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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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V. Gegenstände. §. 19. Gewerbliche Erfindungen.
Luft, und das Patent wurde für ungültig erklärt. Man könnte
vielleicht einwenden, dass es Niemandem einfallen würde, ein Pa-
tent für unnütze Dinge zu nehmen und dass ein solches Patent
wenigstens Niemandem schaden würde. Allein es ist eine gewöhn-
liche Erscheinung, dass gerade die Erfindungspatente als Mittel
der Reclame benutzt werden und dass das Publikum Waaren
im Vertrauen auf deren patentirte Eigenschaften kauft, mögen
diese auch noch so handgreiflich erdichtet sein. Wäre es also
zulässig, Patente für Waaren zu nehmen, die die angegebenen
Eigenschaften in Wirklichkeit nicht erfüllen, und wäre es nicht
gestattet, solche Patente als ungültig anzufechten, so würde
die Patentertheilung dem Schwindel geradezu Vorschub leisten
und die Gewerbefreiheit erheblich beeinträchtigen.

Für die Maschinen gelten dieselben Regeln in einer theilweise
veränderten Form. Das vermögensrechtliche Interesse des Erfin-
ders beruht bei ihnen nicht auf dem Verkaufswerthe der Maschine,
sondern in ihrem Gebrauchswerthe. Es steht dem patentirten Er-
finder allerdings frei, die Fabrication der Maschine zu monopolisi-
ren und sich durch den Kaufpreis der einzelnen Exemplare für sein
geistiges Eigenthum bezahlt zu machen. In diesem Falle unter-
scheidet sich indess das geistige Eigenthum des Erfinders dem Ge-
genstande nach nicht von demjenigen an Waaren. Die Maschine
oder das Werkzeug kommt lediglich als verkäufliche Waare
in Betracht und muss vom juristischen Standpunkte aus der
ersten Klasse der Erfindungspatente zugezählt werden.

In allen denjenigen Fällen, in welchen der Gebrauchswerth
der Maschine ihren Verkaufswerth erheblich überwiegt, wird
dagegen der Erfinder vorziehen, die Maschine, falls er solche
selbst fabrizirt, an den Abnehmer nicht einfach zu verkaufen,
sondern nur zum eigenen Gebrauche abzulassen. Er wird es häufig
in seinem Interesse finden, sich mit der Fabrikation selbst gar
nicht zu befassen und die Anschaffung und den Gebrauch sei-
ner Erfindung gegen eine bestimmte Vergütung Jedem, der
davon Gebrauch machen will, zu überlassen. Es ist bekannt,
dass James Watt die Benutzung seiner Condensationsmaschine
gegen Vergütung eines Drittels der Brennmaterialersparniss,
welche gegen die frühere Saverysche Maschine erzielt wurde,
jedem Bergwerksbesitzer überliess. Ebenso wird noch gegen-
wärtig der Gebrauch des Giffardschen Injectors (der Dampf-
strahlpumpe) nach festen Sätzen von jedem Dampfkessel- oder

V. Gegenstände. §. 19. Gewerbliche Erfindungen.
Luft, und das Patent wurde für ungültig erklärt. Man könnte
vielleicht einwenden, dass es Niemandem einfallen würde, ein Pa-
tent für unnütze Dinge zu nehmen und dass ein solches Patent
wenigstens Niemandem schaden würde. Allein es ist eine gewöhn-
liche Erscheinung, dass gerade die Erfindungspatente als Mittel
der Reclame benutzt werden und dass das Publikum Waaren
im Vertrauen auf deren patentirte Eigenschaften kauft, mögen
diese auch noch so handgreiflich erdichtet sein. Wäre es also
zulässig, Patente für Waaren zu nehmen, die die angegebenen
Eigenschaften in Wirklichkeit nicht erfüllen, und wäre es nicht
gestattet, solche Patente als ungültig anzufechten, so würde
die Patentertheilung dem Schwindel geradezu Vorschub leisten
und die Gewerbefreiheit erheblich beeinträchtigen.

Für die Maschinen gelten dieselben Regeln in einer theilweise
veränderten Form. Das vermögensrechtliche Interesse des Erfin-
ders beruht bei ihnen nicht auf dem Verkaufswerthe der Maschine,
sondern in ihrem Gebrauchswerthe. Es steht dem patentirten Er-
finder allerdings frei, die Fabrication der Maschine zu monopolisi-
ren und sich durch den Kaufpreis der einzelnen Exemplare für sein
geistiges Eigenthum bezahlt zu machen. In diesem Falle unter-
scheidet sich indess das geistige Eigenthum des Erfinders dem Ge-
genstande nach nicht von demjenigen an Waaren. Die Maschine
oder das Werkzeug kommt lediglich als verkäufliche Waare
in Betracht und muss vom juristischen Standpunkte aus der
ersten Klasse der Erfindungspatente zugezählt werden.

In allen denjenigen Fällen, in welchen der Gebrauchswerth
der Maschine ihren Verkaufswerth erheblich überwiegt, wird
dagegen der Erfinder vorziehen, die Maschine, falls er solche
selbst fabrizirt, an den Abnehmer nicht einfach zu verkaufen,
sondern nur zum eigenen Gebrauche abzulassen. Er wird es häufig
in seinem Interesse finden, sich mit der Fabrikation selbst gar
nicht zu befassen und die Anschaffung und den Gebrauch sei-
ner Erfindung gegen eine bestimmte Vergütung Jedem, der
davon Gebrauch machen will, zu überlassen. Es ist bekannt,
dass James Watt die Benutzung seiner Condensationsmaschine
gegen Vergütung eines Drittels der Brennmaterialersparniss,
welche gegen die frühere Saverysche Maschine erzielt wurde,
jedem Bergwerksbesitzer überliess. Ebenso wird noch gegen-
wärtig der Gebrauch des Giffardschen Injectors (der Dampf-
strahlpumpe) nach festen Sätzen von jedem Dampfkessel- oder

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[200/0216] V. Gegenstände. §. 19. Gewerbliche Erfindungen. Luft, und das Patent wurde für ungültig erklärt. Man könnte vielleicht einwenden, dass es Niemandem einfallen würde, ein Pa- tent für unnütze Dinge zu nehmen und dass ein solches Patent wenigstens Niemandem schaden würde. Allein es ist eine gewöhn- liche Erscheinung, dass gerade die Erfindungspatente als Mittel der Reclame benutzt werden und dass das Publikum Waaren im Vertrauen auf deren patentirte Eigenschaften kauft, mögen diese auch noch so handgreiflich erdichtet sein. Wäre es also zulässig, Patente für Waaren zu nehmen, die die angegebenen Eigenschaften in Wirklichkeit nicht erfüllen, und wäre es nicht gestattet, solche Patente als ungültig anzufechten, so würde die Patentertheilung dem Schwindel geradezu Vorschub leisten und die Gewerbefreiheit erheblich beeinträchtigen. Für die Maschinen gelten dieselben Regeln in einer theilweise veränderten Form. Das vermögensrechtliche Interesse des Erfin- ders beruht bei ihnen nicht auf dem Verkaufswerthe der Maschine, sondern in ihrem Gebrauchswerthe. Es steht dem patentirten Er- finder allerdings frei, die Fabrication der Maschine zu monopolisi- ren und sich durch den Kaufpreis der einzelnen Exemplare für sein geistiges Eigenthum bezahlt zu machen. In diesem Falle unter- scheidet sich indess das geistige Eigenthum des Erfinders dem Ge- genstande nach nicht von demjenigen an Waaren. Die Maschine oder das Werkzeug kommt lediglich als verkäufliche Waare in Betracht und muss vom juristischen Standpunkte aus der ersten Klasse der Erfindungspatente zugezählt werden. In allen denjenigen Fällen, in welchen der Gebrauchswerth der Maschine ihren Verkaufswerth erheblich überwiegt, wird dagegen der Erfinder vorziehen, die Maschine, falls er solche selbst fabrizirt, an den Abnehmer nicht einfach zu verkaufen, sondern nur zum eigenen Gebrauche abzulassen. Er wird es häufig in seinem Interesse finden, sich mit der Fabrikation selbst gar nicht zu befassen und die Anschaffung und den Gebrauch sei- ner Erfindung gegen eine bestimmte Vergütung Jedem, der davon Gebrauch machen will, zu überlassen. Es ist bekannt, dass James Watt die Benutzung seiner Condensationsmaschine gegen Vergütung eines Drittels der Brennmaterialersparniss, welche gegen die frühere Saverysche Maschine erzielt wurde, jedem Bergwerksbesitzer überliess. Ebenso wird noch gegen- wärtig der Gebrauch des Giffardschen Injectors (der Dampf- strahlpumpe) nach festen Sätzen von jedem Dampfkessel- oder

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/216>, abgerufen am 26.04.2024.