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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Rechte der Wittwe und der Kinder.
nur auf diese Dauer veräussert werden. Erst beim Ablaufe
der ersten Frist wird durch die erneuerte Anmeldung seitens
des überlebenden Autors, seiner Wittwe oder seiner Kinder
das geistige Eigenthum von Neuem für vierzehn Jahre erwor-
ben. Ist also der Autor beim Ablauf der ersten Frist bereits
verstorben, so erlöschen mit dieser Frist die Rechte seiner
nicht zur Familie gehörigen Rechtsnachfolger; und die Wittwe
und die Kinder treten vermöge der neuen Anmeldung in das
erledigte geistige Eigenthum für fernere vierzehn Jahre ein.

Ganz anders nach Französischem Rechte. Der Autor kann
bei seinen Lebzeiten das geistige Eigenthum in seinem ganzen
möglichen Umfange veräussern 1). Die Dauer des veräusserten
Rechtes wird auch in diesem Falle nach der Lebenszeit der
Wittwe und zwar wenn Kinder hinterlassen werden, auf fer-
nere dreissig Jahre, im andern Falle aber auf zehn Jahre be-
messen. Hatte der Autor nicht veräussert, so geht das gei-
stige Eigenthum auf die Wittwe (falls Gütergemeinschaft be-

1) Decret du 5 fevrier 1810 Art. 40.
Les auteurs peuvent ceder leur droit a un imprimeur ou libraire,
ou a toute autre personne, qui est alors substitue en leur lieu
et place pour eux et leurs ayant cause
, comme il est dit a
l'article precedent.
Diese Bestimmung, auf welche das Gesetz von 1854 Bezug nimmt,
schliesst ausdrücklich die von Pataille und Huguet, Code international
p. 42 aufgestellte Annahme aus, dass der Cessionar des Autors nur
für zehn Jahre nach dessen Tode das geistige Eigenthum behalte und
letzteres dann für die noch übrigen zwanzig Jahre an die Kinder zu-
rückfalle. -- Vergl. Blanc, Traite de la contrefacon p. 134. -- Wächter,
Das Verlagsrecht Th. II S. 744 Note 5. -- Controvers ist in der fran-
zösischen Gerichtspraxis nur die Frage, ob die Verlängerung der Schutz-
frist zu Gunsten der Kinder durch das Gesetz vom 8. April 1854 den
Cessionarien oder den Verlegern zu statten komme, welche vor diesem
Tage das Verlagsrecht für die ganze Dauer des geistigen Eigenthumes
von dem Autor erworben haben, oder ob für die verlängerte Dauer der
Frist ein neues Verlagsrecht von den Kindern übertragen werden kann.
Diese Frage, welche bereits früher in Folge der im Decrete von 1810
ausgesprochenen Fristverlängerung aufgeworfen wurde, ist von den
französischen Gerichten übereinstimmend zu Gunsten der Kinder und
gegen die Ansprüche der Cessionarien und Verleger entschieden wor-
den. Vergl. Devilleneuve et Carette, Recueil general II. 1. 848. II.
1. 177. LII. 2. 585. -- Renouard, Traite des droits d'auteurs No. 210 s.
-- Calmels, De la propriete et de la contrefacon No. 292. --

Rechte der Wittwe und der Kinder.
nur auf diese Dauer veräussert werden. Erst beim Ablaufe
der ersten Frist wird durch die erneuerte Anmeldung seitens
des überlebenden Autors, seiner Wittwe oder seiner Kinder
das geistige Eigenthum von Neuem für vierzehn Jahre erwor-
ben. Ist also der Autor beim Ablauf der ersten Frist bereits
verstorben, so erlöschen mit dieser Frist die Rechte seiner
nicht zur Familie gehörigen Rechtsnachfolger; und die Wittwe
und die Kinder treten vermöge der neuen Anmeldung in das
erledigte geistige Eigenthum für fernere vierzehn Jahre ein.

Ganz anders nach Französischem Rechte. Der Autor kann
bei seinen Lebzeiten das geistige Eigenthum in seinem ganzen
möglichen Umfange veräussern 1). Die Dauer des veräusserten
Rechtes wird auch in diesem Falle nach der Lebenszeit der
Wittwe und zwar wenn Kinder hinterlassen werden, auf fer-
nere dreissig Jahre, im andern Falle aber auf zehn Jahre be-
messen. Hatte der Autor nicht veräussert, so geht das gei-
stige Eigenthum auf die Wittwe (falls Gütergemeinschaft be-

1) Décret du 5 fevrier 1810 Art. 40.
Les auteurs peuvent céder leur droit à un imprimeur ou libraire,
ou à toute autre personne, qui est alors substitué en leur lieu
et place pour eux et leurs ayant cause
, comme il est dit à
l’article précédent.
Diese Bestimmung, auf welche das Gesetz von 1854 Bezug nimmt,
schliesst ausdrücklich die von Pataille und Huguet, Code international
p. 42 aufgestellte Annahme aus, dass der Cessionar des Autors nur
für zehn Jahre nach dessen Tode das geistige Eigenthum behalte und
letzteres dann für die noch übrigen zwanzig Jahre an die Kinder zu-
rückfalle. — Vergl. Blanc, Traité de la contrefaçon p. 134. — Wächter,
Das Verlagsrecht Th. II S. 744 Note 5. — Controvers ist in der fran-
zösischen Gerichtspraxis nur die Frage, ob die Verlängerung der Schutz-
frist zu Gunsten der Kinder durch das Gesetz vom 8. April 1854 den
Cessionarien oder den Verlegern zu statten komme, welche vor diesem
Tage das Verlagsrecht für die ganze Dauer des geistigen Eigenthumes
von dem Autor erworben haben, oder ob für die verlängerte Dauer der
Frist ein neues Verlagsrecht von den Kindern übertragen werden kann.
Diese Frage, welche bereits früher in Folge der im Decrete von 1810
ausgesprochenen Fristverlängerung aufgeworfen wurde, ist von den
französischen Gerichten übereinstimmend zu Gunsten der Kinder und
gegen die Ansprüche der Cessionarien und Verleger entschieden wor-
den. Vergl. Devilleneuve et Carette, Recueil général II. 1. 848. II.
1. 177. LII. 2. 585. — Renouard, Traité des droits d’auteurs No. 210 s.
— Calmels, De la propriété et de la contrefaçon No. 292. —
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[317/0333] Rechte der Wittwe und der Kinder. nur auf diese Dauer veräussert werden. Erst beim Ablaufe der ersten Frist wird durch die erneuerte Anmeldung seitens des überlebenden Autors, seiner Wittwe oder seiner Kinder das geistige Eigenthum von Neuem für vierzehn Jahre erwor- ben. Ist also der Autor beim Ablauf der ersten Frist bereits verstorben, so erlöschen mit dieser Frist die Rechte seiner nicht zur Familie gehörigen Rechtsnachfolger; und die Wittwe und die Kinder treten vermöge der neuen Anmeldung in das erledigte geistige Eigenthum für fernere vierzehn Jahre ein. Ganz anders nach Französischem Rechte. Der Autor kann bei seinen Lebzeiten das geistige Eigenthum in seinem ganzen möglichen Umfange veräussern 1). Die Dauer des veräusserten Rechtes wird auch in diesem Falle nach der Lebenszeit der Wittwe und zwar wenn Kinder hinterlassen werden, auf fer- nere dreissig Jahre, im andern Falle aber auf zehn Jahre be- messen. Hatte der Autor nicht veräussert, so geht das gei- stige Eigenthum auf die Wittwe (falls Gütergemeinschaft be- 1) Décret du 5 fevrier 1810 Art. 40. Les auteurs peuvent céder leur droit à un imprimeur ou libraire, ou à toute autre personne, qui est alors substitué en leur lieu et place pour eux et leurs ayant cause, comme il est dit à l’article précédent. Diese Bestimmung, auf welche das Gesetz von 1854 Bezug nimmt, schliesst ausdrücklich die von Pataille und Huguet, Code international p. 42 aufgestellte Annahme aus, dass der Cessionar des Autors nur für zehn Jahre nach dessen Tode das geistige Eigenthum behalte und letzteres dann für die noch übrigen zwanzig Jahre an die Kinder zu- rückfalle. — Vergl. Blanc, Traité de la contrefaçon p. 134. — Wächter, Das Verlagsrecht Th. II S. 744 Note 5. — Controvers ist in der fran- zösischen Gerichtspraxis nur die Frage, ob die Verlängerung der Schutz- frist zu Gunsten der Kinder durch das Gesetz vom 8. April 1854 den Cessionarien oder den Verlegern zu statten komme, welche vor diesem Tage das Verlagsrecht für die ganze Dauer des geistigen Eigenthumes von dem Autor erworben haben, oder ob für die verlängerte Dauer der Frist ein neues Verlagsrecht von den Kindern übertragen werden kann. Diese Frage, welche bereits früher in Folge der im Decrete von 1810 ausgesprochenen Fristverlängerung aufgeworfen wurde, ist von den französischen Gerichten übereinstimmend zu Gunsten der Kinder und gegen die Ansprüche der Cessionarien und Verleger entschieden wor- den. Vergl. Devilleneuve et Carette, Recueil général II. 1. 848. II. 1. 177. LII. 2. 585. — Renouard, Traité des droits d’auteurs No. 210 s. — Calmels, De la propriété et de la contrefaçon No. 292. —

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/333>, abgerufen am 26.04.2024.