft. Wir bauen darauf, und<lb/>
wollen wenig Tage nachher den Mann wieder<lb/>
beſuchen, der uns ſo gern bey ſich ſieht, der uns<lb/>ſo freundlich eingeladen hat, recht oft zu kom¬<lb/>
men. Wir gehen hin, und werden nun ſo fro¬<lb/>ſtig und verdrießlich empfangen, oder man laͤſſt<lb/>
uns ohne Unterhaltung in einer Ecke ſitzen, ant¬<lb/>
wortet uns nur mit abgebrochenen Silben, weil<lb/>
man grade von Creaturen umgeben iſt, die mehr<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wey¬<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[318/0340]
Du den Beſſern und Geliebten auf, und wer
wird Deinen Freundſchafts-Bezeugungen trauen,
ihnen Werth beylegen, wenn Du ſo verſchwen¬
deriſch in Austheilung derſelben biſt?
7.
Sey, was Du biſt, immer ganz, und im¬
mer der Nemliche! Nicht heute warm, morgen
kalt; heute grob, morgen hoͤflich und zuckerſuͤß;
heute der luſtige Geſellſchafter, morgen trocken
und ſtumm, wie eine Bildſaͤule! Mit ſolchen
Leuten iſt uͤbel umzugehn; Sie uͤberhaͤufen uns,
wenn ſie grade in guter Laune ſind, oder niemand
um ſich haben, der vornehmer als wir, oder
ſpashafter, oder ein groͤßerer Schmeichler iſt,
mit allen Zeichen der herzlichſten, vertraulich¬
ſten Freundſchaft. Wir bauen darauf, und
wollen wenig Tage nachher den Mann wieder
beſuchen, der uns ſo gern bey ſich ſieht, der uns
ſo freundlich eingeladen hat, recht oft zu kom¬
men. Wir gehen hin, und werden nun ſo fro¬
ſtig und verdrießlich empfangen, oder man laͤſſt
uns ohne Unterhaltung in einer Ecke ſitzen, ant¬
wortet uns nur mit abgebrochenen Silben, weil
man grade von Creaturen umgeben iſt, die mehr
Wey¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/340>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.