schem Argwohn ertappen kann, weil Leidenschaft ihn blind macht, und der durch Mistrauen ver¬ dient hat, getäuscht zu werden -- Betrug ist fast immer die sichre Folge davon, und man kann auf diese Weise das edelste Geschöpf mo¬ ralisch zu Grunde richten und zu Verbrechen reizen.
12.
Ich rathe aus Gründen, die wohl jeder vernünftige Mensch selbst einsehn wird, auch nicht einmal an, daß Eheleute alle Geschäfte gemeinschaftlich treiben, sondern daß Jeder sei¬ nen angewiesenen Würkungskreis habe. Es geht selten gut im Hause, wenn die Gattinn für ihren Gatten die Berichte ad serenissimum entwerfen und er dagegen, wenn Fremde einge¬ laden sind, die Capaunen braten, Cremen ma¬ chen, und die Töchter ankleiden helfen muß. Daraus entsteht Verwirrung; man setzt sich dem Gespötte des Hausgesindes aus; der Eine verlässt sich auf den Andern, will sich aber da¬ gegen in alles mischen, alles wissen -- Mit Einem Worte! das taugt nicht.
13.
ſchem Argwohn ertappen kann, weil Leidenſchaft ihn blind macht, und der durch Mistrauen ver¬ dient hat, getaͤuſcht zu werden — Betrug iſt faſt immer die ſichre Folge davon, und man kann auf dieſe Weiſe das edelſte Geſchoͤpf mo¬ raliſch zu Grunde richten und zu Verbrechen reizen.
12.
Ich rathe aus Gruͤnden, die wohl jeder vernuͤnftige Menſch ſelbſt einſehn wird, auch nicht einmal an, daß Eheleute alle Geſchaͤfte gemeinſchaftlich treiben, ſondern daß Jeder ſei¬ nen angewieſenen Wuͤrkungskreis habe. Es geht ſelten gut im Hauſe, wenn die Gattinn fuͤr ihren Gatten die Berichte ad ſereniſſimum entwerfen und er dagegen, wenn Fremde einge¬ laden ſind, die Capaunen braten, Cremen ma¬ chen, und die Toͤchter ankleiden helfen muß. Daraus entſteht Verwirrung; man ſetzt ſich dem Geſpoͤtte des Hausgeſindes aus; der Eine verlaͤſſt ſich auf den Andern, will ſich aber da¬ gegen in alles miſchen, alles wiſſen — Mit Einem Worte! das taugt nicht.
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ſchem Argwohn ertappen kann, weil Leidenſchaft
ihn blind macht, und der durch Mistrauen ver¬
dient hat, getaͤuſcht zu werden — Betrug iſt
faſt immer die ſichre Folge davon, und man
kann auf dieſe Weiſe das edelſte Geſchoͤpf mo¬
raliſch zu Grunde richten und zu Verbrechen
reizen.
12.
Ich rathe aus Gruͤnden, die wohl jeder
vernuͤnftige Menſch ſelbſt einſehn wird, auch
nicht einmal an, daß Eheleute alle Geſchaͤfte
gemeinſchaftlich treiben, ſondern daß Jeder ſei¬
nen angewieſenen Wuͤrkungskreis habe. Es
geht ſelten gut im Hauſe, wenn die Gattinn
fuͤr ihren Gatten die Berichte ad ſereniſſimum
entwerfen und er dagegen, wenn Fremde einge¬
laden ſind, die Capaunen braten, Cremen ma¬
chen, und die Toͤchter ankleiden helfen muß.
Daraus entſteht Verwirrung; man ſetzt ſich
dem Geſpoͤtte des Hausgeſindes aus; der Eine
verlaͤſſt ſich auf den Andern, will ſich aber da¬
gegen in alles miſchen, alles wiſſen — Mit
Einem Worte! das taugt nicht.
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/169>, abgerufen am 22.02.2025.
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