Sache bey weitem den Nachdruk noch nicht, den sie durch Kritmann bekomt. Was end- lich kritisch anbelangt; so ist das zwar ein recht gutes Wort; aber warum solten wir nicht auch kritsch (da kritisch oft auch kritsch ausgesprochen wird; so fält der Vorwurf ei- ner etwanigen Härtlichkeit, wo nicht weg, doch zurük) ich sage, warum solten wir nicht auch kritsch aufnehmen, wenn wir Kriteley, kriten, Kritler und Kritmann aufgenommen hätten?
Wem das Licht, das ich in dieser Sache aufgestecket habe, noch nicht genung einleuch- tet, dem halte ich's hiemit ganz dicht vor die Augen, wie folget: Jch habe um das Wort Kritmann, das einen Richter anzeiget, und die Nebenbedeutung der Geschwisterwörter nicht hat, wie um eine Achse, mein Rad lau- fen lassen, so gut, daß ich, wo ich hinge- dachte, angerolt kommen bin, da nämlich: Die Hauptbedeutung des alten deutschen Wortes kritsch wieder herzustellen.
Der Scheideweg.
Der Tempel der Wahrheit liegt auf einem hohen Felsen. Zwey Jünglinge gingen mit einander auf der Heerstrasse. Jezt waren sie
an
Sache bey weitem den Nachdruk noch nicht, den ſie durch Kritmann bekomt. Was end- lich kritiſch anbelangt; ſo iſt das zwar ein recht gutes Wort; aber warum ſolten wir nicht auch kritſch (da kritiſch oft auch kritſch ausgeſprochen wird; ſo faͤlt der Vorwurf ei- ner etwanigen Haͤrtlichkeit, wo nicht weg, doch zuruͤk) ich ſage, warum ſolten wir nicht auch kritſch aufnehmen, wenn wir Kriteley, kriten, Kritler und Kritmann aufgenommen haͤtten?
Wem das Licht, das ich in dieſer Sache aufgeſtecket habe, noch nicht genung einleuch- tet, dem halte ich’s hiemit ganz dicht vor die Augen, wie folget: Jch habe um das Wort Kritmann, das einen Richter anzeiget, und die Nebenbedeutung der Geſchwiſterwoͤrter nicht hat, wie um eine Achſe, mein Rad lau- fen laſſen, ſo gut, daß ich, wo ich hinge- dachte, angerolt kommen bin, da naͤmlich: Die Hauptbedeutung des alten deutſchen Wortes kritſch wieder herzuſtellen.
Der Scheideweg.
Der Tempel der Wahrheit liegt auf einem hohen Felſen. Zwey Juͤnglinge gingen mit einander auf der Heerſtraſſe. Jezt waren ſie
an
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0224"n="148"/>
Sache bey weitem den Nachdruk noch nicht,<lb/>
den ſie durch <hirendition="#fr">Kritmann</hi> bekomt. Was end-<lb/>
lich <hirendition="#fr">kritiſch</hi> anbelangt; ſo iſt das zwar ein<lb/>
recht gutes Wort; aber warum ſolten wir<lb/>
nicht auch <hirendition="#fr">kritſch</hi> (da <hirendition="#fr">kritiſch</hi> oft auch <hirendition="#fr">kritſch</hi><lb/>
ausgeſprochen wird; ſo faͤlt der Vorwurf ei-<lb/>
ner etwanigen Haͤrtlichkeit, wo nicht weg,<lb/>
doch zuruͤk) ich ſage, warum ſolten wir nicht<lb/>
auch <hirendition="#fr">kritſch</hi> aufnehmen, wenn wir <hirendition="#fr">Kriteley,<lb/>
kriten, Kritler</hi> und <hirendition="#fr">Kritmann</hi> aufgenommen<lb/>
haͤtten?</p><lb/><p>Wem das Licht, das ich in dieſer Sache<lb/>
aufgeſtecket habe, noch nicht genung einleuch-<lb/>
tet, dem halte ich’s hiemit ganz dicht vor die<lb/>
Augen, wie folget: Jch habe um das Wort<lb/><hirendition="#fr">Kritmann,</hi> das einen <hirendition="#fr">Richter</hi> anzeiget, und<lb/>
die Nebenbedeutung der Geſchwiſterwoͤrter<lb/><hirendition="#fr">nicht</hi> hat, wie um eine Achſe, mein Rad lau-<lb/>
fen laſſen, ſo gut, daß ich, wo ich hinge-<lb/>
dachte, angerolt kommen bin, da naͤmlich:<lb/>
Die Hauptbedeutung des alten deutſchen<lb/>
Wortes <hirendition="#fr">kritſch</hi> wieder herzuſtellen.</p></div><lb/><divn="3"><head>Der Scheideweg.</head><lb/><p>Der Tempel der Wahrheit liegt auf einem<lb/>
hohen Felſen. Zwey Juͤnglinge gingen mit<lb/>
einander auf der Heerſtraſſe. Jezt waren ſie<lb/><fwplace="bottom"type="catch">an</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[148/0224]
Sache bey weitem den Nachdruk noch nicht,
den ſie durch Kritmann bekomt. Was end-
lich kritiſch anbelangt; ſo iſt das zwar ein
recht gutes Wort; aber warum ſolten wir
nicht auch kritſch (da kritiſch oft auch kritſch
ausgeſprochen wird; ſo faͤlt der Vorwurf ei-
ner etwanigen Haͤrtlichkeit, wo nicht weg,
doch zuruͤk) ich ſage, warum ſolten wir nicht
auch kritſch aufnehmen, wenn wir Kriteley,
kriten, Kritler und Kritmann aufgenommen
haͤtten?
Wem das Licht, das ich in dieſer Sache
aufgeſtecket habe, noch nicht genung einleuch-
tet, dem halte ich’s hiemit ganz dicht vor die
Augen, wie folget: Jch habe um das Wort
Kritmann, das einen Richter anzeiget, und
die Nebenbedeutung der Geſchwiſterwoͤrter
nicht hat, wie um eine Achſe, mein Rad lau-
fen laſſen, ſo gut, daß ich, wo ich hinge-
dachte, angerolt kommen bin, da naͤmlich:
Die Hauptbedeutung des alten deutſchen
Wortes kritſch wieder herzuſtellen.
Der Scheideweg.
Der Tempel der Wahrheit liegt auf einem
hohen Felſen. Zwey Juͤnglinge gingen mit
einander auf der Heerſtraſſe. Jezt waren ſie
an
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/224>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.