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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

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276. An Freiherrn von Münchhausen in Schmalkalden.
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Ein deutscher Deutsche. -- Ein Wort ein Man, aber nicht ein
Wort ein Autor; denn der Mensch giebt es, aber der Autor erfült
es. -- Jeder reine Enthusiasmus erntet, wenn auch nie so viel als er5
säete. Der Südwind (griechische Poesie) mus durch den Nordwind
gesünder werden, wie dieser durch jenen milder.

277. An Matzdorff.
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Der Fundamental- und Kapitalband. -- Der Kraus- und Kahlkopf.10

[168] 278. An Gleim.

Wie soll ich meinen Dank für das kostbare und überraschende Geschenk aus-
drüken, das Sie mir mit dem Bilde meiner Grosmutter machen? Wenn die
Schätzung des Werths dieser Gabe Ihnen genügt, so konnten Sie damit kein dank-15
bareres Herz beglücken. Jezt wünschte ich dem theuern Bilde Leben und Seele
geben zu können, damit meine Sie so sehr verehrende Grosmutter eine der höchsten
Freuden über das Grab hinaus empfinden könnte. Denn ich weis wie lebhaft
jedes Zeichen Ihrer Freundschaft, für sie wohlthätig, und über alles erfreuend
wirkte. Sie war ihr Stolz und das schönste Verhältnis ihrer alten Tage.20

Meinem Geschik das mich so wunderbar an die Seite eines von Ihnen so
geliebten Jüngers der Tugend und der Musen führte, danke ich den Gewinn Ihrer
Liebe. Diese Vorstellung wird mich nicht stolz werden laßen, denn ich selbst bin
unbedeutend, und indem Sie Ihm durch mich, wiederum beweisen wie werth Er
Ihnen ist -- verehre ich tiefer den hohen heiligen liebenden Geist, den ich einmal25
durch Seine Gestalt leuchten sehen möchte.

Ja ich wüßte nichts erhebenderes, als den Seegen über unser Leben der für lange
Zeiten wirken mus, von Ihrer Hand zu empfangen. Mein Mann geht mir in der
Ehrfurcht für Sie voran, auch Er wünscht mich einmal zu Ihnen führen zu können.

Unendlich weh hat es uns gethan, daß Ihr Auge seines Dienstes noch unfähig30
ist -- wie feierlich rührend ist diese Geduld bei dem Zaudern der Natur -- aber
die Hofnung der Genesung kann ein guter Geist nicht unerfült laßen! Und er gebe
Ihnen noch viele schöne Tage, und laße mich einmal meine Liebe und meine Ver-
ehrung lebhafter als durch Worte ausdrüken.

Caroline Richter.35

Ihr am 12. Mai abgeschiktes Tempelbild langte am 30ten an, und
darum unser Dank so spät vor Ihnen, geliebter Vater. Mein Titan,
auch ein Bild aus mehren Bildern, gieng auch am 12ten ab. -- Ihre

276. An Freiherrn von Münchhauſen in Schmalkalden.
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Ein deutſcher Deutſche. — Ein Wort ein Man, aber nicht ein
Wort ein Autor; denn der Menſch giebt es, aber der Autor erfült
es. — Jeder reine Enthuſiaſmus erntet, wenn auch nie ſo viel als er5
ſäete. Der Südwind (griechiſche Poeſie) mus durch den Nordwind
geſünder werden, wie dieſer durch jenen milder.

277. An Matzdorff.
[Kopie]

Der Fundamental- und Kapitalband. — Der Kraus- und Kahlkopf.10

[168] 278. An Gleim.

Wie ſoll ich meinen Dank für das koſtbare und überraſchende Geſchenk aus-
drüken, das Sie mir mit dem Bilde meiner Grosmutter machen? Wenn die
Schätzung des Werths dieſer Gabe Ihnen genügt, ſo konnten Sie damit kein dank-15
bareres Herz beglücken. Jezt wünſchte ich dem theuern Bilde Leben und Seele
geben zu können, damit meine Sie ſo ſehr verehrende Grosmutter eine der höchſten
Freuden über das Grab hinaus empfinden könnte. Denn ich weis wie lebhaft
jedes Zeichen Ihrer Freundſchaft, für ſie wohlthätig, und über alles erfreuend
wirkte. Sie war ihr Stolz und das ſchönſte Verhältnis ihrer alten Tage.20

Meinem Geſchik das mich ſo wunderbar an die Seite eines von Ihnen ſo
geliebten Jüngers der Tugend und der Muſen führte, danke ich den Gewinn Ihrer
Liebe. Dieſe Vorſtellung wird mich nicht ſtolz werden laßen, denn ich ſelbſt bin
unbedeutend, und indem Sie Ihm durch mich, wiederum beweiſen wie werth Er
Ihnen iſt — verehre ich tiefer den hohen heiligen liebenden Geiſt, den ich einmal25
durch Seine Geſtalt leuchten ſehen möchte.

Ja ich wüßte nichts erhebenderes, als den Seegen über unſer Leben der für lange
Zeiten wirken mus, von Ihrer Hand zu empfangen. Mein Mann geht mir in der
Ehrfurcht für Sie voran, auch Er wünſcht mich einmal zu Ihnen führen zu können.

Unendlich weh hat es uns gethan, daß Ihr Auge ſeines Dienſtes noch unfähig30
iſt — wie feierlich rührend iſt dieſe Geduld bei dem Zaudern der Natur — aber
die Hofnung der Geneſung kann ein guter Geiſt nicht unerfült laßen! Und er gebe
Ihnen noch viele ſchöne Tage, und laße mich einmal meine Liebe und meine Ver-
ehrung lebhafter als durch Worte ausdrüken.

Caroline Richter.35

Ihr am 12. Mai abgeſchiktes Tempelbild langte am 30ten an, und
darum unſer Dank ſo ſpät vor Ihnen, geliebter Vater. Mein Titan,
auch ein Bild aus mehren Bildern, gieng auch am 12ten ab. — Ihre

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[150/0157] 276. An Freiherrn von Münchhauſen in Schmalkalden. [Meiningen, 21. Mai 1802] Ein deutſcher Deutſche. — Ein Wort ein Man, aber nicht ein Wort ein Autor; denn der Menſch giebt es, aber der Autor erfült es. — Jeder reine Enthuſiaſmus erntet, wenn auch nie ſo viel als er 5 ſäete. Der Südwind (griechiſche Poeſie) mus durch den Nordwind geſünder werden, wie dieſer durch jenen milder. 277. An Matzdorff. [Meiningen, 21. Mai 1802] Der Fundamental- und Kapitalband. — Der Kraus- und Kahlkopf. 10 278. An Gleim. Meiningen den 30ten May 1802. Wie ſoll ich meinen Dank für das koſtbare und überraſchende Geſchenk aus- drüken, das Sie mir mit dem Bilde meiner Grosmutter machen? Wenn die Schätzung des Werths dieſer Gabe Ihnen genügt, ſo konnten Sie damit kein dank- 15 bareres Herz beglücken. Jezt wünſchte ich dem theuern Bilde Leben und Seele geben zu können, damit meine Sie ſo ſehr verehrende Grosmutter eine der höchſten Freuden über das Grab hinaus empfinden könnte. Denn ich weis wie lebhaft jedes Zeichen Ihrer Freundſchaft, für ſie wohlthätig, und über alles erfreuend wirkte. Sie war ihr Stolz und das ſchönſte Verhältnis ihrer alten Tage. 20 Meinem Geſchik das mich ſo wunderbar an die Seite eines von Ihnen ſo geliebten Jüngers der Tugend und der Muſen führte, danke ich den Gewinn Ihrer Liebe. Dieſe Vorſtellung wird mich nicht ſtolz werden laßen, denn ich ſelbſt bin unbedeutend, und indem Sie Ihm durch mich, wiederum beweiſen wie werth Er Ihnen iſt — verehre ich tiefer den hohen heiligen liebenden Geiſt, den ich einmal 25 durch Seine Geſtalt leuchten ſehen möchte. Ja ich wüßte nichts erhebenderes, als den Seegen über unſer Leben der für lange Zeiten wirken mus, von Ihrer Hand zu empfangen. Mein Mann geht mir in der Ehrfurcht für Sie voran, auch Er wünſcht mich einmal zu Ihnen führen zu können. Unendlich weh hat es uns gethan, daß Ihr Auge ſeines Dienſtes noch unfähig 30 iſt — wie feierlich rührend iſt dieſe Geduld bei dem Zaudern der Natur — aber die Hofnung der Geneſung kann ein guter Geiſt nicht unerfült laßen! Und er gebe Ihnen noch viele ſchöne Tage, und laße mich einmal meine Liebe und meine Ver- ehrung lebhafter als durch Worte ausdrüken. Caroline Richter. 35 Ihr am 12. Mai abgeſchiktes Tempelbild langte am 30ten an, und darum unſer Dank ſo ſpät vor Ihnen, geliebter Vater. Mein Titan, auch ein Bild aus mehren Bildern, gieng auch am 12ten ab. — Ihre

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/157>, abgerufen am 26.04.2024.