Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.I. Abtheilung. standen haben. Und was ist sie nun in diesem Ver-stande? Wenn wir unsere oben angegebene Defini- tion von der Sprache überhaupt für richtig annehmen, so wird sie, wenn wir das Wort Zei- chen nur näher bestimmen, sogleich auf diese unsere menschliche Stimmsprache vollkommen passen, und so lauten: die Sprache ist das Vermögen unsere Empfindungen und Gedanken durch verschieden zusammengesetzte oder auf ein- ander folgende Laute der Kehle anderen bekannt zu machen. Diese Laute nennen wir Buchstaben, Sylben, und Wörter. Die ersten Spracherfinder sind unter sich einig geworden, was ein jedes dieser Stimmzeichen bedeuten soll. Die- ses Einigwerden aber bestand nicht in einer förmli- chen Verabredung, sondern in einer nicht wider- sprochenen Gewohnheit, die nach und nach allge- mein angenommen, und endlich zum Gesetze ward. §. 15. Der Mechanismus, durch welchen alle diese so gentlich
I. Abtheilung. ſtanden haben. Und was iſt ſie nun in dieſem Ver-ſtande? Wenn wir unſere oben angegebene Defini- tion von der Sprache uͤberhaupt fuͤr richtig annehmen, ſo wird ſie, wenn wir das Wort Zei- chen nur naͤher beſtimmen, ſogleich auf dieſe unſere menſchliche Stimmſprache vollkommen paſſen, und ſo lauten: die Sprache iſt das Vermoͤgen unſere Empfindungen und Gedanken durch verſchieden zuſammengeſetzte oder auf ein- ander folgende Laute der Kehle anderen bekannt zu machen. Dieſe Laute nennen wir Buchſtaben, Sylben, und Woͤrter. Die erſten Spracherfinder ſind unter ſich einig geworden, was ein jedes dieſer Stimmzeichen bedeuten ſoll. Die- ſes Einigwerden aber beſtand nicht in einer foͤrmli- chen Verabredung, ſondern in einer nicht wider- ſprochenen Gewohnheit, die nach und nach allge- mein angenommen, und endlich zum Geſetze ward. §. 15. Der Mechaniſmus, durch welchen alle dieſe ſo gentlich
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I. Abtheilung.
ſtanden haben. Und was iſt ſie nun in dieſem Ver-
ſtande? Wenn wir unſere oben angegebene Defini-
tion von der Sprache uͤberhaupt fuͤr richtig
annehmen, ſo wird ſie, wenn wir das Wort Zei-
chen nur naͤher beſtimmen, ſogleich auf dieſe unſere
menſchliche Stimmſprache vollkommen paſſen, und
ſo lauten: die Sprache iſt das Vermoͤgen
unſere Empfindungen und Gedanken durch
verſchieden zuſammengeſetzte oder auf ein-
ander folgende Laute der Kehle anderen
bekannt zu machen. Dieſe Laute nennen wir
Buchſtaben, Sylben, und Woͤrter. Die erſten
Spracherfinder ſind unter ſich einig geworden, was
ein jedes dieſer Stimmzeichen bedeuten ſoll. Die-
ſes Einigwerden aber beſtand nicht in einer foͤrmli-
chen Verabredung, ſondern in einer nicht wider-
ſprochenen Gewohnheit, die nach und nach allge-
mein angenommen, und endlich zum Geſetze ward.
§. 15.
Der Mechaniſmus, durch welchen alle dieſe ſo
verſchiedenen Laute hervorgebracht werden, iſt ei-
gentlich
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