Ostersonne! du bist schön Meiner Freundin aufgegangen, Kinder werden um sie stehn, Ihren Seegen zu empfangen, Und dazu ein buntes Ei, Und ich hoffe, daß sie heiter Wie der Ostermorgen sey, Hoffe, daß sie mich noch weiter Lieb behalten wird, ob ich Gleich ihr Antlitz nicht mehr sehe -- Osterwasser läßt Sie sich Wol nicht schöpfen in der Nähe Aus der Elbe, wo du dich Dreymal hüpfend hast gespiegelt, Sie will nicht verschönert seyn -- Grüße hat Sie fortgeflügelt, Und vielleicht ist einer mein Unter diesen Ostergrüßen, Und in diesem Erdenthal Werd ich heute Dich genießen Ganz gewiß zum letztenmal; Denn ich darf nichts mehr versuchen
An die Oſterſonne.
1791.
Oſterſonne! du biſt ſchoͤn Meiner Freundin aufgegangen, Kinder werden um ſie ſtehn, Ihren Seegen zu empfangen, Und dazu ein buntes Ei, Und ich hoffe, daß ſie heiter Wie der Oſtermorgen ſey, Hoffe, daß ſie mich noch weiter Lieb behalten wird, ob ich Gleich ihr Antlitz nicht mehr ſehe — Oſterwaſſer laͤßt Sie ſich Wol nicht ſchoͤpfen in der Naͤhe Aus der Elbe, wo du dich Dreymal huͤpfend haſt geſpiegelt, Sie will nicht verſchoͤnert ſeyn — Gruͤße hat Sie fortgefluͤgelt, Und vielleicht iſt einer mein Unter dieſen Oſtergruͤßen, Und in dieſem Erdenthal Werd ich heute Dich genießen Ganz gewiß zum letztenmal; Denn ich darf nichts mehr verſuchen
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An die Oſterſonne.
1791.
Oſterſonne! du biſt ſchoͤn
Meiner Freundin aufgegangen,
Kinder werden um ſie ſtehn,
Ihren Seegen zu empfangen,
Und dazu ein buntes Ei,
Und ich hoffe, daß ſie heiter
Wie der Oſtermorgen ſey,
Hoffe, daß ſie mich noch weiter
Lieb behalten wird, ob ich
Gleich ihr Antlitz nicht mehr ſehe —
Oſterwaſſer laͤßt Sie ſich
Wol nicht ſchoͤpfen in der Naͤhe
Aus der Elbe, wo du dich
Dreymal huͤpfend haſt geſpiegelt,
Sie will nicht verſchoͤnert ſeyn —
Gruͤße hat Sie fortgefluͤgelt,
Und vielleicht iſt einer mein
Unter dieſen Oſtergruͤßen,
Und in dieſem Erdenthal
Werd ich heute Dich genießen
Ganz gewiß zum letztenmal;
Denn ich darf nichts mehr verſuchen
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/430>, abgerufen am 21.11.2024.
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