verlangt; wer, von dem Luxus des Zeitalters angesteckt, alles begehrt, was seine Augen se¬ hen; wen vorwitzige Neugier und ein unruhi¬ ger Geist treiben, sich in jeden unnützen Han¬ del zu mischen; der wird freylich nie der Hülfe und Unterstützung fremder Leute, zu Befrie¬ digung seiner zahllosen Wünsche, sich entäussern können.
9.
Wenn ich aber sage, daß man lieber Al¬ len geben, als von irgend jemand empfangen solle; so hebt das den Satz nicht auf, daß man nicht gar zu viel für Andre thun dürfe. Ueber¬ haupt sey dienstfertig, aber nicht zudringlich! Sey nicht jedermanns Freund und Vertraueter! Vor allen Dingen bessere und demoralisiere die Menschen nicht, rathe ihnen nicht ohne entschiedenen Beruf dazu! die Wenigsten wis¬ sen Dir das Dank, und selbst wenn sie uns um Rath fragen, sind sie gewöhnlich schon entschlos¬ sen zu thun, was ihnen gefällt. Mische Dich auch nicht in Familien-Händel! Ich bin ein Paarmal mit der besten Absicht sehr übel dabey gefahren. Vor allen Dingen hüte Dich, Zwi¬ stigkeiten schlichten und Versöhnungen stiften
zu
verlangt; wer, von dem Luxus des Zeitalters angeſteckt, alles begehrt, was ſeine Augen ſe¬ hen; wen vorwitzige Neugier und ein unruhi¬ ger Geiſt treiben, ſich in jeden unnuͤtzen Han¬ del zu miſchen; der wird freylich nie der Huͤlfe und Unterſtuͤtzung fremder Leute, zu Befrie¬ digung ſeiner zahlloſen Wuͤnſche, ſich entaͤuſſern koͤnnen.
9.
Wenn ich aber ſage, daß man lieber Al¬ len geben, als von irgend jemand empfangen ſolle; ſo hebt das den Satz nicht auf, daß man nicht gar zu viel fuͤr Andre thun duͤrfe. Ueber¬ haupt ſey dienſtfertig, aber nicht zudringlich! Sey nicht jedermanns Freund und Vertraueter! Vor allen Dingen beſſere und demoraliſiere die Menſchen nicht, rathe ihnen nicht ohne entſchiedenen Beruf dazu! die Wenigſten wiſ¬ ſen Dir das Dank, und ſelbſt wenn ſie uns um Rath fragen, ſind ſie gewoͤhnlich ſchon entſchloſ¬ ſen zu thun, was ihnen gefaͤllt. Miſche Dich auch nicht in Familien-Haͤndel! Ich bin ein Paarmal mit der beſten Abſicht ſehr uͤbel dabey gefahren. Vor allen Dingen huͤte Dich, Zwi¬ ſtigkeiten ſchlichten und Verſoͤhnungen ſtiften
zu
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verlangt; wer, von dem Luxus des Zeitalters
angeſteckt, alles begehrt, was ſeine Augen ſe¬
hen; wen vorwitzige Neugier und ein unruhi¬
ger Geiſt treiben, ſich in jeden unnuͤtzen Han¬
del zu miſchen; der wird freylich nie der Huͤlfe
und Unterſtuͤtzung fremder Leute, zu Befrie¬
digung ſeiner zahlloſen Wuͤnſche, ſich entaͤuſſern
koͤnnen.
9.
Wenn ich aber ſage, daß man lieber Al¬
len geben, als von irgend jemand empfangen
ſolle; ſo hebt das den Satz nicht auf, daß man
nicht gar zu viel fuͤr Andre thun duͤrfe. Ueber¬
haupt ſey dienſtfertig, aber nicht zudringlich!
Sey nicht jedermanns Freund und Vertraueter!
Vor allen Dingen beſſere und demoraliſiere
die Menſchen nicht, rathe ihnen nicht ohne
entſchiedenen Beruf dazu! die Wenigſten wiſ¬
ſen Dir das Dank, und ſelbſt wenn ſie uns um
Rath fragen, ſind ſie gewoͤhnlich ſchon entſchloſ¬
ſen zu thun, was ihnen gefaͤllt. Miſche Dich
auch nicht in Familien-Haͤndel! Ich bin ein
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gefahren. Vor allen Dingen huͤte Dich, Zwi¬
ſtigkeiten ſchlichten und Verſoͤhnungen ſtiften
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/76>, abgerufen am 22.02.2025.
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