der Eifersucht so wenig als möglich Nahrung zu geben, man seine Vorzüge, seine Kenntnisse und seine Talente mehr verbergen als kundmachen, keine Art von Eminenz zeigen, anscheinend we¬ nig fordern, wenig begehren, auf wenig An¬ sprüche machen, und wenig leisten müsse.
14.
Der Geitz ist eine der unedelsten, schänd¬ lichsten Leidenschaften. Man kann sich keine Niederträchtigkeit denken, zu welcher ein Geiz¬ hals nicht fähig wäre, wenn seine Begierde nach Reichthümern in das Spiel kömmt, und jede Empfindung besserer Art, Freundschaft, Mitleid und Wohlwollen finden keinen Eingang in sein Herz, wenn sie kein Geld einbringen; ja! er gönnt sich selber die unschuldigsten Ver¬ gnügungen nicht, in so fern er sie nicht unent¬ geltlich schmecken kann. In jedem Fremden sieht er einen Dieb, und in sich selbst einen Schmarotzer, der auf Unkosten seines bessern Ichs, seines Mammons zehrt.
Allein in den jetzigen Zeiten, wo der Lu¬ xus so übertrieben wird; wo die Bedürfnisse,
auch
der Eiferſucht ſo wenig als moͤglich Nahrung zu geben, man ſeine Vorzuͤge, ſeine Kenntniſſe und ſeine Talente mehr verbergen als kundmachen, keine Art von Eminenz zeigen, anſcheinend we¬ nig fordern, wenig begehren, auf wenig An¬ ſpruͤche machen, und wenig leiſten muͤſſe.
14.
Der Geitz iſt eine der unedelſten, ſchaͤnd¬ lichſten Leidenſchaften. Man kann ſich keine Niedertraͤchtigkeit denken, zu welcher ein Geiz¬ hals nicht faͤhig waͤre, wenn ſeine Begierde nach Reichthuͤmern in das Spiel koͤmmt, und jede Empfindung beſſerer Art, Freundſchaft, Mitleid und Wohlwollen finden keinen Eingang in ſein Herz, wenn ſie kein Geld einbringen; ja! er goͤnnt ſich ſelber die unſchuldigſten Ver¬ gnuͤgungen nicht, in ſo fern er ſie nicht unent¬ geltlich ſchmecken kann. In jedem Fremden ſieht er einen Dieb, und in ſich ſelbſt einen Schmarotzer, der auf Unkoſten ſeines beſſern Ichs, ſeines Mammons zehrt.
Allein in den jetzigen Zeiten, wo der Lu¬ xus ſo uͤbertrieben wird; wo die Beduͤrfniſſe,
auch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0244"n="222"/>
der Eiferſucht ſo wenig als moͤglich Nahrung zu<lb/>
geben, man ſeine Vorzuͤge, ſeine Kenntniſſe und<lb/>ſeine Talente mehr verbergen als kundmachen,<lb/>
keine Art von Eminenz zeigen, anſcheinend we¬<lb/>
nig fordern, wenig begehren, auf wenig An¬<lb/>ſpruͤche machen, und wenig leiſten muͤſſe.</p><lb/></div><divn="3"><head>14.<lb/></head><p><hirendition="#fr">Der Geitz</hi> iſt eine der unedelſten, ſchaͤnd¬<lb/>
lichſten Leidenſchaften. Man kann ſich keine<lb/>
Niedertraͤchtigkeit denken, zu welcher ein Geiz¬<lb/>
hals nicht faͤhig waͤre, wenn ſeine Begierde<lb/>
nach Reichthuͤmern in das Spiel koͤmmt, und<lb/>
jede Empfindung beſſerer Art, Freundſchaft,<lb/>
Mitleid und Wohlwollen finden keinen Eingang<lb/>
in ſein Herz, wenn ſie kein Geld einbringen;<lb/>
ja! er goͤnnt ſich ſelber die unſchuldigſten Ver¬<lb/>
gnuͤgungen nicht, in ſo fern er ſie nicht unent¬<lb/>
geltlich ſchmecken kann. In jedem Fremden<lb/>ſieht er einen Dieb, und in ſich ſelbſt einen<lb/>
Schmarotzer, der auf Unkoſten ſeines beſſern<lb/>
Ichs, ſeines Mammons zehrt.</p><lb/><p>Allein in den jetzigen Zeiten, wo der Lu¬<lb/>
xus ſo uͤbertrieben wird; wo die Beduͤrfniſſe,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">auch<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[222/0244]
der Eiferſucht ſo wenig als moͤglich Nahrung zu
geben, man ſeine Vorzuͤge, ſeine Kenntniſſe und
ſeine Talente mehr verbergen als kundmachen,
keine Art von Eminenz zeigen, anſcheinend we¬
nig fordern, wenig begehren, auf wenig An¬
ſpruͤche machen, und wenig leiſten muͤſſe.
14.
Der Geitz iſt eine der unedelſten, ſchaͤnd¬
lichſten Leidenſchaften. Man kann ſich keine
Niedertraͤchtigkeit denken, zu welcher ein Geiz¬
hals nicht faͤhig waͤre, wenn ſeine Begierde
nach Reichthuͤmern in das Spiel koͤmmt, und
jede Empfindung beſſerer Art, Freundſchaft,
Mitleid und Wohlwollen finden keinen Eingang
in ſein Herz, wenn ſie kein Geld einbringen;
ja! er goͤnnt ſich ſelber die unſchuldigſten Ver¬
gnuͤgungen nicht, in ſo fern er ſie nicht unent¬
geltlich ſchmecken kann. In jedem Fremden
ſieht er einen Dieb, und in ſich ſelbſt einen
Schmarotzer, der auf Unkoſten ſeines beſſern
Ichs, ſeines Mammons zehrt.
Allein in den jetzigen Zeiten, wo der Lu¬
xus ſo uͤbertrieben wird; wo die Beduͤrfniſſe,
auch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/244>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.