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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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Brief zu den öffentlichen legen sollte, ward ich wegen des ästhetischen
Werths auf die eine Weise, und wegen der scherzhaften Foderungen
darin auf die andere zweifelhaft gemacht. Ich that daher beides,
machte zwei entgegengesetzte Blätter, wovon Sie gütig entweder das,
welches die Publizierung des Briefs voraussetzt und begleitet, oder das5
andere, das dessen Zurückhaltung ansagt, erwählen werden.*) Zu-
sätze hab' ich wie sich versteht, nicht gemacht; wer wird die ost-
indische Bank beschenken? Bloß einige Schreibfehler hab' ich nicht
zu Druckfehlern werden lassen; -- einmal hab' ich einen Einfall bloß
verpflanzt, den von den Ahnen ou anes.10

Nur über zwei Stellen muß ich Ihre große übergütige Erlaubniß,
zu ändern, in aller ihrer Stärke reklamieren. Die erste betrifft die
Königinn von Preußen, welche als eine Dame von solchem Werthe
durch einen Fürsten und zwar von solchem Geiste unmöglich ein
Gegenstand eines öffentlichen Scherzes sein darf, dieß noch abge-15
rechnet, daß ich persönlich der edeln Frau Verbindlichkeiten schuldig
bin. Der zweite Punkt betrifft den Dekan und die Fakultät. Erwägen
Sie, daß der Einfall eines Fürsten schon an und für sich durch die
Höhe, aus der er kommt, wie der Hagel stärker aufschlägt, daß vollends
ein witziger gar ein Blitz wird, der vernichtend herabfährt: so20
werden Sie nie diese Zerschmetterung eines unschuldigen Mannes,
der an meiner Dedikazion aus Ungeschmack "den Ton nicht ehr-
erbietig genug" fand, beschliessen können; eine erlaubte Brief-
Ergiessung würde sonst eine unerlaubte Sündfluth durch die Öffent-
lichkeit werden. Dasselbe gilt von Ihren Blitzen gegen die Fakultät,25
welche vom fürstlichen Nutritor öffentlich in die Welt geschleudert
durch Ihren Namen, durch ein ganzes Corpus und durch die Ver-
bindung der zwei andern Nutritoren ein unangenehmes Aufsehen
machen würden. Mein Gewissen so wie meine Liebe für Sie zwingen
mich, soviel auch Witz dabei untergehe -- was kann aber für Ihr30
Steinsalzbergwerk das Verkleiden einiger Salzsäulen sein? -- an Ihr
Fürstenwort, das mir die Auslassungen erlaubte, mich mit männ-
lichen Händen anzuhalten. Und wie Schade wäre es, wenn eine so
einzige Erscheinung, wie die Ihrige vor der Welt nicht in einem
reinen Blau, sondern hinter dem Gewölke der fremden Erbitterung35

*) Das eine ist mit Entweder, das andere mit Oder signiert.


Brief zu den öffentlichen legen ſollte, ward ich wegen des äſthetiſchen
Werths auf die eine Weiſe, und wegen der ſcherzhaften Foderungen
darin auf die andere zweifelhaft gemacht. Ich that daher beides,
machte zwei entgegengeſetzte Blätter, wovon Sie gütig entweder das,
welches die Publizierung des Briefs vorausſetzt und begleitet, oder das5
andere, das deſſen Zurückhaltung anſagt, erwählen werden.*) Zu-
ſätze hab’ ich wie ſich verſteht, nicht gemacht; wer wird die oſt-
indiſche Bank beſchenken? Bloß einige Schreibfehler hab’ ich nicht
zu Druckfehlern werden laſſen; — einmal hab’ ich einen Einfall bloß
verpflanzt, den von den Ahnen ou ânes.10

Nur über zwei Stellen muß ich Ihre große übergütige Erlaubniß,
zu ändern, in aller ihrer Stärke reklamieren. Die erſte betrifft die
Königinn von Preußen, welche als eine Dame von ſolchem Werthe
durch einen Fürſten und zwar von ſolchem Geiſte unmöglich ein
Gegenſtand eines öffentlichen Scherzes ſein darf, dieß noch abge-15
rechnet, daß ich perſönlich der edeln Frau Verbindlichkeiten ſchuldig
bin. Der zweite Punkt betrifft den Dekan und die Fakultät. Erwägen
Sie, daß der Einfall eines Fürſten ſchon an und für ſich durch die
Höhe, aus der er kommt, wie der Hagel ſtärker aufſchlägt, daß vollends
ein witziger gar ein Blitz wird, der vernichtend herabfährt: ſo20
werden Sie nie dieſe Zerſchmetterung eines unſchuldigen Mannes,
der an meiner Dedikazion aus Ungeſchmack „den Ton nicht ehr-
erbietig genug“ fand, beſchlieſſen können; eine erlaubte Brief-
Ergieſſung würde ſonſt eine unerlaubte Sündfluth durch die Öffent-
lichkeit werden. Daſſelbe gilt von Ihren Blitzen gegen die Fakultät,25
welche vom fürſtlichen Nutritor öffentlich in die Welt geſchleudert
durch Ihren Namen, durch ein ganzes Corpus und durch die Ver-
bindung der zwei andern Nutritoren ein unangenehmes Aufſehen
machen würden. Mein Gewiſſen ſo wie meine Liebe für Sie zwingen
mich, ſoviel auch Witz dabei untergehe — was kann aber für Ihr30
Steinſalzbergwerk das Verkleiden einiger Salzſäulen ſein? — an Ihr
Fürſtenwort, das mir die Auslaſſungen erlaubte, mich mit männ-
lichen Händen anzuhalten. Und wie Schade wäre es, wenn eine ſo
einzige Erſcheinung, wie die Ihrige vor der Welt nicht in einem
reinen Blau, ſondern hinter dem Gewölke der fremden Erbitterung35

*) Das eine iſt mit Entweder, das andere mit Oder ſigniert.
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[16/0024] Brief zu den öffentlichen legen ſollte, ward ich wegen des äſthetiſchen Werths auf die eine Weiſe, und wegen der ſcherzhaften Foderungen darin auf die andere zweifelhaft gemacht. Ich that daher beides, machte zwei entgegengeſetzte Blätter, wovon Sie gütig entweder das, welches die Publizierung des Briefs vorausſetzt und begleitet, oder das 5 andere, das deſſen Zurückhaltung anſagt, erwählen werden. *) Zu- ſätze hab’ ich wie ſich verſteht, nicht gemacht; wer wird die oſt- indiſche Bank beſchenken? Bloß einige Schreibfehler hab’ ich nicht zu Druckfehlern werden laſſen; — einmal hab’ ich einen Einfall bloß verpflanzt, den von den Ahnen ou ânes. 10 Nur über zwei Stellen muß ich Ihre große übergütige Erlaubniß, zu ändern, in aller ihrer Stärke reklamieren. Die erſte betrifft die Königinn von Preußen, welche als eine Dame von ſolchem Werthe durch einen Fürſten und zwar von ſolchem Geiſte unmöglich ein Gegenſtand eines öffentlichen Scherzes ſein darf, dieß noch abge- 15 rechnet, daß ich perſönlich der edeln Frau Verbindlichkeiten ſchuldig bin. Der zweite Punkt betrifft den Dekan und die Fakultät. Erwägen Sie, daß der Einfall eines Fürſten ſchon an und für ſich durch die Höhe, aus der er kommt, wie der Hagel ſtärker aufſchlägt, daß vollends ein witziger gar ein Blitz wird, der vernichtend herabfährt: ſo 20 werden Sie nie dieſe Zerſchmetterung eines unſchuldigen Mannes, der an meiner Dedikazion aus Ungeſchmack „den Ton nicht ehr- erbietig genug“ fand, beſchlieſſen können; eine erlaubte Brief- Ergieſſung würde ſonſt eine unerlaubte Sündfluth durch die Öffent- lichkeit werden. Daſſelbe gilt von Ihren Blitzen gegen die Fakultät, 25 welche vom fürſtlichen Nutritor öffentlich in die Welt geſchleudert durch Ihren Namen, durch ein ganzes Corpus und durch die Ver- bindung der zwei andern Nutritoren ein unangenehmes Aufſehen machen würden. Mein Gewiſſen ſo wie meine Liebe für Sie zwingen mich, ſoviel auch Witz dabei untergehe — was kann aber für Ihr 30 Steinſalzbergwerk das Verkleiden einiger Salzſäulen ſein? — an Ihr Fürſtenwort, das mir die Auslaſſungen erlaubte, mich mit männ- lichen Händen anzuhalten. Und wie Schade wäre es, wenn eine ſo einzige Erſcheinung, wie die Ihrige vor der Welt nicht in einem reinen Blau, ſondern hinter dem Gewölke der fremden Erbitterung 35 *) Das eine iſt mit Entweder, das andere mit Oder ſigniert.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/24>, abgerufen am 27.04.2024.