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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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bisherigen Handwerke gerade so zugeht, wie mit
allem Anderen und daß man unter gewissen Um¬
ständen mit gutem Sinne immer das kann, was
man will, wenn man nur etwas darin gethan
hat. Ist die Geschichte fertig, so bringen wir
sie nach der Stadt, stellen sie aus und ich werde
alsdann mittelst meiner gesellschaftlichen Stellung
das Nöthige veranlassen, daß Ihre Arbeit ge¬
sehen und mit Anstand verkauft wird. Erst dann
können Sie mit Ehren dem Handwerke, das Ih¬
nen unzulänglich dünkt, den Rücken wenden und
Ihren Sinn auf das Weitere richten."

Hierauf erwiederte Heinrich nichts, sondern
blieb einsilbig den übrigen Theil des Abends hin¬
durch, selbst als der seltsame Pfarrer am Abend¬
essen Theil nahm und mit kuriosem Humor die
Gesellschaft erheiterte. Aber als Heinrich im
Bette lag, überdachte er alle diese Dinge mit
großen Sorgen; denn er erinnerte sich erst jetzt
mit Macht an seine Mutter, zu welcher er noch
gestern unaufhaltsam hatte laufen wollen, und es
wollte ihn bedünken, daß er nun unverzüglich
seinen Weg fortsetzen und sich durch keine Um¬

bisherigen Handwerke gerade ſo zugeht, wie mit
allem Anderen und daß man unter gewiſſen Um¬
ſtaͤnden mit gutem Sinne immer das kann, was
man will, wenn man nur etwas darin gethan
hat. Iſt die Geſchichte fertig, ſo bringen wir
ſie nach der Stadt, ſtellen ſie aus und ich werde
alsdann mittelſt meiner geſellſchaftlichen Stellung
das Noͤthige veranlaſſen, daß Ihre Arbeit ge¬
ſehen und mit Anſtand verkauft wird. Erſt dann
koͤnnen Sie mit Ehren dem Handwerke, das Ih¬
nen unzulaͤnglich duͤnkt, den Ruͤcken wenden und
Ihren Sinn auf das Weitere richten.«

Hierauf erwiederte Heinrich nichts, ſondern
blieb einſilbig den uͤbrigen Theil des Abends hin¬
durch, ſelbſt als der ſeltſame Pfarrer am Abend¬
eſſen Theil nahm und mit kurioſem Humor die
Geſellſchaft erheiterte. Aber als Heinrich im
Bette lag, uͤberdachte er alle dieſe Dinge mit
großen Sorgen; denn er erinnerte ſich erſt jetzt
mit Macht an ſeine Mutter, zu welcher er noch
geſtern unaufhaltſam hatte laufen wollen, und es
wollte ihn beduͤnken, daß er nun unverzuͤglich
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[363/0373] bisherigen Handwerke gerade ſo zugeht, wie mit allem Anderen und daß man unter gewiſſen Um¬ ſtaͤnden mit gutem Sinne immer das kann, was man will, wenn man nur etwas darin gethan hat. Iſt die Geſchichte fertig, ſo bringen wir ſie nach der Stadt, ſtellen ſie aus und ich werde alsdann mittelſt meiner geſellſchaftlichen Stellung das Noͤthige veranlaſſen, daß Ihre Arbeit ge¬ ſehen und mit Anſtand verkauft wird. Erſt dann koͤnnen Sie mit Ehren dem Handwerke, das Ih¬ nen unzulaͤnglich duͤnkt, den Ruͤcken wenden und Ihren Sinn auf das Weitere richten.« Hierauf erwiederte Heinrich nichts, ſondern blieb einſilbig den uͤbrigen Theil des Abends hin¬ durch, ſelbſt als der ſeltſame Pfarrer am Abend¬ eſſen Theil nahm und mit kurioſem Humor die Geſellſchaft erheiterte. Aber als Heinrich im Bette lag, uͤberdachte er alle dieſe Dinge mit großen Sorgen; denn er erinnerte ſich erſt jetzt mit Macht an ſeine Mutter, zu welcher er noch geſtern unaufhaltſam hatte laufen wollen, und es wollte ihn beduͤnken, daß er nun unverzuͤglich ſeinen Weg fortſetzen und ſich durch keine Um¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/373>, abgerufen am 26.04.2024.