Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.Zweites Buch. Erster Abschn. III. B. Die juristische Oekonomie. artige Verwendung der Ehe widerstreitet ihrem innersten Wesen,sie wird hier zum reinen Scheinakt herabgewürdigt. Diese letztere Art der Benutzung, die ich als Spannung der Begriffe, For- men u. s. w. des Rechts bezeichne, setzte daher stets eine Con- nivenz in der rechtlichen Beurtheilung voraus, wie dies die nähere Betrachtung dieser Mittel (§. 58) des Weitern ergeben wird. Ich wende mich jetzt der ersten Gruppe von Mitteln zu. Im 1. Testamentsexecutoren. Der Zweck dieses modernen Instituts ist bekanntlich ein dop- Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. B. Die juriſtiſche Oekonomie. artige Verwendung der Ehe widerſtreitet ihrem innerſten Weſen,ſie wird hier zum reinen Scheinakt herabgewürdigt. Dieſe letztere Art der Benutzung, die ich als Spannung der Begriffe, For- men u. ſ. w. des Rechts bezeichne, ſetzte daher ſtets eine Con- nivenz in der rechtlichen Beurtheilung voraus, wie dies die nähere Betrachtung dieſer Mittel (§. 58) des Weitern ergeben wird. Ich wende mich jetzt der erſten Gruppe von Mitteln zu. Im 1. Teſtamentsexecutoren. Der Zweck dieſes modernen Inſtituts iſt bekanntlich ein dop- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0250" n="234"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchn. <hi rendition="#aq">III. B</hi>. Die juriſtiſche Oekonomie.</fw><lb/> artige Verwendung der Ehe widerſtreitet ihrem innerſten Weſen,<lb/> ſie wird hier zum reinen Scheinakt herabgewürdigt. Dieſe letztere<lb/> Art der Benutzung, die ich als <hi rendition="#g">Spannung</hi> der Begriffe, For-<lb/> men u. ſ. w. des Rechts bezeichne, ſetzte daher ſtets eine <hi rendition="#g">Con-<lb/> nivenz</hi> in der rechtlichen Beurtheilung voraus, wie dies die<lb/> nähere Betrachtung dieſer Mittel (§. 58) des Weitern ergeben wird.</p><lb/> <p>Ich wende mich jetzt der erſten Gruppe von Mitteln zu. Im<lb/> Intereſſe ihres wahren Verſtändniſſes halte ich es für förderlich,<lb/> den Zweck, ſoweit dies möglich, mit heutigen Namen zu be-<lb/> zeichnen und ihn dadurch unſerer heutigen Anſchauungsweiſe<lb/> näher zu rücken. Ich denke mir den Zweck als eine einem alt-<lb/> römiſchen Juriſten geſtellte Aufgabe; überzeugen wir uns, wie<lb/> ihm mit den Mitteln, die das vorhandene Recht ihm darbot, die<lb/> Löſung derſelben gelang.</p><lb/> <div n="8"> <head>1. <hi rendition="#g">Teſtamentsexecutoren</hi>.</head><lb/> <p>Der Zweck dieſes modernen Inſtituts iſt bekanntlich ein dop-<lb/> pelter: <hi rendition="#g">einmal</hi> dem Erben die mit der Regulirung des Nach-<lb/> laßweſens verbundenen Mühen und Laſten abzunehmen — ein<lb/> Zweck, der bei den Grundſätzen des ältern Rechts über die Stell-<lb/> vertretung für die Römer noch eine höhere Wichtigkeit hatte, als<lb/> für uns — und ſodann die Ausführung der teſtamentariſchen<lb/> Anordnungen dadurch zu ſichern, daß ſie aus den Händen des<lb/> an ihrer mangelhaften oder verzögerten Ausführung intereſſirten<lb/> Erben in die einer <hi rendition="#g">unintereſſirten</hi> Perſon gelegt wird.<lb/> Das römiſche Mittel für dieſen Zweck war: Einſetzung des<lb/> Teſtamentsexecutors zum Erben mit der Verpflichtung, den Netto-<lb/> ertrag der Erbſchaft nach Abzug einer entſprechenden Remune-<lb/> ration für ſeine Mühe der eigentlich gewünſchten Perſon zu<lb/> reſtituiren. So lange die Höhe der Legate keiner Beſchränkung<lb/> unterworfen war, ließ ſich dieſe Verpflichtung in Form des Legats<lb/> bewerkſtelligen, ſei es in der Weiſe, daß der Erblaſſer ſelber den<lb/> Nettoertrag der Erbſchaft zu Geld anſchlug und dieſen Betrag<lb/> legirte oder, da dies oft zur Zeit der Teſtamentserrichtung noch<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [234/0250]
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. B. Die juriſtiſche Oekonomie.
artige Verwendung der Ehe widerſtreitet ihrem innerſten Weſen,
ſie wird hier zum reinen Scheinakt herabgewürdigt. Dieſe letztere
Art der Benutzung, die ich als Spannung der Begriffe, For-
men u. ſ. w. des Rechts bezeichne, ſetzte daher ſtets eine Con-
nivenz in der rechtlichen Beurtheilung voraus, wie dies die
nähere Betrachtung dieſer Mittel (§. 58) des Weitern ergeben wird.
Ich wende mich jetzt der erſten Gruppe von Mitteln zu. Im
Intereſſe ihres wahren Verſtändniſſes halte ich es für förderlich,
den Zweck, ſoweit dies möglich, mit heutigen Namen zu be-
zeichnen und ihn dadurch unſerer heutigen Anſchauungsweiſe
näher zu rücken. Ich denke mir den Zweck als eine einem alt-
römiſchen Juriſten geſtellte Aufgabe; überzeugen wir uns, wie
ihm mit den Mitteln, die das vorhandene Recht ihm darbot, die
Löſung derſelben gelang.
1. Teſtamentsexecutoren.
Der Zweck dieſes modernen Inſtituts iſt bekanntlich ein dop-
pelter: einmal dem Erben die mit der Regulirung des Nach-
laßweſens verbundenen Mühen und Laſten abzunehmen — ein
Zweck, der bei den Grundſätzen des ältern Rechts über die Stell-
vertretung für die Römer noch eine höhere Wichtigkeit hatte, als
für uns — und ſodann die Ausführung der teſtamentariſchen
Anordnungen dadurch zu ſichern, daß ſie aus den Händen des
an ihrer mangelhaften oder verzögerten Ausführung intereſſirten
Erben in die einer unintereſſirten Perſon gelegt wird.
Das römiſche Mittel für dieſen Zweck war: Einſetzung des
Teſtamentsexecutors zum Erben mit der Verpflichtung, den Netto-
ertrag der Erbſchaft nach Abzug einer entſprechenden Remune-
ration für ſeine Mühe der eigentlich gewünſchten Perſon zu
reſtituiren. So lange die Höhe der Legate keiner Beſchränkung
unterworfen war, ließ ſich dieſe Verpflichtung in Form des Legats
bewerkſtelligen, ſei es in der Weiſe, daß der Erblaſſer ſelber den
Nettoertrag der Erbſchaft zu Geld anſchlug und dieſen Betrag
legirte oder, da dies oft zur Zeit der Teſtamentserrichtung noch
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