Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klein, Felix: Vergleichende Betrachtungen über neuere geometrische Forschungen. Erlangen, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

der projectivischen dadurch ausgeschieden werden, dass
man ein Gebilde fest hält, welches durch zwei Gleichungen,
eine lineare und eine quadratische, dargestellt wird. Dabei
hat man zwischen Reellem und Imaginärem zu unterscheiden,
wenn man sich der Form, unter der die Theorie gewöhn-
lich dargestellt wird, anschliessen will. Hierher zu rechnen
sind vor Allem die elementare Geometrie selbst, dann z. B.
die in neuerer Zeit entwickelten Verallgemeinerungen der
gewöhnlichen Krümmungstheorie u. s. w.

Schlussbemerkungen.

Zum Schlusse mögen noch zwei Bemerkungen ihre
Stelle finden, die mit dem bisher Vorgetragenen in enger
Beziehung stehen; die eine betrifft den Formalismus, durch
welche man die begrifflichen Entwickelungen den Voran-
gehenden repräsentiren will, die andere soll einige Probleme
kennzeichnen, deren Inangriffnahme nach den hier gegebenen
Auseinandersetzungen als wichtig und lohnend erscheint.

Man hat der analytischen Geometrie häufig den Vor-
wurf gemacht, durch Einführung des Coordinatensystem's
willkürliche Elemente zu bevorzugen, und dieser Vorwurf
trifft gleichmässig jede Behandlungsweise ausgedehnter
Mannigfaltigkeiten, welche das Einzelne durch die Werthe
von Veränderlichen characterisirt. War dieser Vorwurf
bei der mangelhaften Art, mit der man namentlich früher
die Coordinatenmethode handhabte, nur zu oft gerechtfertigt,
so verschwindet er bei einer rationellen Behandlung der
Methode. Die analytischen Ausdrücke, welche bei der
Untersuchung einer Mannigfaltigkeit im Sinne einer Gruppe
entstehen können, müssen, ihrer Bedeutung nach, von dem
Coordinatensysteme, insofern es zufällig gewählt ist, unab-
hängig sein, und es gilt nun, diese Unabhängigkeit auch
formal in Evidenz zu setzen. Dass dies möglich ist und
wie es zu geschehen hat, zeigt die moderne Algebra, in
der der formale Invariantenbegriff, um den es sich hier
handelt, am deutlichsten ausgeprägt ist. Sie besitzt ein
allgemeines und erschöpfendes Bildungsgesetz für invariante

der projectivischen dadurch ausgeschieden werden, dass
man ein Gebilde fest hält, welches durch zwei Gleichungen,
eine lineare und eine quadratische, dargestellt wird. Dabei
hat man zwischen Reellem und Imaginärem zu unterscheiden,
wenn man sich der Form, unter der die Theorie gewöhn-
lich dargestellt wird, anschliessen will. Hierher zu rechnen
sind vor Allem die elementare Geometrie selbst, dann z. B.
die in neuerer Zeit entwickelten Verallgemeinerungen der
gewöhnlichen Krümmungstheorie u. s. w.

Schlussbemerkungen.

Zum Schlusse mögen noch zwei Bemerkungen ihre
Stelle finden, die mit dem bisher Vorgetragenen in enger
Beziehung stehen; die eine betrifft den Formalismus, durch
welche man die begrifflichen Entwickelungen den Voran-
gehenden repräsentiren will, die andere soll einige Probleme
kennzeichnen, deren Inangriffnahme nach den hier gegebenen
Auseinandersetzungen als wichtig und lohnend erscheint.

Man hat der analytischen Geometrie häufig den Vor-
wurf gemacht, durch Einführung des Coordinatensystem’s
willkürliche Elemente zu bevorzugen, und dieser Vorwurf
trifft gleichmässig jede Behandlungsweise ausgedehnter
Mannigfaltigkeiten, welche das Einzelne durch die Werthe
von Veränderlichen characterisirt. War dieser Vorwurf
bei der mangelhaften Art, mit der man namentlich früher
die Coordinatenmethode handhabte, nur zu oft gerechtfertigt,
so verschwindet er bei einer rationellen Behandlung der
Methode. Die analytischen Ausdrücke, welche bei der
Untersuchung einer Mannigfaltigkeit im Sinne einer Gruppe
entstehen können, müssen, ihrer Bedeutung nach, von dem
Coordinatensysteme, insofern es zufällig gewählt ist, unab-
hängig sein, und es gilt nun, diese Unabhängigkeit auch
formal in Evidenz zu setzen. Dass dies möglich ist und
wie es zu geschehen hat, zeigt die moderne Algebra, in
der der formale Invariantenbegriff, um den es sich hier
handelt, am deutlichsten ausgeprägt ist. Sie besitzt ein
allgemeines und erschöpfendes Bildungsgesetz für invariante

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0046" n="38"/>
der projectivischen dadurch ausgeschieden werden, dass<lb/>
man ein Gebilde fest hält, welches durch zwei Gleichungen,<lb/>
eine lineare und eine quadratische, dargestellt wird. Dabei<lb/>
hat man zwischen Reellem und Imaginärem zu unterscheiden,<lb/>
wenn man sich der Form, unter der die Theorie gewöhn-<lb/>
lich dargestellt wird, anschliessen will. Hierher zu rechnen<lb/>
sind vor Allem die elementare Geometrie selbst, dann z. B.<lb/>
die in neuerer Zeit entwickelten Verallgemeinerungen der<lb/>
gewöhnlichen Krümmungstheorie u. s. w.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#g">Schlussbemerkungen</hi>.</head><lb/>
        <p>Zum Schlusse mögen noch zwei Bemerkungen ihre<lb/>
Stelle finden, die mit dem bisher Vorgetragenen in enger<lb/>
Beziehung stehen; die eine betrifft den Formalismus, durch<lb/>
welche man die begrifflichen Entwickelungen den Voran-<lb/>
gehenden repräsentiren will, die andere soll einige Probleme<lb/>
kennzeichnen, deren Inangriffnahme nach den hier gegebenen<lb/>
Auseinandersetzungen als wichtig und lohnend erscheint.</p><lb/>
        <p>Man hat der analytischen Geometrie häufig den Vor-<lb/>
wurf gemacht, durch Einführung des Coordinatensystem&#x2019;s<lb/>
willkürliche Elemente zu bevorzugen, und dieser Vorwurf<lb/>
trifft gleichmässig jede Behandlungsweise ausgedehnter<lb/>
Mannigfaltigkeiten, welche das Einzelne durch die Werthe<lb/>
von Veränderlichen characterisirt. War dieser Vorwurf<lb/>
bei der mangelhaften Art, mit der man namentlich früher<lb/>
die Coordinatenmethode handhabte, nur zu oft gerechtfertigt,<lb/>
so verschwindet er bei einer rationellen Behandlung der<lb/>
Methode. Die analytischen Ausdrücke, welche bei der<lb/>
Untersuchung einer Mannigfaltigkeit im Sinne einer Gruppe<lb/>
entstehen können, müssen, ihrer Bedeutung nach, von dem<lb/>
Coordinatensysteme, insofern es zufällig gewählt ist, unab-<lb/>
hängig sein, und es gilt nun, diese Unabhängigkeit auch<lb/><hi rendition="#g">formal</hi> in Evidenz zu setzen. Dass dies möglich ist und<lb/>
wie es zu geschehen hat, zeigt die moderne Algebra, in<lb/>
der der formale Invariantenbegriff, um den es sich hier<lb/>
handelt, am deutlichsten ausgeprägt ist. Sie besitzt ein<lb/>
allgemeines und erschöpfendes Bildungsgesetz für invariante<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0046] der projectivischen dadurch ausgeschieden werden, dass man ein Gebilde fest hält, welches durch zwei Gleichungen, eine lineare und eine quadratische, dargestellt wird. Dabei hat man zwischen Reellem und Imaginärem zu unterscheiden, wenn man sich der Form, unter der die Theorie gewöhn- lich dargestellt wird, anschliessen will. Hierher zu rechnen sind vor Allem die elementare Geometrie selbst, dann z. B. die in neuerer Zeit entwickelten Verallgemeinerungen der gewöhnlichen Krümmungstheorie u. s. w. Schlussbemerkungen. Zum Schlusse mögen noch zwei Bemerkungen ihre Stelle finden, die mit dem bisher Vorgetragenen in enger Beziehung stehen; die eine betrifft den Formalismus, durch welche man die begrifflichen Entwickelungen den Voran- gehenden repräsentiren will, die andere soll einige Probleme kennzeichnen, deren Inangriffnahme nach den hier gegebenen Auseinandersetzungen als wichtig und lohnend erscheint. Man hat der analytischen Geometrie häufig den Vor- wurf gemacht, durch Einführung des Coordinatensystem’s willkürliche Elemente zu bevorzugen, und dieser Vorwurf trifft gleichmässig jede Behandlungsweise ausgedehnter Mannigfaltigkeiten, welche das Einzelne durch die Werthe von Veränderlichen characterisirt. War dieser Vorwurf bei der mangelhaften Art, mit der man namentlich früher die Coordinatenmethode handhabte, nur zu oft gerechtfertigt, so verschwindet er bei einer rationellen Behandlung der Methode. Die analytischen Ausdrücke, welche bei der Untersuchung einer Mannigfaltigkeit im Sinne einer Gruppe entstehen können, müssen, ihrer Bedeutung nach, von dem Coordinatensysteme, insofern es zufällig gewählt ist, unab- hängig sein, und es gilt nun, diese Unabhängigkeit auch formal in Evidenz zu setzen. Dass dies möglich ist und wie es zu geschehen hat, zeigt die moderne Algebra, in der der formale Invariantenbegriff, um den es sich hier handelt, am deutlichsten ausgeprägt ist. Sie besitzt ein allgemeines und erschöpfendes Bildungsgesetz für invariante

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klein_geometrische_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klein_geometrische_1872/46
Zitationshilfe: Klein, Felix: Vergleichende Betrachtungen über neuere geometrische Forschungen. Erlangen, 1872, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klein_geometrische_1872/46>, abgerufen am 21.11.2024.