gegeben werden, noch unter Producte der Natur zäh- len, deren Unfähigkeit, dergleichen nach ihren Gesetzen hervorzubringen, eben die Berufung auf eine von ihr unterschiedene Ursach nothwendig machte?
§. 75. Der Begrif einer objectiven Zweckmäßigkeit der Natur ist ein criterisches Princip der Vernunft für die reflectirende Urtheilskraft.
Es ist doch etwas ganz anderes ob ich sage: die Erzengung gewisser Dinge der Natur, oder auch der gesammten Natur, ist nur durch eine Ursache, die sich nach Absichten zum Handeln bestimmt, möglich, oder: ich kann nach der eigenthümlichen Beschaffen- heit meiner Erkenntnisvermögen über die Mög- lichkeit jener Dinge und ihre Erzeugung nicht anders urtheilen, als wenn ich mir zu dieser eine Ursache, die nach Absichten wirkt, mithin ein Wesen denke, welches nach der Analogie mit der Caussalität eines Verstandes, productiv ist. Jm ersteren Falle will ich etwas über das Object ansmachen und bin verbunden die objective Realität eines angenommenen Begrifs darzuthun; im zweyten bestimmt die Vernunft nur den Gebrauch meiner Erkenntnisvermögen, angemessen ihrer Eigenthümlichkeit, und den wesentlichen Bedin- gungen, ihres Umfanges sowohl, als ihrer Schran- ken. Also ist das erste Princip ein objectiver Grund-
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
gegeben werden, noch unter Producte der Natur zaͤh- len, deren Unfaͤhigkeit, dergleichen nach ihren Geſetzen hervorzubringen, eben die Berufung auf eine von ihr unterſchiedene Urſach nothwendig machte?
§. 75. Der Begrif einer objectiven Zweckmaͤßigkeit der Natur iſt ein criteriſches Princip der Vernunft fuͤr die reflectirende Urtheilskraft.
Es iſt doch etwas ganz anderes ob ich ſage: die Erzengung gewiſſer Dinge der Natur, oder auch der geſammten Natur, iſt nur durch eine Urſache, die ſich nach Abſichten zum Handeln beſtimmt, moͤglich, oder: ich kann nach der eigenthuͤmlichen Beſchaffen- heit meiner Erkenntnisvermoͤgen uͤber die Moͤg- lichkeit jener Dinge und ihre Erzeugung nicht anders urtheilen, als wenn ich mir zu dieſer eine Urſache, die nach Abſichten wirkt, mithin ein Weſen denke, welches nach der Analogie mit der Cauſſalitaͤt eines Verſtandes, productiv iſt. Jm erſteren Falle will ich etwas uͤber das Object ansmachen und bin verbunden die objective Realitaͤt eines angenommenen Begrifs darzuthun; im zweyten beſtimmt die Vernunft nur den Gebrauch meiner Erkenntnisvermoͤgen, angemeſſen ihrer Eigenthuͤmlichkeit, und den weſentlichen Bedin- gungen, ihres Umfanges ſowohl, als ihrer Schran- ken. Alſo iſt das erſte Princip ein objectiver Grund-
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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
gegeben werden, noch unter Producte der Natur zaͤh-
len, deren Unfaͤhigkeit, dergleichen nach ihren Geſetzen
hervorzubringen, eben die Berufung auf eine von ihr
unterſchiedene Urſach nothwendig machte?
§. 75.
Der Begrif einer objectiven Zweckmaͤßigkeit
der Natur iſt ein criteriſches Princip der
Vernunft fuͤr die reflectirende Urtheilskraft.
Es iſt doch etwas ganz anderes ob ich ſage: die
Erzengung gewiſſer Dinge der Natur, oder auch der
geſammten Natur, iſt nur durch eine Urſache, die ſich
nach Abſichten zum Handeln beſtimmt, moͤglich, oder:
ich kann nach der eigenthuͤmlichen Beſchaffen-
heit meiner Erkenntnisvermoͤgen uͤber die Moͤg-
lichkeit jener Dinge und ihre Erzeugung nicht anders
urtheilen, als wenn ich mir zu dieſer eine Urſache,
die nach Abſichten wirkt, mithin ein Weſen denke,
welches nach der Analogie mit der Cauſſalitaͤt eines
Verſtandes, productiv iſt. Jm erſteren Falle will ich
etwas uͤber das Object ansmachen und bin verbunden
die objective Realitaͤt eines angenommenen Begrifs
darzuthun; im zweyten beſtimmt die Vernunft nur den
Gebrauch meiner Erkenntnisvermoͤgen, angemeſſen
ihrer Eigenthuͤmlichkeit, und den weſentlichen Bedin-
gungen, ihres Umfanges ſowohl, als ihrer Schran-
ken. Alſo iſt das erſte Princip ein objectiver Grund-
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/393>, abgerufen am 20.11.2024.
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