Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.An den Herrn Kanonikus Gleim*). Magdeburg, im October 1761. Achill, der stampfende Held, sprach mit dem wiehern- den Pferde In wildem gluthigem Zorn; Er stieß sein eisernes Speer tief in die zitternde Erde Und stach mit blutigem Sporn Das sich aufbäumende Roß, rief mit hochbrüllender Stimme: Trag mich, beflügeltes Thier, Hin zu dem Opferaltar, da würgt mit Furiengrimme Ein Arm das Leben in mir, Da würgt der Vater sich selbst im götterähnlichen Kinde. Zu Eisen macht ihn der Stolz, Ihn schlacht' ich bei dem Altar, wo ich die Blutende finde, Und werf ihn zu ihr aufs Holz. *) Der Dichter hatte ihr geschrieben, daß er, wie Achill, sei- nen Rappen schon angeredet, ihn zur Dichterinn zu tragen wäre aber plötzlich abgerufen worden. L 2
An den Herrn Kanonikus Gleim*). Magdeburg, im October 1761. Achill, der ſtampfende Held, ſprach mit dem wiehern- den Pferde In wildem gluthigem Zorn; Er ſtieß ſein eiſernes Speer tief in die zitternde Erde Und ſtach mit blutigem Sporn Das ſich aufbaͤumende Roß, rief mit hochbruͤllender Stimme: Trag mich, befluͤgeltes Thier, Hin zu dem Opferaltar, da wuͤrgt mit Furiengrimme Ein Arm das Leben in mir, Da wuͤrgt der Vater ſich ſelbſt im goͤtteraͤhnlichen Kinde. Zu Eiſen macht ihn der Stolz, Ihn ſchlacht’ ich bei dem Altar, wo ich die Blutende finde, Und werf ihn zu ihr aufs Holz. *) Der Dichter hatte ihr geſchrieben, daß er, wie Achill, ſei- nen Rappen ſchon angeredet, ihn zur Dichterinn zu tragen waͤre aber ploͤtzlich abgerufen worden. L 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0323" n="163"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">An</hi><lb/><hi rendition="#b">den Herrn Kanonikus Gleim</hi><note place="foot" n="*)">Der Dichter hatte ihr geſchrieben, daß er, wie Achill, ſei-<lb/> nen Rappen ſchon angeredet, ihn zur Dichterinn zu tragen<lb/> waͤre aber ploͤtzlich abgerufen worden.</note>.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <dateline> <hi rendition="#c">Magdeburg, im October 1761.</hi> </dateline><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">A</hi>chill, der ſtampfende Held, ſprach mit dem wiehern-</l><lb/> <l>den Pferde</l><lb/> <l>In wildem gluthigem Zorn;</l><lb/> <l>Er ſtieß ſein eiſernes Speer tief in die zitternde Erde</l><lb/> <l>Und ſtach mit blutigem Sporn</l><lb/> <l>Das ſich aufbaͤumende Roß, rief mit hochbruͤllender</l><lb/> <l>Stimme:</l><lb/> <l>Trag mich, befluͤgeltes Thier,</l><lb/> <l>Hin zu dem Opferaltar, da wuͤrgt mit Furiengrimme</l><lb/> <l>Ein Arm das Leben in mir,</l><lb/> <l>Da wuͤrgt der Vater ſich ſelbſt im goͤtteraͤhnlichen Kinde.</l><lb/> <l>Zu Eiſen macht ihn der Stolz,</l><lb/> <l>Ihn ſchlacht’ ich bei dem Altar, wo ich die Blutende finde,</l><lb/> <l>Und werf ihn zu ihr aufs Holz.</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [163/0323]
An
den Herrn Kanonikus Gleim *).
Magdeburg, im October 1761.
Achill, der ſtampfende Held, ſprach mit dem wiehern-
den Pferde
In wildem gluthigem Zorn;
Er ſtieß ſein eiſernes Speer tief in die zitternde Erde
Und ſtach mit blutigem Sporn
Das ſich aufbaͤumende Roß, rief mit hochbruͤllender
Stimme:
Trag mich, befluͤgeltes Thier,
Hin zu dem Opferaltar, da wuͤrgt mit Furiengrimme
Ein Arm das Leben in mir,
Da wuͤrgt der Vater ſich ſelbſt im goͤtteraͤhnlichen Kinde.
Zu Eiſen macht ihn der Stolz,
Ihn ſchlacht’ ich bei dem Altar, wo ich die Blutende finde,
Und werf ihn zu ihr aufs Holz.
*) Der Dichter hatte ihr geſchrieben, daß er, wie Achill, ſei-
nen Rappen ſchon angeredet, ihn zur Dichterinn zu tragen
waͤre aber ploͤtzlich abgerufen worden.
L 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |