Auch dieses Bildniss ist wie mehrere dieser Zeit venezianisch angehaucht, und hat in späterer Zeit, als man den Hofkalender Philipp IV und seine gentilhombres de camara vergessen hatte, sogar für Tizian gegolten; so hiess es, als es im Besitz der Isabel Farnese war und die Antecamara des Königs in S. Ilde- fonso zierte.
Bildnisse Unbekannter.
Die Münchener Galerie besitzt zur Zeit nur ein, wie es scheint, echtes Bildniss des Meisters, es ist der junge, noch bart- lose Cavalier mit der linken am Degen, den rechten Arm in die Seite gestemmt1). Ein edles Exemplar der Rasse; Langkopf mit viereckiger kurzer, fast lothrechter Stirn, glühenden braunen Augen, Adlernase, die der Schlagschatten noch zu verlängern scheint, etwas vorstehende Unterlippe. Obwol der Pinsel nur flüchtig den Contouren folgt, so ist doch die feste Intention unverkennbar. Vielleicht das Bildniss eines Freundes, nicht weiter ausgeführt als grade für den Eindruck hinreichte. Die erdig braune Untermalung dient ohne weiteres für den leeren Hinter- grund (der nach unten mit Grau leicht zugedeckt ist, so nach- lässig, dass hier und da an der Contour offene Streifen geblieben sind), für die Lederhandschuhe, für das eine Ende der golilla und für die beschattete Seite des Gesichts. Von vielen ebenso summarisch ausgeführten Werken der Zeit (und modernen wie mit Tabaksbrühe gemalten) unterscheidet sich aber selbst diess un- vollendete Bild durch den hellen, wahren Fleischton im Licht. Der Zustand giebt wenig Anhaltspunkte für Zeitbestimmung; vielleicht gehört es noch in die Zeit vor der ersten Romfahrt.
In Apsley House ist ausser Quevedo und dem Pabste noch eine dritte Büste (Nr. 159), die früher für ein Selbstbildniss galt, obwol der Bau des Kopfs ganz anders ist. Der Reiz dieses blassen, vornehmen, etwas magern obwol jugendlichen Gesichts liegt in der Einheit und Raschheit des Gusses und der geistreich nachdrücklichen Behandlung von Licht und Schatten. Auf dunkel- braunem Grund, an der abgewandten beschatteten Seite der Figur etwas aufgehellt, tritt der Kopf sehr plastisch hervor. Wenige Bildnisse sind mit so breiten, kaum nüancirten Licht- und Schattenflächen modellirt; so ist z. B. die auf der ganz
1) Pinakothek Nr. 1293; 0,89 x 0,68, aus der Düsseldorfer Galerie.
Fünftes Buch.
Auch dieses Bildniss ist wie mehrere dieser Zeit venezianisch angehaucht, und hat in späterer Zeit, als man den Hofkalender Philipp IV und seine gentilhómbres de cámara vergessen hatte, sogar für Tizian gegolten; so hiess es, als es im Besitz der Isabel Farnese war und die Antecámara des Königs in S. Ilde- fonso zierte.
Bildnisse Unbekannter.
Die Münchener Galerie besitzt zur Zeit nur ein, wie es scheint, echtes Bildniss des Meisters, es ist der junge, noch bart- lose Cavalier mit der linken am Degen, den rechten Arm in die Seite gestemmt1). Ein edles Exemplar der Rasse; Langkopf mit viereckiger kurzer, fast lothrechter Stirn, glühenden braunen Augen, Adlernase, die der Schlagschatten noch zu verlängern scheint, etwas vorstehende Unterlippe. Obwol der Pinsel nur flüchtig den Contouren folgt, so ist doch die feste Intention unverkennbar. Vielleicht das Bildniss eines Freundes, nicht weiter ausgeführt als grade für den Eindruck hinreichte. Die erdig braune Untermalung dient ohne weiteres für den leeren Hinter- grund (der nach unten mit Grau leicht zugedeckt ist, so nach- lässig, dass hier und da an der Contour offene Streifen geblieben sind), für die Lederhandschuhe, für das eine Ende der golilla und für die beschattete Seite des Gesichts. Von vielen ebenso summarisch ausgeführten Werken der Zeit (und modernen wie mit Tabaksbrühe gemalten) unterscheidet sich aber selbst diess un- vollendete Bild durch den hellen, wahren Fleischton im Licht. Der Zustand giebt wenig Anhaltspunkte für Zeitbestimmung; vielleicht gehört es noch in die Zeit vor der ersten Romfahrt.
In Apsley House ist ausser Quevedo und dem Pabste noch eine dritte Büste (Nr. 159), die früher für ein Selbstbildniss galt, obwol der Bau des Kopfs ganz anders ist. Der Reiz dieses blassen, vornehmen, etwas magern obwol jugendlichen Gesichts liegt in der Einheit und Raschheit des Gusses und der geistreich nachdrücklichen Behandlung von Licht und Schatten. Auf dunkel- braunem Grund, an der abgewandten beschatteten Seite der Figur etwas aufgehellt, tritt der Kopf sehr plastisch hervor. Wenige Bildnisse sind mit so breiten, kaum nüancirten Licht- und Schattenflächen modellirt; so ist z. B. die auf der ganz
1) Pinakothek Nr. 1293; 0,89 × 0,68, aus der Düsseldorfer Galerie.
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Fünftes Buch.
Auch dieses Bildniss ist wie mehrere dieser Zeit venezianisch
angehaucht, und hat in späterer Zeit, als man den Hofkalender
Philipp IV und seine gentilhómbres de cámara vergessen hatte,
sogar für Tizian gegolten; so hiess es, als es im Besitz der
Isabel Farnese war und die Antecámara des Königs in S. Ilde-
fonso zierte.
Bildnisse Unbekannter.
Die Münchener Galerie besitzt zur Zeit nur ein, wie es
scheint, echtes Bildniss des Meisters, es ist der junge, noch bart-
lose Cavalier mit der linken am Degen, den rechten Arm in die
Seite gestemmt 1). Ein edles Exemplar der Rasse; Langkopf mit
viereckiger kurzer, fast lothrechter Stirn, glühenden braunen
Augen, Adlernase, die der Schlagschatten noch zu verlängern
scheint, etwas vorstehende Unterlippe. Obwol der Pinsel nur
flüchtig den Contouren folgt, so ist doch die feste Intention
unverkennbar. Vielleicht das Bildniss eines Freundes, nicht weiter
ausgeführt als grade für den Eindruck hinreichte. Die erdig
braune Untermalung dient ohne weiteres für den leeren Hinter-
grund (der nach unten mit Grau leicht zugedeckt ist, so nach-
lässig, dass hier und da an der Contour offene Streifen geblieben
sind), für die Lederhandschuhe, für das eine Ende der golilla
und für die beschattete Seite des Gesichts. Von vielen ebenso
summarisch ausgeführten Werken der Zeit (und modernen wie mit
Tabaksbrühe gemalten) unterscheidet sich aber selbst diess un-
vollendete Bild durch den hellen, wahren Fleischton im Licht.
Der Zustand giebt wenig Anhaltspunkte für Zeitbestimmung;
vielleicht gehört es noch in die Zeit vor der ersten Romfahrt.
In Apsley House ist ausser Quevedo und dem Pabste noch
eine dritte Büste (Nr. 159), die früher für ein Selbstbildniss
galt, obwol der Bau des Kopfs ganz anders ist. Der Reiz dieses
blassen, vornehmen, etwas magern obwol jugendlichen Gesichts
liegt in der Einheit und Raschheit des Gusses und der geistreich
nachdrücklichen Behandlung von Licht und Schatten. Auf dunkel-
braunem Grund, an der abgewandten beschatteten Seite der
Figur etwas aufgehellt, tritt der Kopf sehr plastisch hervor.
Wenige Bildnisse sind mit so breiten, kaum nüancirten Licht-
und Schattenflächen modellirt; so ist z. B. die auf der ganz
1) Pinakothek Nr. 1293; 0,89 × 0,68, aus der Düsseldorfer Galerie.
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/96>, abgerufen am 23.11.2024.
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