Von dem Umgange unter Eltern, Kin¬ dern und Blutsfreunden.
1.
Das erste und natürlichste Band unter den Menschen, nächst der Vereinigung zwischen Mann und Weib, ist von je her das Band un¬ ter Eltern und Kindern gewesen. Wenn gleich das Zeugungs-Geschäfte nicht eigentlich absicht¬ liche Wohlthat für die folgende Generation ist; so giebt es doch wenig Menschen, die nicht ganz gut damit zufrieden wären, daß jemand sich die Mühe gegeben hat, sie in die Welt zu setzen; und wenn gleich in unsern Staaten die Eltern ihre Kinder nicht blos aus freyem Wil¬ len auferziehen, nähren und pflegen; so ist es doch abgeschmackt, zu sagen: die mannigfaltige Bemühung, welche dies erfordert und nach sich zieht, lege keine Art von Verbindlichkeit auf, oder es sey nicht wahr, daß ein Zug von Wohl¬ wollen, Sympathie und Dankbarkeit uns de¬ nen Personen näher bringe, deren Fleisch und
Blut
G3
Drittes Capitel.
Von dem Umgange unter Eltern, Kin¬ dern und Blutsfreunden.
1.
Das erſte und natuͤrlichſte Band unter den Menſchen, naͤchſt der Vereinigung zwiſchen Mann und Weib, iſt von je her das Band un¬ ter Eltern und Kindern geweſen. Wenn gleich das Zeugungs-Geſchaͤfte nicht eigentlich abſicht¬ liche Wohlthat fuͤr die folgende Generation iſt; ſo giebt es doch wenig Menſchen, die nicht ganz gut damit zufrieden waͤren, daß jemand ſich die Muͤhe gegeben hat, ſie in die Welt zu ſetzen; und wenn gleich in unſern Staaten die Eltern ihre Kinder nicht blos aus freyem Wil¬ len auferziehen, naͤhren und pflegen; ſo iſt es doch abgeſchmackt, zu ſagen: die mannigfaltige Bemuͤhung, welche dies erfordert und nach ſich zieht, lege keine Art von Verbindlichkeit auf, oder es ſey nicht wahr, daß ein Zug von Wohl¬ wollen, Sympathie und Dankbarkeit uns de¬ nen Perſonen naͤher bringe, deren Fleiſch und
Blut
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Drittes Capitel.
Von dem Umgange unter Eltern, Kin¬
dern und Blutsfreunden.
1.
Das erſte und natuͤrlichſte Band unter den
Menſchen, naͤchſt der Vereinigung zwiſchen
Mann und Weib, iſt von je her das Band un¬
ter Eltern und Kindern geweſen. Wenn gleich
das Zeugungs-Geſchaͤfte nicht eigentlich abſicht¬
liche Wohlthat fuͤr die folgende Generation
iſt; ſo giebt es doch wenig Menſchen, die nicht
ganz gut damit zufrieden waͤren, daß jemand
ſich die Muͤhe gegeben hat, ſie in die Welt zu
ſetzen; und wenn gleich in unſern Staaten die
Eltern ihre Kinder nicht blos aus freyem Wil¬
len auferziehen, naͤhren und pflegen; ſo iſt es
doch abgeſchmackt, zu ſagen: die mannigfaltige
Bemuͤhung, welche dies erfordert und nach ſich
zieht, lege keine Art von Verbindlichkeit auf,
oder es ſey nicht wahr, daß ein Zug von Wohl¬
wollen, Sympathie und Dankbarkeit uns de¬
nen Perſonen naͤher bringe, deren Fleiſch und
Blut
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/131>, abgerufen am 16.02.2025.
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