Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Viertes Buch. An Palemon. (Den 20ten des Herbstmonaths 1761.)O Freund! was hilft, der Hoheit und des Geldes Besitzer seyn, in dieser Welt, Dem Sterblichen, der wie das Gras des Feldes Hervorkömmt, wächset, welkt und niederfällt? Im Ueberfluß und im Geräusch der Ehre Bey Saitenspiel und Tänzen seyn, Reizt nicht das Auge; nichts nimmt das Gehöre Und den sonst nimmer satten Busen ein, So bald von dem zerbrechlichen Gebäude Ein Theil mit Schmerzen wird durchnagt. Der kranke Mensch ists, der zur lauten Freude Zum Scherz und Lachen: du bist Thorheit! sagt. Viertes Buch. An Palemon. (Den 20ten des Herbſtmonaths 1761.)O Freund! was hilft, der Hoheit und des Geldes Beſitzer ſeyn, in dieſer Welt, Dem Sterblichen, der wie das Gras des Feldes Hervorkoͤmmt, waͤchſet, welkt und niederfaͤllt? Im Ueberfluß und im Geraͤuſch der Ehre Bey Saitenſpiel und Taͤnzen ſeyn, Reizt nicht das Auge; nichts nimmt das Gehoͤre Und den ſonſt nimmer ſatten Buſen ein, So bald von dem zerbrechlichen Gebaͤude Ein Theil mit Schmerzen wird durchnagt. Der kranke Menſch iſts, der zur lauten Freude Zum Scherz und Lachen: du biſt Thorheit! ſagt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0251" n="207"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Viertes Buch.</hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">An Palemon.</hi> </head><lb/> <dateline> <hi rendition="#c">(Den 20ten des Herbſtmonaths 1761.)</hi> </dateline><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem" n="5"> <l>O Freund! was hilft, der Hoheit und des Geldes<lb/> Beſitzer ſeyn, in dieſer Welt,<lb/> Dem Sterblichen, der wie das Gras des Feldes<lb/> Hervorkoͤmmt, waͤchſet, welkt und niederfaͤllt?</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="6"> <l>Im Ueberfluß und im Geraͤuſch der Ehre<lb/> Bey Saitenſpiel und Taͤnzen ſeyn,<lb/> Reizt nicht das Auge; nichts nimmt das Gehoͤre<lb/> Und den ſonſt nimmer ſatten Buſen ein,</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="7"> <l>So bald von dem zerbrechlichen Gebaͤude<lb/> Ein Theil mit Schmerzen wird durchnagt.<lb/> Der kranke Menſch iſts, der zur lauten Freude<lb/> Zum Scherz und Lachen: du biſt Thorheit! ſagt.</l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [207/0251]
Viertes Buch.
An Palemon.
(Den 20ten des Herbſtmonaths 1761.)
O Freund! was hilft, der Hoheit und des Geldes
Beſitzer ſeyn, in dieſer Welt,
Dem Sterblichen, der wie das Gras des Feldes
Hervorkoͤmmt, waͤchſet, welkt und niederfaͤllt?
Im Ueberfluß und im Geraͤuſch der Ehre
Bey Saitenſpiel und Taͤnzen ſeyn,
Reizt nicht das Auge; nichts nimmt das Gehoͤre
Und den ſonſt nimmer ſatten Buſen ein,
So bald von dem zerbrechlichen Gebaͤude
Ein Theil mit Schmerzen wird durchnagt.
Der kranke Menſch iſts, der zur lauten Freude
Zum Scherz und Lachen: du biſt Thorheit! ſagt.
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