obern verschliesen. Befindet man sich in einem ruhi- gen Zustande, und hält den Mund geschlossen, so sitzen die Stockzähne meist auf einander auf. Die oberen Schneidezähne aber, die etwas länger als die Stockzähne sind, stehen über die unteren Schnei- dezähne herab, und bedecken sie bey Manchen ganz(*)
§. 85.
Wir wollen die Absicht, die die Natur bey die- ser Einrichtung gehabt, wieder durch einen mechani- schen Versuch zu erklären suchen. Wenn wir anstatt unserer Scheren ein anderes Jnstrument mit zwey paralell laufenden, und genau auf einander passen- den Schneiden wie ungefähr eine breite Beißzange gebrauchen wollten, so würden wir damit Wolle,
Haare
(*) Es gibt aber auch Menschen, bey denen das Wi- derspiel geschieht, und die oberen Schneidezähne sich hinter die unteren verschliesen, weil ihr unterer Kiefer zu weit hervorsteht. Aber dieses kömmt nur selten vor, und gibt der Gesichtsbildung allemal ein gar häßliches Ansehen.
Von den Werkzeugen der Sprache.
obern verſchlieſen. Befindet man ſich in einem ruhi- gen Zuſtande, und haͤlt den Mund geſchloſſen, ſo ſitzen die Stockzaͤhne meiſt auf einander auf. Die oberen Schneidezaͤhne aber, die etwas laͤnger als die Stockzaͤhne ſind, ſtehen uͤber die unteren Schnei- dezaͤhne herab, und bedecken ſie bey Manchen ganz(*)
§. 85.
Wir wollen die Abſicht, die die Natur bey die- ſer Einrichtung gehabt, wieder durch einen mechani- ſchen Verſuch zu erklaͤren ſuchen. Wenn wir anſtatt unſerer Scheren ein anderes Jnſtrument mit zwey paralell laufenden, und genau auf einander paſſen- den Schneiden wie ungefaͤhr eine breite Beißzange gebrauchen wollten, ſo wuͤrden wir damit Wolle,
Haare
(*) Es gibt aber auch Menſchen, bey denen das Wi- derſpiel geſchieht, und die oberen Schneidezaͤhne ſich hinter die unteren verſchlieſen, weil ihr unterer Kiefer zu weit hervorſteht. Aber dieſes koͤmmt nur ſelten vor, und gibt der Geſichtsbildung allemal ein gar haͤßliches Anſehen.
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Von den Werkzeugen der Sprache.
obern verſchlieſen. Befindet man ſich in einem ruhi-
gen Zuſtande, und haͤlt den Mund geſchloſſen, ſo
ſitzen die Stockzaͤhne meiſt auf einander auf. Die
oberen Schneidezaͤhne aber, die etwas laͤnger als
die Stockzaͤhne ſind, ſtehen uͤber die unteren Schnei-
dezaͤhne herab, und bedecken ſie bey Manchen ganz (*)
§. 85.
Wir wollen die Abſicht, die die Natur bey die-
ſer Einrichtung gehabt, wieder durch einen mechani-
ſchen Verſuch zu erklaͤren ſuchen. Wenn wir anſtatt
unſerer Scheren ein anderes Jnſtrument mit zwey
paralell laufenden, und genau auf einander paſſen-
den Schneiden wie ungefaͤhr eine breite Beißzange
gebrauchen wollten, ſo wuͤrden wir damit Wolle,
Haare
(*) Es gibt aber auch Menſchen, bey denen das Wi-
derſpiel geſchieht, und die oberen Schneidezaͤhne ſich
hinter die unteren verſchlieſen, weil ihr unterer Kiefer
zu weit hervorſteht. Aber dieſes koͤmmt nur ſelten vor,
und gibt der Geſichtsbildung allemal ein gar haͤßliches
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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/199>, abgerufen am 22.02.2025.
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