Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.bey der studirenden Jugendt/ neben der Astronomia auch die Astrologia, wiewol sie vbel befleckt/ vnnd nicht ohne gebrechliche Gedancken exerciert werden mag/ nicht vnvernünfftiglich geduldet/ vnnd darneben alle mit eyngemengte Vbermaaß aller offenbarer Aberglauben/ Abgötterey/ Astrolatria, Magia coelestis, Zauberey/ Maleficia Mathematica, Lösselkunst/ seu quaestionaria, so wol das feste Vertrauwen/ oder Heydnische Furcht/ je mehr vnd mehr verworffen/ verbotten vnd gestrafft werde. Vide 114. Es ist zwar/ als obgemeldet worden/ alle Begierde/ künfftige Ding zu wissen/ nunmehr bey den Menschen nach dem Fall sündlich vnd vnrecht: aber doch ist eine Sünde grösser als die andere/ vnd ein Vnterscheidt vnter dem Werck vnd Gedancken zu halten: so wol auch vnter der muhtwilligen Vbermaß/ vnd vnter menschlicher vnvermeydtlicher Gebrechlichkeit/ endtlich vnter dem jenigen/ was nur allein grausamen Schaden vervrsachet/ vnd vnter demjenigen/ darauß dennoch ein Nutzen entstehen kan. VI. Wer diese blöde Art hat/ der lässet doch den Fürwitz nicht/ vnd were besser er würde gebüsset in der Astrologia, da viel Mühe vnnd Arbeyt bey/ vnnd darneben etwas löbliches vnd gutes mit vntergemenget/ als daß er die Zeit mit vnnützem Spielen hinbringe/ vnnd seinen juckenden Grindt nach künfftigen dingen/ mit der Geomantia stille/ welche an jetzo an statt der Astrologia in Jtalia sehr auffkommen seyn solle. VII. So siehet man augenscheinlich/ daß diese Curiositet zu erlernung der Astronomia gedeye/ welche von niemandt verworffen/ sondern billich hoch gerühmt wird. Es ist wol diese Astrologia ein närrisches Töchterlin (hab ich geschrieben in meinem Buch de Stella fol. 59.) aber lieber Gott/ wo wolt jhr Mutter die hochvernünfftige Astronomia bleiben/ wann sie diese jhre närrische Tochter nit hette/ ist doch die Welt noch viel närrischer/ vnd so närrisch/ daß deroselben zu jhren selbst frommen diese alte verständige Mutter die Astronomia durch der Tochter Aiiijv
bey der studirenden Jugendt/ neben der Astronomia auch die Astrologia, wiewol sie vbel befleckt/ vnnd nicht ohne gebrechliche Gedancken exerciert werden mag/ nicht vnvernünfftiglich geduldet/ vnnd darneben alle mit eyngemengte Vbermaaß aller offenbarer Aberglauben/ Abgötterey/ Astrolatria, Magia coelestis, Zauberey/ Maleficia Mathematica, Lösselkunst/ seu quaestionaria, so wol das feste Vertrauwen/ oder Heydnische Furcht/ je mehr vnd mehr verworffen/ verbotten vnd gestrafft werde. Vide 114. Es ist zwar/ als obgemeldet worden/ alle Begierde/ künfftige Ding zu wissen/ nunmehr bey den Menschen nach dem Fall sündlich vnd vnrecht: aber doch ist eine Sünde grösser als die andere/ vnd ein Vnterscheidt vnter dem Werck vnd Gedancken zu halten: so wol auch vnter der muhtwilligen Vbermaß/ vnd vnter menschlicher vnvermeydtlicher Gebrechlichkeit/ endtlich vnter dem jenigen/ was nur allein grausamen Schaden vervrsachet/ vnd vnter demjenigen/ darauß dennoch ein Nutzen entstehen kan. VI. Wer diese blöde Art hat/ der lässet doch den Fürwitz nicht/ vnd were besser er würde gebüsset in der Astrologia, da viel Mühe vnnd Arbeyt bey/ vnnd darneben etwas löbliches vnd gutes mit vntergemenget/ als daß er die Zeit mit vnnützem Spielen hinbringe/ vnnd seinen juckenden Grindt nach künfftigen dingen/ mit der Geomantia stille/ welche an jetzo an statt der Astrologia in Jtalia sehr auffkommen seyn solle. VII. So siehet man augenscheinlich/ daß diese Curiositet zu erlernung der Astronomia gedeye/ welche von niemandt verworffen/ sondern billich hoch gerühmt wird. Es ist wol diese Astrologia ein närrisches Töchterlin (hab ich geschrieben in meinem Buch de Stella fol. 59.) aber lieber Gott/ wo wolt jhr Mutter die hochvernünfftige Astronomia bleiben/ wann sie diese jhre närrische Tochter nit hette/ ist doch die Welt noch viel närrischer/ vnd so närrisch/ daß deroselben zu jhren selbst frommen diese alte verständige Mutter die Astronomia durch der Tochter Aiiijv
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Es ist zwar/ als obgemeldet worden/ alle Begierde/ künfftige Ding zu wissen/ nunmehr bey den Menschen nach dem Fall sündlich vnd vnrecht: aber doch ist eine Sünde grösser als die andere/ vnd ein Vnterscheidt vnter dem Werck vnd Gedancken zu halten: so wol auch vnter der muhtwilligen Vbermaß/ vnd vnter menschlicher vnvermeydtlicher Gebrechlichkeit/ endtlich vnter dem jenigen/ was nur allein grausamen Schaden vervrsachet/ vnd vnter demjenigen/ darauß dennoch ein Nutzen entstehen kan.
VI.
Wer diese blöde Art hat/ der lässet doch den Fürwitz nicht/ vnd were besser er würde gebüsset in der Astrologia, da viel Mühe vnnd Arbeyt bey/ vnnd darneben etwas löbliches vnd gutes mit vntergemenget/ als daß er die Zeit mit vnnützem Spielen hinbringe/ vnnd seinen juckenden Grindt nach künfftigen dingen/ mit der Geomantia stille/ welche an jetzo an statt der Astrologia in Jtalia sehr auffkommen seyn solle.
VII.
So siehet man augenscheinlich/ daß diese Curiositet zu erlernung der Astronomia gedeye/ welche von niemandt verworffen/ sondern billich hoch gerühmt wird. Es ist wol diese Astrologia ein närrisches Töchterlin (hab ich geschrieben in meinem Buch de Stella fol. 59.) aber lieber Gott/ wo wolt jhr Mutter die hochvernünfftige Astronomia bleiben/ wann sie diese jhre närrische Tochter nit hette/ ist doch die Welt noch viel närrischer/ vnd so närrisch/ daß deroselben zu jhren selbst frommen diese alte verständige Mutter die Astronomia durch der Tochter
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Zitationshilfe: | Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. Aiiijv. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/25>, abgerufen am 22.07.2024. |