Neuntes Capittel. Ueber das Betragen gegen Leute, in aller¬ ley besondern Verhältnissen und Lagen.
1.
Zuerst über die Aufführung gegen unsre Feinde! Man kränke niemand vorsetzlich! Man sey wohl¬ wollend, dienstfertig, verständig, vorsichtig, grade und ohne Winkelzüge in allen Handlungen! Man erlaube sich keinen Schritt zum Nachtheil eines Andern! Man zerstöhre keines Menschen Glück¬ seligkeit! Man verleumde niemand! Man ver¬ schweige selbst das würklich Böse, so man von seinen Mitmenschen weiß, wenn man nicht ent¬ schiedenen Beruf hat, oder das Wohl Andrer es bestimmt erfordert, darüber zu reden! -- so wird man -- etwa keine Feinde haben? -- das sage ich nicht; aber man wird, wenn uns den¬ noch Neid und Bosheit verfolgen, wenigstens die Beruhigung empfinden, keine Veranlassung zur Feindschaft gegeben zu haben.
Es steht nicht immer in unsrer Willkühr, geliebt, aber es hängt immer von uns ab, nicht
ver¬
Neuntes Capittel. Ueber das Betragen gegen Leute, in aller¬ ley beſondern Verhaͤltniſſen und Lagen.
1.
Zuerſt uͤber die Auffuͤhrung gegen unſre Feinde! Man kraͤnke niemand vorſetzlich! Man ſey wohl¬ wollend, dienſtfertig, verſtaͤndig, vorſichtig, grade und ohne Winkelzuͤge in allen Handlungen! Man erlaube ſich keinen Schritt zum Nachtheil eines Andern! Man zerſtoͤhre keines Menſchen Gluͤck¬ ſeligkeit! Man verleumde niemand! Man ver¬ ſchweige ſelbſt das wuͤrklich Boͤſe, ſo man von ſeinen Mitmenſchen weiß, wenn man nicht ent¬ ſchiedenen Beruf hat, oder das Wohl Andrer es beſtimmt erfordert, daruͤber zu reden! — ſo wird man — etwa keine Feinde haben? — das ſage ich nicht; aber man wird, wenn uns den¬ noch Neid und Bosheit verfolgen, wenigſtens die Beruhigung empfinden, keine Veranlaſſung zur Feindſchaft gegeben zu haben.
Es ſteht nicht immer in unſrer Willkuͤhr, geliebt, aber es haͤngt immer von uns ab, nicht
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Neuntes Capittel.
Ueber das Betragen gegen Leute, in aller¬
ley beſondern Verhaͤltniſſen und Lagen.
1.
Zuerſt uͤber die Auffuͤhrung gegen unſre Feinde!
Man kraͤnke niemand vorſetzlich! Man ſey wohl¬
wollend, dienſtfertig, verſtaͤndig, vorſichtig, grade
und ohne Winkelzuͤge in allen Handlungen! Man
erlaube ſich keinen Schritt zum Nachtheil eines
Andern! Man zerſtoͤhre keines Menſchen Gluͤck¬
ſeligkeit! Man verleumde niemand! Man ver¬
ſchweige ſelbſt das wuͤrklich Boͤſe, ſo man von
ſeinen Mitmenſchen weiß, wenn man nicht ent¬
ſchiedenen Beruf hat, oder das Wohl Andrer es
beſtimmt erfordert, daruͤber zu reden! — ſo
wird man — etwa keine Feinde haben? — das
ſage ich nicht; aber man wird, wenn uns den¬
noch Neid und Bosheit verfolgen, wenigſtens
die Beruhigung empfinden, keine Veranlaſſung
zur Feindſchaft gegeben zu haben.
Es ſteht nicht immer in unſrer Willkuͤhr,
geliebt, aber es haͤngt immer von uns ab, nicht
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/196>, abgerufen am 21.12.2024.
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