Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die Technik. A. Die Analytik. I. Die Analytik des Rechts. Jurisconsulti ... quod positum in una cogni- Cicero de leg. II c. 19. XLIX. Die mosaische Schöpfungsgeschichte läßt die Erschaf- Im richtigen Gefühl von der Unerläßlichkeit dieser Aufgabe Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die Technik. A. Die Analytik. I. Die Analytik des Rechts. Jurisconsulti … quod positum in una cogni- Cicero de leg. II c. 19. XLIX. Die moſaiſche Schöpfungsgeſchichte läßt die Erſchaf- Im richtigen Gefühl von der Unerläßlichkeit dieſer Aufgabe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0028" n="12"/> <fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchn. <hi rendition="#aq">III.</hi> Die Technik. <hi rendition="#aq">A.</hi> Die Analytik.</fw><lb/> <div n="6"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Die Analytik des Rechts.</hi> </head><lb/> <cit> <quote> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Jurisconsulti … quod positum in una cogni-<lb/> tione est, id in infinita dispertiuntur.</hi> </hi> </quote><lb/> <bibl> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Cicero de leg. II c. 19.</hi> </hi> </bibl> </cit><lb/> <p><hi rendition="#aq">XLIX.</hi> Die moſaiſche Schöpfungsgeſchichte läßt die Erſchaf-<lb/> fung der Welt ihren Anfang nehmen mit dem <hi rendition="#g">Scheiden</hi>: im<lb/> Anfang ſchied Gott Himmel und Erde, Feſtes und Flüſſiges,<lb/> Licht und Finſterniß. In derſelben Weiſe beginnt auch die <hi rendition="#g">ju-<lb/> riſtiſche</hi> Schöpfungsgeſchichte des römiſchen Rechts; ihre er-<lb/> ſten Tage gehören ebenfalls dem Werk der Zerſetzung. Dies iſt<lb/> nicht Zufall, es hätte die juriſtiſche Kunſt nicht etwa auch an<lb/> einem andern Punkt anſetzen können, ſondern, wenn überall,<lb/><hi rendition="#g">ſo mußte</hi> ſie <hi rendition="#g">hier</hi> beginnen. Nicht etwa darum, weil jede Ent-<lb/> wicklung mit Scheidung beginnt, ſondern weil ſie ſich auf dem<lb/> Wege der Zerſetzung erſt in Beſitz der einfachen Beſtandtheile<lb/> des Rechts zu ſetzen hatte, mit denen ſie ſpäter operiren ſollte<lb/> (§. 39) — es mußte das Alphabet gefunden ſein, bevor man<lb/> ans Leſen und Schreiben denken konnte!</p><lb/> <p>Im richtigen Gefühl von der Unerläßlichkeit dieſer Aufgabe<lb/> wirft ſich daher der jugendliche Geiſt mit aller Macht auf das<lb/> Scheiden. Je gedankenärmer er im übrigen iſt, um ſo höhern<lb/> Werth gewinnt für ihn ein Gedanke, der ſeine erſte Errungen-<lb/> ſchaft und lange Zeit hindurch ſeinen ganzen geiſtigen Reichthum<lb/> bildet, an dem er zuerſt zum Gefühl ſeiner ſelbſt und ſeiner Kunſt<lb/> gelangt. Seine ganze Thätigkeit geht daher im weſentlichen auf<lb/> in der Verwerthung dieſes <hi rendition="#g">einen</hi> Gedanken, ſeine Kunſt iſt<lb/><hi rendition="#g">Scheidekunſt</hi> — das beſtimmt die Bedeutung und den Werth<lb/> dieſer erſten Periode und unterſcheidet dieſelbe von den Zeiten<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0028]
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die Technik. A. Die Analytik.
I. Die Analytik des Rechts.
Jurisconsulti … quod positum in una cogni-
tione est, id in infinita dispertiuntur.
Cicero de leg. II c. 19.
XLIX. Die moſaiſche Schöpfungsgeſchichte läßt die Erſchaf-
fung der Welt ihren Anfang nehmen mit dem Scheiden: im
Anfang ſchied Gott Himmel und Erde, Feſtes und Flüſſiges,
Licht und Finſterniß. In derſelben Weiſe beginnt auch die ju-
riſtiſche Schöpfungsgeſchichte des römiſchen Rechts; ihre er-
ſten Tage gehören ebenfalls dem Werk der Zerſetzung. Dies iſt
nicht Zufall, es hätte die juriſtiſche Kunſt nicht etwa auch an
einem andern Punkt anſetzen können, ſondern, wenn überall,
ſo mußte ſie hier beginnen. Nicht etwa darum, weil jede Ent-
wicklung mit Scheidung beginnt, ſondern weil ſie ſich auf dem
Wege der Zerſetzung erſt in Beſitz der einfachen Beſtandtheile
des Rechts zu ſetzen hatte, mit denen ſie ſpäter operiren ſollte
(§. 39) — es mußte das Alphabet gefunden ſein, bevor man
ans Leſen und Schreiben denken konnte!
Im richtigen Gefühl von der Unerläßlichkeit dieſer Aufgabe
wirft ſich daher der jugendliche Geiſt mit aller Macht auf das
Scheiden. Je gedankenärmer er im übrigen iſt, um ſo höhern
Werth gewinnt für ihn ein Gedanke, der ſeine erſte Errungen-
ſchaft und lange Zeit hindurch ſeinen ganzen geiſtigen Reichthum
bildet, an dem er zuerſt zum Gefühl ſeiner ſelbſt und ſeiner Kunſt
gelangt. Seine ganze Thätigkeit geht daher im weſentlichen auf
in der Verwerthung dieſes einen Gedanken, ſeine Kunſt iſt
Scheidekunſt — das beſtimmt die Bedeutung und den Werth
dieſer erſten Periode und unterſcheidet dieſelbe von den Zeiten
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