Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.Zweites Buch. Erster Abschnitt. II. Die Grundtriebe. ging aber nicht so weit, daß die Beamten die Bestreitung ihrerKompetenz oder die angefochtene Rechtmäßigkeit ihrer Verfü- gungen der richterlichen Cognition hätten unterwerfen müssen. Für sie, die von dem gewöhnlichen Gerichtsbann eximirt waren, gab es eine andere Instanz, theils die Volksversammlung, wenn es sich um Anfechtung ihrer Straferkenntnisse oder nach Nieder- legung ihres Amtes um Verantwortung wegen Mißbrauchs ihrer Gewalt handelte, theils und zwar bei Verfügungen aller Art die Intercession ihrer Kollegen -- Garantien von so wirk- samer Art, daß die Verschließung des gewöhnlichen Civilrechts- weges dagegen gar nicht in Betracht kam. Hierzu gesellte sich noch der Grundsatz, daß die Verfügungen der Beamten der Rechts- kraft ermangelten, also von ihrem Urheber sowohl wie vom Nachfolger zurückgenommen werden konnten und die Durchfüh- rung derselben zwar den faktischen, nie aber den rechtli- chen Verlust eines Privatrechts zur Folge haben konnte -- ein Grundsatz, der uns im dritten Buch bei Gelegenheit des präto- rischen Rechts ausführlich in Anspruch nehmen wird, und auf den wir daher, so sehr wir ihn hier bereits betonen möchten, doch an dieser Stelle nicht weiter eingehen. II. Der Gleichheitstrieb. Faktische und rechtliche Gleichheit -- Das Generalisirungs- system -- Rechtliche Verschiedenheiten und Ungleichheiten vor dem Gesetz -- Wesen der altrömischen Gleichheit -- Aeußerun- gen derselben im öffentlichen und Privatrecht -- Unterschiede der Personen und Sachen -- Stellung des Richters -- Berechnung der Zeit und des Schadensersatzes -- Bleibende Bedeutung des Gleichheitstriebes für das römische Recht. XXIX. Der zweite und dritte von unsern Grundtrieben Zweites Buch. Erſter Abſchnitt. II. Die Grundtriebe. ging aber nicht ſo weit, daß die Beamten die Beſtreitung ihrerKompetenz oder die angefochtene Rechtmäßigkeit ihrer Verfü- gungen der richterlichen Cognition hätten unterwerfen müſſen. Für ſie, die von dem gewöhnlichen Gerichtsbann eximirt waren, gab es eine andere Inſtanz, theils die Volksverſammlung, wenn es ſich um Anfechtung ihrer Straferkenntniſſe oder nach Nieder- legung ihres Amtes um Verantwortung wegen Mißbrauchs ihrer Gewalt handelte, theils und zwar bei Verfügungen aller Art die Interceſſion ihrer Kollegen — Garantien von ſo wirk- ſamer Art, daß die Verſchließung des gewöhnlichen Civilrechts- weges dagegen gar nicht in Betracht kam. Hierzu geſellte ſich noch der Grundſatz, daß die Verfügungen der Beamten der Rechts- kraft ermangelten, alſo von ihrem Urheber ſowohl wie vom Nachfolger zurückgenommen werden konnten und die Durchfüh- rung derſelben zwar den faktiſchen, nie aber den rechtli- chen Verluſt eines Privatrechts zur Folge haben konnte — ein Grundſatz, der uns im dritten Buch bei Gelegenheit des präto- riſchen Rechts ausführlich in Anſpruch nehmen wird, und auf den wir daher, ſo ſehr wir ihn hier bereits betonen möchten, doch an dieſer Stelle nicht weiter eingehen. II. Der Gleichheitstrieb. Faktiſche und rechtliche Gleichheit — Das Generaliſirungs- ſyſtem — Rechtliche Verſchiedenheiten und Ungleichheiten vor dem Geſetz — Weſen der altrömiſchen Gleichheit — Aeußerun- gen derſelben im öffentlichen und Privatrecht — Unterſchiede der Perſonen und Sachen — Stellung des Richters — Berechnung der Zeit und des Schadenserſatzes — Bleibende Bedeutung des Gleichheitstriebes für das römiſche Recht. XXIX. Der zweite und dritte von unſern Grundtrieben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0100" n="86"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchnitt. <hi rendition="#aq">II.</hi> Die Grundtriebe.</fw><lb/> ging aber nicht ſo weit, daß die Beamten die Beſtreitung ihrer<lb/> Kompetenz oder die angefochtene Rechtmäßigkeit ihrer Verfü-<lb/> gungen der richterlichen Cognition hätten unterwerfen müſſen.<lb/> Für ſie, die von dem gewöhnlichen Gerichtsbann eximirt waren,<lb/> gab es eine andere Inſtanz, theils die Volksverſammlung, wenn<lb/> es ſich um Anfechtung ihrer Straferkenntniſſe oder nach Nieder-<lb/> legung ihres Amtes um Verantwortung wegen Mißbrauchs<lb/> ihrer Gewalt handelte, theils und zwar bei Verfügungen aller<lb/> Art die Interceſſion ihrer Kollegen — Garantien von ſo wirk-<lb/> ſamer Art, daß die Verſchließung des gewöhnlichen Civilrechts-<lb/> weges dagegen gar nicht in Betracht kam. 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Zweites Buch. Erſter Abſchnitt. II. Die Grundtriebe.
ging aber nicht ſo weit, daß die Beamten die Beſtreitung ihrer
Kompetenz oder die angefochtene Rechtmäßigkeit ihrer Verfü-
gungen der richterlichen Cognition hätten unterwerfen müſſen.
Für ſie, die von dem gewöhnlichen Gerichtsbann eximirt waren,
gab es eine andere Inſtanz, theils die Volksverſammlung, wenn
es ſich um Anfechtung ihrer Straferkenntniſſe oder nach Nieder-
legung ihres Amtes um Verantwortung wegen Mißbrauchs
ihrer Gewalt handelte, theils und zwar bei Verfügungen aller
Art die Interceſſion ihrer Kollegen — Garantien von ſo wirk-
ſamer Art, daß die Verſchließung des gewöhnlichen Civilrechts-
weges dagegen gar nicht in Betracht kam. Hierzu geſellte ſich noch
der Grundſatz, daß die Verfügungen der Beamten der Rechts-
kraft ermangelten, alſo von ihrem Urheber ſowohl wie vom
Nachfolger zurückgenommen werden konnten und die Durchfüh-
rung derſelben zwar den faktiſchen, nie aber den rechtli-
chen Verluſt eines Privatrechts zur Folge haben konnte — ein
Grundſatz, der uns im dritten Buch bei Gelegenheit des präto-
riſchen Rechts ausführlich in Anſpruch nehmen wird, und auf
den wir daher, ſo ſehr wir ihn hier bereits betonen möchten,
doch an dieſer Stelle nicht weiter eingehen.
II. Der Gleichheitstrieb.
Faktiſche und rechtliche Gleichheit — Das Generaliſirungs-
ſyſtem — Rechtliche Verſchiedenheiten und Ungleichheiten vor
dem Geſetz — Weſen der altrömiſchen Gleichheit — Aeußerun-
gen derſelben im öffentlichen und Privatrecht — Unterſchiede der
Perſonen und Sachen — Stellung des Richters — Berechnung
der Zeit und des Schadenserſatzes — Bleibende Bedeutung des
Gleichheitstriebes für das römiſche Recht.
XXIX. Der zweite und dritte von unſern Grundtrieben
tragen die Namen jener Zwillingsworte, die ſeit mehr als einem
halben Jahrhundert die Welt in Bewegung ſetzen — einſt das
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