Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst.
ten dialectischen Schulen gehörete auch diese Frage: wenn eine Kugel nicht durch ein Loch geht, was soll man sagen: Ist die Kugel zu groß, oder das Loch zu klein? In die- sem Falle ist es gleichgültig, wie ihr euch ausdrücken wollt; denn ihr wißt nicht, welches von beiden um des anderen willen da ist. Dagegen werdet ihr nicht sagen: der Mann ist vor sein Kleid zu lang, sondern das Kleid ist vor den Mann zu kurz.
Wir sind also wenigstens auf den gegründeten Ver- dacht gebracht: daß die cosmologische Ideen, und, mit ihnen alle unter einander in Streit gesezte vernünftelnde Behauptungen, vielleicht einen leeren und blos eingebilde- ten Begriff, von der Art, wie uns der Gegenstand dieser Ideen gegeben wird, zum Grunde liegen haben, und dieser Verdacht kan uns schon auf die rechte Spur führen, das Blendwerk zu entdecken, was uns so lange irre geführt hat.
Der Antinomie der reinen Vernunft Sechster Abschnitt. Der transscendentale Idealism, als der Schlüssel zu Auflösung der cosmologischen Dialectik.
Wir haben in der transscendentalen Aesthetik hinrei- chend bewiesen: daß alles, was im Raume oder der Zeit angeschauet wird, mithin alle Gegenstände einer uns möglichen Erfahrung, nichts als Erscheinungen, d. i.
blosse
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
ten dialectiſchen Schulen gehoͤrete auch dieſe Frage: wenn eine Kugel nicht durch ein Loch geht, was ſoll man ſagen: Iſt die Kugel zu groß, oder das Loch zu klein? In die- ſem Falle iſt es gleichguͤltig, wie ihr euch ausdruͤcken wollt; denn ihr wißt nicht, welches von beiden um des anderen willen da iſt. Dagegen werdet ihr nicht ſagen: der Mann iſt vor ſein Kleid zu lang, ſondern das Kleid iſt vor den Mann zu kurz.
Wir ſind alſo wenigſtens auf den gegruͤndeten Ver- dacht gebracht: daß die cosmologiſche Ideen, und, mit ihnen alle unter einander in Streit geſezte vernuͤnftelnde Behauptungen, vielleicht einen leeren und blos eingebilde- ten Begriff, von der Art, wie uns der Gegenſtand dieſer Ideen gegeben wird, zum Grunde liegen haben, und dieſer Verdacht kan uns ſchon auf die rechte Spur fuͤhren, das Blendwerk zu entdecken, was uns ſo lange irre gefuͤhrt hat.
Der Antinomie der reinen Vernunft Sechſter Abſchnitt. Der transſcendentale Idealism, als der Schluͤſſel zu Aufloͤſung der cosmologiſchen Dialectik.
Wir haben in der transſcendentalen Aeſthetik hinrei- chend bewieſen: daß alles, was im Raume oder der Zeit angeſchauet wird, mithin alle Gegenſtaͤnde einer uns moͤglichen Erfahrung, nichts als Erſcheinungen, d. i.
bloſſe
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
ten dialectiſchen Schulen gehoͤrete auch dieſe Frage: wenn
eine Kugel nicht durch ein Loch geht, was ſoll man ſagen:
Iſt die Kugel zu groß, oder das Loch zu klein? In die-
ſem Falle iſt es gleichguͤltig, wie ihr euch ausdruͤcken wollt;
denn ihr wißt nicht, welches von beiden um des anderen
willen da iſt. Dagegen werdet ihr nicht ſagen: der Mann
iſt vor ſein Kleid zu lang, ſondern das Kleid iſt vor den
Mann zu kurz.
Wir ſind alſo wenigſtens auf den gegruͤndeten Ver-
dacht gebracht: daß die cosmologiſche Ideen, und, mit
ihnen alle unter einander in Streit geſezte vernuͤnftelnde
Behauptungen, vielleicht einen leeren und blos eingebilde-
ten Begriff, von der Art, wie uns der Gegenſtand dieſer
Ideen gegeben wird, zum Grunde liegen haben, und dieſer
Verdacht kan uns ſchon auf die rechte Spur fuͤhren, das
Blendwerk zu entdecken, was uns ſo lange irre gefuͤhrt
hat.
Der
Antinomie der reinen Vernunft
Sechſter Abſchnitt.
Der transſcendentale Idealism, als der Schluͤſſel
zu Aufloͤſung der cosmologiſchen Dialectik.
Wir haben in der transſcendentalen Aeſthetik hinrei-
chend bewieſen: daß alles, was im Raume oder
der Zeit angeſchauet wird, mithin alle Gegenſtaͤnde einer
uns moͤglichen Erfahrung, nichts als Erſcheinungen, d. i.
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/520>, abgerufen am 21.11.2024.
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