Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

Sache bey weitem den Nachdruk noch nicht,
den sie durch Kritmann bekomt. Was end-
lich kritisch anbelangt; so ist das zwar ein
recht gutes Wort; aber warum solten wir
nicht auch kritsch (da kritisch oft auch kritsch
ausgesprochen wird; so fält der Vorwurf ei-
ner etwanigen Härtlichkeit, wo nicht weg,
doch zurük) ich sage, warum solten wir nicht
auch kritsch aufnehmen, wenn wir Kriteley,
kriten, Kritler
und Kritmann aufgenommen
hätten?

Wem das Licht, das ich in dieser Sache
aufgestecket habe, noch nicht genung einleuch-
tet, dem halte ich's hiemit ganz dicht vor die
Augen, wie folget: Jch habe um das Wort
Kritmann, das einen Richter anzeiget, und
die Nebenbedeutung der Geschwisterwörter
nicht hat, wie um eine Achse, mein Rad lau-
fen lassen, so gut, daß ich, wo ich hinge-
dachte, angerolt kommen bin, da nämlich:
Die Hauptbedeutung des alten deutschen
Wortes kritsch wieder herzustellen.

Der Scheideweg.

Der Tempel der Wahrheit liegt auf einem
hohen Felsen. Zwey Jünglinge gingen mit
einander auf der Heerstrasse. Jezt waren sie

an

Sache bey weitem den Nachdruk noch nicht,
den ſie durch Kritmann bekomt. Was end-
lich kritiſch anbelangt; ſo iſt das zwar ein
recht gutes Wort; aber warum ſolten wir
nicht auch kritſch (da kritiſch oft auch kritſch
ausgeſprochen wird; ſo faͤlt der Vorwurf ei-
ner etwanigen Haͤrtlichkeit, wo nicht weg,
doch zuruͤk) ich ſage, warum ſolten wir nicht
auch kritſch aufnehmen, wenn wir Kriteley,
kriten, Kritler
und Kritmann aufgenommen
haͤtten?

Wem das Licht, das ich in dieſer Sache
aufgeſtecket habe, noch nicht genung einleuch-
tet, dem halte ich’s hiemit ganz dicht vor die
Augen, wie folget: Jch habe um das Wort
Kritmann, das einen Richter anzeiget, und
die Nebenbedeutung der Geſchwiſterwoͤrter
nicht hat, wie um eine Achſe, mein Rad lau-
fen laſſen, ſo gut, daß ich, wo ich hinge-
dachte, angerolt kommen bin, da naͤmlich:
Die Hauptbedeutung des alten deutſchen
Wortes kritſch wieder herzuſtellen.

Der Scheideweg.

Der Tempel der Wahrheit liegt auf einem
hohen Felſen. Zwey Juͤnglinge gingen mit
einander auf der Heerſtraſſe. Jezt waren ſie

an
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0224" n="148"/>
Sache bey weitem den Nachdruk noch nicht,<lb/>
den &#x017F;ie durch <hi rendition="#fr">Kritmann</hi> bekomt. Was end-<lb/>
lich <hi rendition="#fr">kriti&#x017F;ch</hi> anbelangt; &#x017F;o i&#x017F;t das zwar ein<lb/>
recht gutes Wort; aber warum &#x017F;olten wir<lb/>
nicht auch <hi rendition="#fr">krit&#x017F;ch</hi> (da <hi rendition="#fr">kriti&#x017F;ch</hi> oft auch <hi rendition="#fr">krit&#x017F;ch</hi><lb/>
ausge&#x017F;prochen wird; &#x017F;o fa&#x0364;lt der Vorwurf ei-<lb/>
ner etwanigen Ha&#x0364;rtlichkeit, wo nicht weg,<lb/>
doch zuru&#x0364;k) ich &#x017F;age, warum &#x017F;olten wir nicht<lb/>
auch <hi rendition="#fr">krit&#x017F;ch</hi> aufnehmen, wenn wir <hi rendition="#fr">Kriteley,<lb/>
kriten, Kritler</hi> und <hi rendition="#fr">Kritmann</hi> aufgenommen<lb/>
ha&#x0364;tten?</p><lb/>
            <p>Wem das Licht, das ich in die&#x017F;er Sache<lb/>
aufge&#x017F;tecket habe, noch nicht genung einleuch-<lb/>
tet, dem halte ich&#x2019;s hiemit ganz dicht vor die<lb/>
Augen, wie folget: Jch habe um das Wort<lb/><hi rendition="#fr">Kritmann,</hi> das einen <hi rendition="#fr">Richter</hi> anzeiget, und<lb/>
die Nebenbedeutung der Ge&#x017F;chwi&#x017F;terwo&#x0364;rter<lb/><hi rendition="#fr">nicht</hi> hat, wie um eine Ach&#x017F;e, mein Rad lau-<lb/>
fen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o gut, daß ich, wo ich hinge-<lb/>
dachte, angerolt kommen bin, da na&#x0364;mlich:<lb/>
Die Hauptbedeutung des alten deut&#x017F;chen<lb/>
Wortes <hi rendition="#fr">krit&#x017F;ch</hi> wieder herzu&#x017F;tellen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Der Scheideweg.</head><lb/>
            <p>Der Tempel der Wahrheit liegt auf einem<lb/>
hohen Fel&#x017F;en. Zwey Ju&#x0364;nglinge gingen mit<lb/>
einander auf der Heer&#x017F;tra&#x017F;&#x017F;e. Jezt waren &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">an</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0224] Sache bey weitem den Nachdruk noch nicht, den ſie durch Kritmann bekomt. Was end- lich kritiſch anbelangt; ſo iſt das zwar ein recht gutes Wort; aber warum ſolten wir nicht auch kritſch (da kritiſch oft auch kritſch ausgeſprochen wird; ſo faͤlt der Vorwurf ei- ner etwanigen Haͤrtlichkeit, wo nicht weg, doch zuruͤk) ich ſage, warum ſolten wir nicht auch kritſch aufnehmen, wenn wir Kriteley, kriten, Kritler und Kritmann aufgenommen haͤtten? Wem das Licht, das ich in dieſer Sache aufgeſtecket habe, noch nicht genung einleuch- tet, dem halte ich’s hiemit ganz dicht vor die Augen, wie folget: Jch habe um das Wort Kritmann, das einen Richter anzeiget, und die Nebenbedeutung der Geſchwiſterwoͤrter nicht hat, wie um eine Achſe, mein Rad lau- fen laſſen, ſo gut, daß ich, wo ich hinge- dachte, angerolt kommen bin, da naͤmlich: Die Hauptbedeutung des alten deutſchen Wortes kritſch wieder herzuſtellen. Der Scheideweg. Der Tempel der Wahrheit liegt auf einem hohen Felſen. Zwey Juͤnglinge gingen mit einander auf der Heerſtraſſe. Jezt waren ſie an

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/224
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/224>, abgerufen am 22.12.2024.