die Möglichkeit der Natur vorzustellen, liegen könne, indem die Vorstellungsart nach Endursachen nur eine subjective Bedingung unseres Vernunftgebrauchs sey, wenn sie die Beurthei[lu]ng der Gegenstände nicht blos als Erscheinungen angestellt wissen will, sondern diese Erscheinungen selbst, samt ihren Principien, auf das übersinnliche Substrat zu beziehen verlangt, um ge- wisse Gesetze der Einheit derselben möglich zu finden, die sie sich nicht anders als durch Zwecke (davon die Vernunft auch solche hat die übersinnlich sind) vor- stellig machen kann.
§. 83. Von dem letzten Zwecke der Natur als eines teleologischen Systems.
Wir haben im vorigen gezeigt, daß wir dem Men- schen nicht blos, wie alle organisirte Wesen, als Na- turzweck, sondern auch hier auf Erden als den letz- ten Zweck der Natur in Beziehung auf den alle übrige Naturdinge ein System von Zwecken ausma- chen, nach Grundsätzen der Vernunft, zwar nicht für die bestimmende, doch für die reflectirende Urtheilskraft, zu beurtheilen hinreichende Ursache haben. Wenn nun dasjenige im Menschen selbst angetroffen werden muß, was als Zweck durch seine Verknüpfung mit der Na- tur befördert werden soll: so muß entweder der Zweck von der Art seyn, daß er selbst durch die Natur in
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
die Moͤglichkeit der Natur vorzuſtellen, liegen koͤnne, indem die Vorſtellungsart nach Endurſachen nur eine ſubjective Bedingung unſeres Vernunftgebrauchs ſey, wenn ſie die Beurthei[lu]ng der Gegenſtaͤnde nicht blos als Erſcheinungen angeſtellt wiſſen will, ſondern dieſe Erſcheinungen ſelbſt, ſamt ihren Principien, auf das uͤberſinnliche Subſtrat zu beziehen verlangt, um ge- wiſſe Geſetze der Einheit derſelben moͤglich zu finden, die ſie ſich nicht anders als durch Zwecke (davon die Vernunft auch ſolche hat die uͤberſinnlich ſind) vor- ſtellig machen kann.
§. 83. Von dem letzten Zwecke der Natur als eines teleologiſchen Syſtems.
Wir haben im vorigen gezeigt, daß wir dem Men- ſchen nicht blos, wie alle organiſirte Weſen, als Na- turzweck, ſondern auch hier auf Erden als den letz- ten Zweck der Natur in Beziehung auf den alle uͤbrige Naturdinge ein Syſtem von Zwecken ausma- chen, nach Grundſaͤtzen der Vernunft, zwar nicht fuͤr die beſtimmende, doch fuͤr die reflectirende Urtheilskraft, zu beurtheilen hinreichende Urſache haben. Wenn nun dasjenige im Menſchen ſelbſt angetroffen werden muß, was als Zweck durch ſeine Verknuͤpfung mit der Na- tur befoͤrdert werden ſoll: ſo muß entweder der Zweck von der Art ſeyn, daß er ſelbſt durch die Natur in
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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
die Moͤglichkeit der Natur vorzuſtellen, liegen koͤnne,
indem die Vorſtellungsart nach Endurſachen nur eine
ſubjective Bedingung unſeres Vernunftgebrauchs ſey,
wenn ſie die Beurtheilung der Gegenſtaͤnde nicht blos
als Erſcheinungen angeſtellt wiſſen will, ſondern dieſe
Erſcheinungen ſelbſt, ſamt ihren Principien, auf das
uͤberſinnliche Subſtrat zu beziehen verlangt, um ge-
wiſſe Geſetze der Einheit derſelben moͤglich zu finden,
die ſie ſich nicht anders als durch Zwecke (davon die
Vernunft auch ſolche hat die uͤberſinnlich ſind) vor-
ſtellig machen kann.
§. 83.
Von dem letzten Zwecke der Natur als eines
teleologiſchen Syſtems.
Wir haben im vorigen gezeigt, daß wir dem Men-
ſchen nicht blos, wie alle organiſirte Weſen, als Na-
turzweck, ſondern auch hier auf Erden als den letz-
ten Zweck der Natur in Beziehung auf den alle
uͤbrige Naturdinge ein Syſtem von Zwecken ausma-
chen, nach Grundſaͤtzen der Vernunft, zwar nicht fuͤr
die beſtimmende, doch fuͤr die reflectirende Urtheilskraft,
zu beurtheilen hinreichende Urſache haben. Wenn nun
dasjenige im Menſchen ſelbſt angetroffen werden muß,
was als Zweck durch ſeine Verknuͤpfung mit der Na-
tur befoͤrdert werden ſoll: ſo muß entweder der Zweck
von der Art ſeyn, daß er ſelbſt durch die Natur in
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/447>, abgerufen am 20.11.2024.
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