nauere Aufmerksamkeit; Andre spüren dann den kleinen Fehlern nach, von denen kein Er¬ densohn frey ist, und so ist es auf einmal um unsern Glanz geschehn. Zeige Dich also mit einem gewissen bescheidenen Bewusstseyn in¬ nerer Würde, und vor allen Dingen mit dem, auf Deiner Stirne strahlenden Bewusstseyn der Wahrheit und Redlichkeit! Zeige Ver¬ nunft und Kenntnisse, wo Du Veranlassung dazu hast! Nicht so viel, um Neid zu erregen und Forderungen anzukündigen, nicht so we¬ nig, um übersehn und überschrien zu werden! Mache Dich rar, ohne daß man Dich weder für einen Sonderling, noch für scheu, noch für hochmüthig halte!
2.
Fehlt Dir etwas, hast Du Kummer, Un¬ glück, leidest Du Mangel, reichen Vernunft, Grundsätze und guter Wille nicht zu; so klage Dein Leid, Deine Schwäche niemand, als Dem, der helfen kann, selbst Deinem treuen Weibe nicht! Wenige helfen tragen; fast alle erschweren die Bürde; ja! sehr Viele treten einen Schritt zurück, sobald sie sehen, daß
Dich
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nauere Aufmerkſamkeit; Andre ſpuͤren dann den kleinen Fehlern nach, von denen kein Er¬ denſohn frey iſt, und ſo iſt es auf einmal um unſern Glanz geſchehn. Zeige Dich alſo mit einem gewiſſen beſcheidenen Bewuſſtſeyn in¬ nerer Wuͤrde, und vor allen Dingen mit dem, auf Deiner Stirne ſtrahlenden Bewuſſtſeyn der Wahrheit und Redlichkeit! Zeige Ver¬ nunft und Kenntniſſe, wo Du Veranlaſſung dazu haſt! Nicht ſo viel, um Neid zu erregen und Forderungen anzukuͤndigen, nicht ſo we¬ nig, um uͤberſehn und uͤberſchrien zu werden! Mache Dich rar, ohne daß man Dich weder fuͤr einen Sonderling, noch fuͤr ſcheu, noch fuͤr hochmuͤthig halte!
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Fehlt Dir etwas, haſt Du Kummer, Un¬ gluͤck, leideſt Du Mangel, reichen Vernunft, Grundſaͤtze und guter Wille nicht zu; ſo klage Dein Leid, Deine Schwaͤche niemand, als Dem, der helfen kann, ſelbſt Deinem treuen Weibe nicht! Wenige helfen tragen; faſt alle erſchweren die Buͤrde; ja! ſehr Viele treten einen Schritt zuruͤck, ſobald ſie ſehen, daß
Dich
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nauere Aufmerkſamkeit; Andre ſpuͤren dann
den kleinen Fehlern nach, von denen kein Er¬
denſohn frey iſt, und ſo iſt es auf einmal um
unſern Glanz geſchehn. Zeige Dich alſo mit
einem gewiſſen beſcheidenen Bewuſſtſeyn in¬
nerer Wuͤrde, und vor allen Dingen mit dem,
auf Deiner Stirne ſtrahlenden Bewuſſtſeyn
der Wahrheit und Redlichkeit! Zeige Ver¬
nunft und Kenntniſſe, wo Du Veranlaſſung
dazu haſt! Nicht ſo viel, um Neid zu erregen
und Forderungen anzukuͤndigen, nicht ſo we¬
nig, um uͤberſehn und uͤberſchrien zu werden!
Mache Dich rar, ohne daß man Dich weder
fuͤr einen Sonderling, noch fuͤr ſcheu, noch fuͤr
hochmuͤthig halte!
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Fehlt Dir etwas, haſt Du Kummer, Un¬
gluͤck, leideſt Du Mangel, reichen Vernunft,
Grundſaͤtze und guter Wille nicht zu; ſo klage
Dein Leid, Deine Schwaͤche niemand, als
Dem, der helfen kann, ſelbſt Deinem treuen
Weibe nicht! Wenige helfen tragen; faſt alle
erſchweren die Buͤrde; ja! ſehr Viele treten
einen Schritt zuruͤck, ſobald ſie ſehen, daß
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/69>, abgerufen am 22.02.2025.
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