Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

solches in einer Familie geben, und wie
viele der heiligsten Pflichten hierbey in die
größte Gefahr kommen würden. Jch
glaube daher, daß die Verhütung auch
dieser Unordnung eine Absicht obiger Ge-
setze sey. Um noch durch ein Exempel zu
zeigen, wie schlecht und nachtheilig es seyn
würde, wenn Eltern, um solche Heirathen
eingehen zu können, auf die Ehrerbietung
und Unterthänigkeit, so ihnen die Kinder
schuldig sind, Verzicht thun wollten, so
gedenke man sich einen Gerichtshalter auf
einem grossen Dorfe, der auf die ihm schul-
dige Ehrerbietung der Unterthanen in gewis-
ser Absicht Verzicht thun, und alle Sonntage
mit den Bauern in die Schenke gehen, mit
ihnen trinken und in Karten spielen wollte.
Würden wir dieses als eine gleichgültige
Sache ansehen? Oder würde man es für
eine gleichgültige Sache halten, wenn ein
Amtmann ein hübsches, derbes Bauer-
mädgen, aus dem ihm anvertrauten Am-
te heirathete? Würden höhere Obern ihn
an einem solchen Orte als einen Amtmann
lassen?

§. 17.

Bey dem folgenden Gesetze, in wel-Warum
niemand
seine Stief-
mutter hei-
rathen soll?
chem verbothen wird, nach unserer Art zu
reden, einer Stiefmutter beyzuwohnen,
wird die Ursache des Gesetzes ganz anders
ausgedruckt, und ich glaube daher auch

nicht,
Jac. Betr. 4. Band. A a

ſolches in einer Familie geben, und wie
viele der heiligſten Pflichten hierbey in die
groͤßte Gefahr kommen wuͤrden. Jch
glaube daher, daß die Verhuͤtung auch
dieſer Unordnung eine Abſicht obiger Ge-
ſetze ſey. Um noch durch ein Exempel zu
zeigen, wie ſchlecht und nachtheilig es ſeyn
wuͤrde, wenn Eltern, um ſolche Heirathen
eingehen zu koͤnnen, auf die Ehrerbietung
und Unterthaͤnigkeit, ſo ihnen die Kinder
ſchuldig ſind, Verzicht thun wollten, ſo
gedenke man ſich einen Gerichtshalter auf
einem groſſen Dorfe, der auf die ihm ſchul-
dige Ehrerbietung der Unterthanen in gewiſ-
ſer Abſicht Verzicht thun, und alle Sonntage
mit den Bauern in die Schenke gehen, mit
ihnen trinken und in Karten ſpielen wollte.
Wuͤrden wir dieſes als eine gleichguͤltige
Sache anſehen? Oder wuͤrde man es fuͤr
eine gleichguͤltige Sache halten, wenn ein
Amtmann ein huͤbſches, derbes Bauer-
maͤdgen, aus dem ihm anvertrauten Am-
te heirathete? Wuͤrden hoͤhere Obern ihn
an einem ſolchen Orte als einen Amtmann
laſſen?

§. 17.

Bey dem folgenden Geſetze, in wel-Warum
niemand
ſeine Stief-
mutter hei-
rathen ſoll?
chem verbothen wird, nach unſerer Art zu
reden, einer Stiefmutter beyzuwohnen,
wird die Urſache des Geſetzes ganz anders
ausgedruckt, und ich glaube daher auch

nicht,
Jac. Betr. 4. Band. A a
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0389" n="369"/>
&#x017F;olches in einer Familie geben, und wie<lb/>
viele der heilig&#x017F;ten Pflichten hierbey in die<lb/>
gro&#x0364;ßte Gefahr kommen wu&#x0364;rden. Jch<lb/>
glaube daher, daß die Verhu&#x0364;tung auch<lb/>
die&#x017F;er Unordnung eine Ab&#x017F;icht obiger Ge-<lb/>
&#x017F;etze &#x017F;ey. Um noch durch ein Exempel zu<lb/>
zeigen, wie &#x017F;chlecht und nachtheilig es &#x017F;eyn<lb/>
wu&#x0364;rde, wenn Eltern, um &#x017F;olche Heirathen<lb/>
eingehen zu ko&#x0364;nnen, auf die Ehrerbietung<lb/>
und Untertha&#x0364;nigkeit, &#x017F;o ihnen die Kinder<lb/>
&#x017F;chuldig &#x017F;ind, Verzicht thun wollten, &#x017F;o<lb/>
gedenke man &#x017F;ich einen Gerichtshalter auf<lb/>
einem gro&#x017F;&#x017F;en Dorfe, der auf die ihm &#x017F;chul-<lb/>
dige Ehrerbietung der Unterthanen in gewi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er Ab&#x017F;icht Verzicht thun, und alle Sonntage<lb/>
mit den Bauern in die Schenke gehen, mit<lb/>
ihnen trinken und in Karten &#x017F;pielen wollte.<lb/>
Wu&#x0364;rden wir die&#x017F;es als eine gleichgu&#x0364;ltige<lb/>
Sache an&#x017F;ehen? Oder wu&#x0364;rde man es fu&#x0364;r<lb/>
eine gleichgu&#x0364;ltige Sache halten, wenn ein<lb/>
Amtmann ein hu&#x0364;b&#x017F;ches, derbes Bauer-<lb/>
ma&#x0364;dgen, aus dem ihm anvertrauten Am-<lb/>
te heirathete? Wu&#x0364;rden ho&#x0364;here Obern ihn<lb/>
an einem &#x017F;olchen Orte als einen Amtmann<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en?</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 17.</head><lb/>
          <p>Bey dem folgenden Ge&#x017F;etze, in wel-<note place="right">Warum<lb/>
niemand<lb/>
&#x017F;eine Stief-<lb/>
mutter hei-<lb/>
rathen &#x017F;oll?</note><lb/>
chem verbothen wird, nach un&#x017F;erer Art zu<lb/>
reden, einer Stiefmutter beyzuwohnen,<lb/>
wird die Ur&#x017F;ache des Ge&#x017F;etzes ganz anders<lb/>
ausgedruckt, und ich glaube daher auch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Jac. Betr. 4. Band. A a</fw><fw place="bottom" type="catch">nicht,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[369/0389] ſolches in einer Familie geben, und wie viele der heiligſten Pflichten hierbey in die groͤßte Gefahr kommen wuͤrden. Jch glaube daher, daß die Verhuͤtung auch dieſer Unordnung eine Abſicht obiger Ge- ſetze ſey. Um noch durch ein Exempel zu zeigen, wie ſchlecht und nachtheilig es ſeyn wuͤrde, wenn Eltern, um ſolche Heirathen eingehen zu koͤnnen, auf die Ehrerbietung und Unterthaͤnigkeit, ſo ihnen die Kinder ſchuldig ſind, Verzicht thun wollten, ſo gedenke man ſich einen Gerichtshalter auf einem groſſen Dorfe, der auf die ihm ſchul- dige Ehrerbietung der Unterthanen in gewiſ- ſer Abſicht Verzicht thun, und alle Sonntage mit den Bauern in die Schenke gehen, mit ihnen trinken und in Karten ſpielen wollte. Wuͤrden wir dieſes als eine gleichguͤltige Sache anſehen? Oder wuͤrde man es fuͤr eine gleichguͤltige Sache halten, wenn ein Amtmann ein huͤbſches, derbes Bauer- maͤdgen, aus dem ihm anvertrauten Am- te heirathete? Wuͤrden hoͤhere Obern ihn an einem ſolchen Orte als einen Amtmann laſſen? §. 17. Bey dem folgenden Geſetze, in wel- chem verbothen wird, nach unſerer Art zu reden, einer Stiefmutter beyzuwohnen, wird die Urſache des Geſetzes ganz anders ausgedruckt, und ich glaube daher auch nicht, Warum niemand ſeine Stief- mutter hei- rathen ſoll? Jac. Betr. 4. Band. A a

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/389
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/389>, abgerufen am 20.11.2024.