Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952.

Bild:
<< vorherige Seite

bringe*). Man muß sich nicht alles auf einmal vorsetzen. Man
muß kleine Fehler zerstören und sich in dieser Selbstherrschaft ge-
fallen und einüben, ehe man größere wegtreibt; und doch ist man bei
allem diesem nur erst im Vorhofe des Allerheiligsten und kaum ge-
rüstet, um sich auf einmal aus dem ganzen alten Adam zu häuten.5


-- Leben Sie recht froh, Emanuel!
Richter
655. An Emanuel.
10

Guten Morgen, Wiedererhaltner! Sie haben endlich Ihre
Seelen-Fracht, nämlich mich, unbeschädigt wieder zurück spediert.
Ich finde mich sehr erquickt durch die Gegenwart um mich her und
alles, was ihr vorging. -- Hier mit Dank Ihre drei Darlehn. --
Jetzt bedarf ich sehr Ihrer Belehrung, wie viel ich an meinem15
Antheil dem Fuhrmann zu bezahlen habe. -- Wir werden uns bald
sehen.

656. An Emanuel.

Guten Morgen, alter Geber! Und Dank! Nur ists des Guten20
zu viel, da schon Gutes viel ist.

Der Kutscher foderte gestern seine Bezahlung -- sagte, Uhlfelder
wäre ihm zu gefallen mit zurück gefahren -- und wollte mit Nichts
recht heraus. Ich zankte, sagte, höchstens 1/2 zahlte ich; und hatte
schon ein Billet an Sie geschrieben, als er sagte, er wolle 7 fl. --25
Sechs gab ich ihm. -- 32 kr. verzehrte er auf meine und Seebecks
Rechnung in Erlangen, welche ich einige Tage nach seiner Abfahrt
bezahlte, ohne Seebeck etwas zu sagen. Fahren thut er trefflich.
-- Ich schreibe Ihnen dieß blos, damit ich nicht etwan gar als ein
Schuldner Uhlfelders erscheine.30

657. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Übersieh (in doppeltem Sinne) diese
Kleinigkeiten für den Damenkalender. Zur versprochnen Erzählung

*) 35ohne den geringsten Enthusiasmus. Die Vernunft wirkt länger als das
Gefühl und erleichtert mehr, weil sie bleibt, wenn dieses geht.

bringe*). Man muß ſich nicht alles auf einmal vorſetzen. Man
muß kleine Fehler zerſtören und ſich in dieſer Selbſtherrſchaft ge-
fallen und einüben, ehe man größere wegtreibt; und doch iſt man bei
allem dieſem nur erſt im Vorhofe des Allerheiligſten und kaum ge-
rüſtet, um ſich auf einmal aus dem ganzen alten Adam zu häuten.5


— Leben Sie recht froh, Emanuel!
Richter
655. An Emanuel.
10

Guten Morgen, Wiedererhaltner! Sie haben endlich Ihre
Seelen-Fracht, nämlich mich, unbeſchädigt wieder zurück ſpediert.
Ich finde mich ſehr erquickt durch die Gegenwart um mich her und
alles, was ihr vorging. — Hier mit Dank Ihre drei Darlehn. —
Jetzt bedarf ich ſehr Ihrer Belehrung, wie viel ich an meinem15
Antheil dem Fuhrmann zu bezahlen habe. — Wir werden uns bald
ſehen.

656. An Emanuel.

Guten Morgen, alter Geber! Und Dank! Nur iſts des Guten20
zu viel, da ſchon Gutes viel iſt.

Der Kutſcher foderte geſtern ſeine Bezahlung — ſagte, Uhlfelder
wäre ihm zu gefallen mit zurück gefahren — und wollte mit Nichts
recht heraus. Ich zankte, ſagte, höchſtens ½ zahlte ich; und hatte
ſchon ein Billet an Sie geſchrieben, als er ſagte, er wolle 7 fl. —25
Sechs gab ich ihm. — 32 kr. verzehrte er auf meine und Seebecks
Rechnung in Erlangen, welche ich einige Tage nach ſeiner Abfahrt
bezahlte, ohne Seebeck etwas zu ſagen. Fahren thut er trefflich.
— Ich ſchreibe Ihnen dieß blos, damit ich nicht etwan gar als ein
Schuldner Uhlfelders erſcheine.30

657. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Überſieh (in doppeltem Sinne) dieſe
Kleinigkeiten für den Damenkalender. Zur verſprochnen Erzählung

*) 35ohne den geringſten Enthuſiaſmus. Die Vernunft wirkt länger als das
Gefühl und erleichtert mehr, weil ſie bleibt, wenn dieſes geht.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0297" n="283"/>
bringe<note place="foot" n="*)"><note place="left">35</note>ohne den gering&#x017F;ten Enthu&#x017F;ia&#x017F;mus. Die Vernunft wirkt länger als das<lb/>
Gefühl und erleichtert mehr, weil &#x017F;ie bleibt, wenn die&#x017F;es geht.</note>. Man muß &#x017F;ich nicht alles auf einmal vor&#x017F;etzen. Man<lb/>
muß kleine Fehler zer&#x017F;tören und &#x017F;ich in die&#x017F;er Selb&#x017F;therr&#x017F;chaft ge-<lb/>
fallen und einüben, ehe man größere wegtreibt; und doch i&#x017F;t man bei<lb/>
allem die&#x017F;em nur er&#x017F;t im Vorhofe des Allerheilig&#x017F;ten und kaum ge-<lb/>&#x017F;tet, um &#x017F;ich auf einmal aus dem ganzen alten Adam zu häuten.<lb n="5"/>
</p>
        <closer>
          <dateline> <hi rendition="#right">d. 23.</hi> </dateline><lb/>
          <salute> <hi rendition="#left">&#x2014; Leben Sie recht froh, <hi rendition="#aq">Emanuel!</hi></hi><lb/> <hi rendition="#right">Richter</hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>655. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 29. Juni 1812]</hi> </dateline>
        <lb n="10"/>
        <p>Guten Morgen, Wiedererhaltner! Sie haben endlich Ihre<lb/>
Seelen-Fracht, nämlich mich, unbe&#x017F;chädigt wieder zurück &#x017F;pediert.<lb/>
Ich finde mich &#x017F;ehr erquickt durch die Gegenwart um mich her und<lb/>
alles, was ihr vorging. &#x2014; Hier mit Dank Ihre drei Darlehn. &#x2014;<lb/>
Jetzt bedarf ich &#x017F;ehr Ihrer Belehrung, wie viel ich an meinem<lb n="15"/>
Antheil dem Fuhrmann zu bezahlen habe. &#x2014; Wir werden uns bald<lb/>
&#x017F;ehen.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>656. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 1. Juli 1812]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Guten Morgen, alter Geber! Und Dank! Nur i&#x017F;ts des Guten<lb n="20"/>
zu viel, da &#x017F;chon Gutes viel i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Der Kut&#x017F;cher foderte ge&#x017F;tern &#x017F;eine Bezahlung &#x2014; &#x017F;agte, <hi rendition="#aq">Uhlfelder</hi><lb/>
wäre <hi rendition="#g">ihm</hi> zu gefallen mit zurück gefahren &#x2014; und wollte mit Nichts<lb/>
recht heraus. Ich zankte, &#x017F;agte, höch&#x017F;tens ½ zahlte ich; und hatte<lb/>
&#x017F;chon ein Billet an Sie ge&#x017F;chrieben, als er &#x017F;agte, er wolle 7 fl. &#x2014;<lb n="25"/>
Sechs gab ich ihm. &#x2014; 32 kr. verzehrte er auf meine und <hi rendition="#aq">Seebecks</hi><lb/>
Rechnung in <hi rendition="#aq">Erlangen,</hi> welche ich einige Tage nach &#x017F;einer Abfahrt<lb/>
bezahlte, ohne <hi rendition="#aq">Seebeck</hi> etwas zu &#x017F;agen. Fahren thut er trefflich.<lb/>
&#x2014; Ich &#x017F;chreibe Ihnen dieß blos, damit ich nicht etwan gar als ein<lb/>
Schuldner <hi rendition="#aq">Uhlfelders</hi> er&#x017F;cheine.<lb n="30"/>
</p>
      </div>
      <div type="letter" n="1">
        <head>657. An <hi rendition="#g">Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 10. (?) Juli 1812]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Guten Morgen, Alter! <hi rendition="#g">Über&#x017F;ieh</hi> (in doppeltem Sinne) die&#x017F;e<lb/>
Kleinigkeiten für den Damenkalender. Zur ver&#x017F;prochnen Erzählung<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0297] bringe *). Man muß ſich nicht alles auf einmal vorſetzen. Man muß kleine Fehler zerſtören und ſich in dieſer Selbſtherrſchaft ge- fallen und einüben, ehe man größere wegtreibt; und doch iſt man bei allem dieſem nur erſt im Vorhofe des Allerheiligſten und kaum ge- rüſtet, um ſich auf einmal aus dem ganzen alten Adam zu häuten. 5 d. 23. — Leben Sie recht froh, Emanuel! Richter 655. An Emanuel. [Bayreuth, 29. Juni 1812] 10 Guten Morgen, Wiedererhaltner! Sie haben endlich Ihre Seelen-Fracht, nämlich mich, unbeſchädigt wieder zurück ſpediert. Ich finde mich ſehr erquickt durch die Gegenwart um mich her und alles, was ihr vorging. — Hier mit Dank Ihre drei Darlehn. — Jetzt bedarf ich ſehr Ihrer Belehrung, wie viel ich an meinem 15 Antheil dem Fuhrmann zu bezahlen habe. — Wir werden uns bald ſehen. 656. An Emanuel. [Bayreuth, 1. Juli 1812] Guten Morgen, alter Geber! Und Dank! Nur iſts des Guten 20 zu viel, da ſchon Gutes viel iſt. Der Kutſcher foderte geſtern ſeine Bezahlung — ſagte, Uhlfelder wäre ihm zu gefallen mit zurück gefahren — und wollte mit Nichts recht heraus. Ich zankte, ſagte, höchſtens ½ zahlte ich; und hatte ſchon ein Billet an Sie geſchrieben, als er ſagte, er wolle 7 fl. — 25 Sechs gab ich ihm. — 32 kr. verzehrte er auf meine und Seebecks Rechnung in Erlangen, welche ich einige Tage nach ſeiner Abfahrt bezahlte, ohne Seebeck etwas zu ſagen. Fahren thut er trefflich. — Ich ſchreibe Ihnen dieß blos, damit ich nicht etwan gar als ein Schuldner Uhlfelders erſcheine. 30 657. An Otto. [Bayreuth, 10. (?) Juli 1812] Guten Morgen, Alter! Überſieh (in doppeltem Sinne) dieſe Kleinigkeiten für den Damenkalender. Zur verſprochnen Erzählung *) ohne den geringſten Enthuſiaſmus. Die Vernunft wirkt länger als das Gefühl und erleichtert mehr, weil ſie bleibt, wenn dieſes geht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:17:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:17:09Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/297
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/297>, abgerufen am 27.04.2024.