Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.Fünftes Kapitel. Die beste Gelegenheit, ihren Unmuth und Groll Fuͤnftes Kapitel. Die beſte Gelegenheit, ihren Unmuth und Groll <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0222"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b #g">Fuͤnftes Kapitel.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Die beſte Gelegenheit, ihren Unmuth und Groll<lb/> zu vergeſſen und ſich wenigſtens an dem herauf¬<lb/> beſchworenen Glanze fruͤherer deutſcher Herrlich¬<lb/> keit zu erheitern, fanden ſie, als die ganze reich<lb/> geartete Kuͤnſtlerſchaft ſich zuſammenthat, um in<lb/> einem großen Schau- und Feſtzuge fuͤr die kom¬<lb/> mende Faſchingszeit ein Bild untergegangener<lb/> Reichsherrlichkeit zu ſchaffen; denn es war ein<lb/> wirkliches Schaffen, nicht mittelſt Leinwand, Pin¬<lb/> ſel, Stein und Hammer, ſondern wo man die<lb/> eigene Perſon als Stoff einſetzte und in vielhun¬<lb/> dertfaͤltigem Zuſammenthun Jeder ein lebendiger<lb/> Theil des Ganzen war und das Leben des Gan¬<lb/> zen in jedem Einzelnen pulſirte, von Auge zu<lb/> Auge ſtrahlte und eine kurze Nacht ſich ſelber<lb/> zur Wirklichkeit traͤumte.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0222]
Fuͤnftes Kapitel.
Die beſte Gelegenheit, ihren Unmuth und Groll
zu vergeſſen und ſich wenigſtens an dem herauf¬
beſchworenen Glanze fruͤherer deutſcher Herrlich¬
keit zu erheitern, fanden ſie, als die ganze reich
geartete Kuͤnſtlerſchaft ſich zuſammenthat, um in
einem großen Schau- und Feſtzuge fuͤr die kom¬
mende Faſchingszeit ein Bild untergegangener
Reichsherrlichkeit zu ſchaffen; denn es war ein
wirkliches Schaffen, nicht mittelſt Leinwand, Pin¬
ſel, Stein und Hammer, ſondern wo man die
eigene Perſon als Stoff einſetzte und in vielhun¬
dertfaͤltigem Zuſammenthun Jeder ein lebendiger
Theil des Ganzen war und das Leben des Gan¬
zen in jedem Einzelnen pulſirte, von Auge zu
Auge ſtrahlte und eine kurze Nacht ſich ſelber
zur Wirklichkeit traͤumte.
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