Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
Stintenburg.
[Abbildung]
Insel der froheren Einsamkeit,
Geliebte Gespielin des Widerhalls
Und des Sees, welcher izt breit, dann, versteckt
Wie ein Strom, rauscht an des Walds Hü-
geln umher,
Selber von steigenden Hügeln voll,
Auf denen im Rohr die Moräne weilt,
Sich des Garns Tücke nicht naht, und den Wurm
An dem Stahl, leidend mit ihm, ferne beklagt.
Flüchtige Stunden verweilt' ich nur
An deinem melodischen Schilfgeräusch;
Doch verläßt nie dein Phantom meinen Geist,
Wie ein Bild, welches mit Lust Geniushand
Bildete, trozt der Vergessenheit!
Der Garten des Fürsten verdorrt, und wächst
Zu Gesträuch, über des Strauchs Wildniß hebt
Sich der Kunst meisterhaft Werk daurend empor.
Neben
M 3
Stintenburg.
[Abbildung]
Inſel der froheren Einſamkeit,
Geliebte Geſpielin des Widerhalls
Und des Sees, welcher izt breit, dann, verſteckt
Wie ein Strom, rauſcht an des Walds Huͤ-
geln umher,
Selber von ſteigenden Huͤgeln voll,
Auf denen im Rohr die Moraͤne weilt,
Sich des Garns Tuͤcke nicht naht, und den Wurm
An dem Stahl, leidend mit ihm, ferne beklagt.
Fluͤchtige Stunden verweilt’ ich nur
An deinem melodiſchen Schilfgeraͤuſch;
Doch verlaͤßt nie dein Phantom meinen Geiſt,
Wie ein Bild, welches mit Luſt Geniushand
Bildete, trozt der Vergeſſenheit!
Der Garten des Fuͤrſten verdorrt, und waͤchſt
Zu Geſtraͤuch, uͤber des Strauchs Wildniß hebt
Sich der Kunſt meiſterhaft Werk daurend empor.
Neben
M 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0189" n="181"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Stintenburg.</hi> </head><lb/>
          <figure/>
          <lg>
            <lg n="261">
              <l>In&#x017F;el der froheren Ein&#x017F;amkeit,</l><lb/>
              <l>Geliebte Ge&#x017F;pielin des Widerhalls</l><lb/>
              <l>Und des Sees, welcher izt breit, dann, ver&#x017F;teckt</l><lb/>
              <l>Wie ein Strom, rau&#x017F;cht an des Walds Hu&#x0364;-<lb/><hi rendition="#et">geln umher,</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="262">
              <l>Selber von &#x017F;teigenden Hu&#x0364;geln voll,</l><lb/>
              <l>Auf denen im Rohr die Mora&#x0364;ne weilt,</l><lb/>
              <l>Sich des Garns Tu&#x0364;cke nicht naht, und den Wurm</l><lb/>
              <l>An dem Stahl, leidend mit ihm, ferne beklagt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="263">
              <l>Flu&#x0364;chtige Stunden verweilt&#x2019; ich nur</l><lb/>
              <l>An deinem melodi&#x017F;chen Schilfgera&#x0364;u&#x017F;ch;</l><lb/>
              <l>Doch verla&#x0364;ßt nie dein Phantom meinen Gei&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Wie ein Bild, welches mit Lu&#x017F;t Geniushand</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="264">
              <l>Bildete, trozt der Verge&#x017F;&#x017F;enheit!</l><lb/>
              <l>Der Garten des Fu&#x0364;r&#x017F;ten verdorrt, und wa&#x0364;ch&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Zu Ge&#x017F;tra&#x0364;uch, u&#x0364;ber des Strauchs Wildniß hebt</l><lb/>
              <l>Sich der Kun&#x017F;t mei&#x017F;terhaft Werk daurend empor.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">M 3</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Neben</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0189] Stintenburg. [Abbildung] Inſel der froheren Einſamkeit, Geliebte Geſpielin des Widerhalls Und des Sees, welcher izt breit, dann, verſteckt Wie ein Strom, rauſcht an des Walds Huͤ- geln umher, Selber von ſteigenden Huͤgeln voll, Auf denen im Rohr die Moraͤne weilt, Sich des Garns Tuͤcke nicht naht, und den Wurm An dem Stahl, leidend mit ihm, ferne beklagt. Fluͤchtige Stunden verweilt’ ich nur An deinem melodiſchen Schilfgeraͤuſch; Doch verlaͤßt nie dein Phantom meinen Geiſt, Wie ein Bild, welches mit Luſt Geniushand Bildete, trozt der Vergeſſenheit! Der Garten des Fuͤrſten verdorrt, und waͤchſt Zu Geſtraͤuch, uͤber des Strauchs Wildniß hebt Sich der Kunſt meiſterhaft Werk daurend empor. Neben M 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/189
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/189>, abgerufen am 30.12.2024.