Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

Schlaghosen und Stiefeln wie Löscheimer ist sie
auf den hohen Schulen sehr ausgeartet.

Schwimmen darf man nicht an den
Turntagen mit den andern Turnübungen zugleich
treiben. Bei dieser Übung muß der Staat ein-
treten, weil sie Sicherheitsanstalten erfordert.
Fischer, Fährleute, Flußschiffer kann er
wohl zwingen, daß sie schwimmen lernen. Aber
sie mögen es aus Faulheit nicht üben, die sie
noch dazu mit Dummheit beschönigen: "Wenn
man dann ins Wasser fällt, muß man zu lange
ampeln, ehe man ertrinkt." Könnten die Fischer
noch schwimmen, so wären auch die Fischerste-
chen nicht fast gänzlich abgekommen. Würden
alle Sommer Schwimmlehrer (wozu die Hallo-
ren in Halle vortrefflich wären) durchs Land
vertheilt, so würden die Unglückslisten nichts von
Ertrunkenen melden, auch würden nicht so viele
Menschen in der Blüthe der Jahre an scheus-
lichen Krankheiten durch Nichtbaden sterben.
Ein Nichtschwimmer hat immer die Wasser-
scheu, und geht aus Angst mit dem Schmutz
der Haut, den er im Leben aufsammelt, jämmer-
lich zu Grabe.

Rei-

Schlaghoſen und Stiefeln wie Löſcheimer iſt ſie
auf den hohen Schulen ſehr ausgeartet.

Schwimmen darf man nicht an den
Turntagen mit den andern Turnübungen zugleich
treiben. Bei dieſer Übung muß der Staat ein-
treten, weil ſie Sicherheitsanſtalten erfordert.
Fiſcher, Fährleute, Flußſchiffer kann er
wohl zwingen, daß ſie ſchwimmen lernen. Aber
ſie mögen es aus Faulheit nicht üben, die ſie
noch dazu mit Dummheit beſchönigen: „Wenn
man dann ins Waſſer fällt, muß man zu lange
ampeln, ehe man ertrinkt.“ Könnten die Fiſcher
noch ſchwimmen, ſo wären auch die Fiſcherſte-
chen nicht faſt gänzlich abgekommen. Würden
alle Sommer Schwimmlehrer (wozu die Hallo-
ren in Halle vortrefflich wären) durchs Land
vertheilt, ſo würden die Unglücksliſten nichts von
Ertrunkenen melden, auch würden nicht ſo viele
Menſchen in der Blüthe der Jahre an ſcheus-
lichen Krankheiten durch Nichtbaden ſterben.
Ein Nichtſchwimmer hat immer die Waſſer-
ſcheu, und geht aus Angſt mit dem Schmutz
der Haut, den er im Leben aufſammelt, jämmer-
lich zu Grabe.

Rei-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0021" n="XV"/>
Schlagho&#x017F;en und Stiefeln wie Lö&#x017F;cheimer i&#x017F;t &#x017F;ie<lb/>
auf den hohen Schulen &#x017F;ehr ausgeartet.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Schwimmen</hi> darf man nicht an den<lb/>
Turntagen mit den andern Turnübungen zugleich<lb/>
treiben. Bei die&#x017F;er Übung muß der Staat ein-<lb/>
treten, weil &#x017F;ie Sicherheitsan&#x017F;talten erfordert.<lb/><hi rendition="#g">Fi&#x017F;cher, Fährleute, Fluß&#x017F;chiffer</hi> kann er<lb/>
wohl zwingen, daß &#x017F;ie &#x017F;chwimmen lernen. Aber<lb/>
&#x017F;ie mögen es aus Faulheit nicht üben, die &#x017F;ie<lb/>
noch dazu mit Dummheit be&#x017F;chönigen: &#x201E;Wenn<lb/>
man dann ins Wa&#x017F;&#x017F;er fällt, muß man zu <choice><sic>lauge</sic><corr>lange</corr></choice><lb/><hi rendition="#g">ampeln</hi>, ehe man ertrinkt.&#x201C; Könnten die Fi&#x017F;cher<lb/>
noch &#x017F;chwimmen, &#x017F;o wären auch die Fi&#x017F;cher&#x017F;te-<lb/>
chen nicht fa&#x017F;t gänzlich abgekommen. Würden<lb/>
alle Sommer Schwimmlehrer (wozu die Hallo-<lb/>
ren in Halle vortrefflich wären) durchs Land<lb/>
vertheilt, &#x017F;o würden die Unglücksli&#x017F;ten nichts von<lb/>
Ertrunkenen melden, auch würden nicht &#x017F;o viele<lb/>
Men&#x017F;chen in der Blüthe der Jahre an &#x017F;cheus-<lb/>
lichen Krankheiten durch Nichtbaden &#x017F;terben.<lb/>
Ein Nicht&#x017F;chwimmer hat immer die Wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
&#x017F;cheu, und geht aus Ang&#x017F;t mit dem Schmutz<lb/>
der Haut, den er im Leben auf&#x017F;ammelt, jämmer-<lb/>
lich zu Grabe.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#g">Rei-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XV/0021] Schlaghoſen und Stiefeln wie Löſcheimer iſt ſie auf den hohen Schulen ſehr ausgeartet. Schwimmen darf man nicht an den Turntagen mit den andern Turnübungen zugleich treiben. Bei dieſer Übung muß der Staat ein- treten, weil ſie Sicherheitsanſtalten erfordert. Fiſcher, Fährleute, Flußſchiffer kann er wohl zwingen, daß ſie ſchwimmen lernen. Aber ſie mögen es aus Faulheit nicht üben, die ſie noch dazu mit Dummheit beſchönigen: „Wenn man dann ins Waſſer fällt, muß man zu lange ampeln, ehe man ertrinkt.“ Könnten die Fiſcher noch ſchwimmen, ſo wären auch die Fiſcherſte- chen nicht faſt gänzlich abgekommen. Würden alle Sommer Schwimmlehrer (wozu die Hallo- ren in Halle vortrefflich wären) durchs Land vertheilt, ſo würden die Unglücksliſten nichts von Ertrunkenen melden, auch würden nicht ſo viele Menſchen in der Blüthe der Jahre an ſcheus- lichen Krankheiten durch Nichtbaden ſterben. Ein Nichtſchwimmer hat immer die Waſſer- ſcheu, und geht aus Angſt mit dem Schmutz der Haut, den er im Leben aufſammelt, jämmer- lich zu Grabe. Rei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/21
Zitationshilfe: Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. XV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/21>, abgerufen am 26.04.2024.