Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





und über alle masse wichtig. Es können
viele nicht begreiffen, wie im Himmel ein
so hoher Grad der Freude seyn soll, da
ihnen doch gesagt wird, daß sie dorten den
Wein und niedliche Bißgen nicht mehr
schmecken, keine Frauens-Person auf eine
fleischliche Arth berühren und das Klap-
pern der Würffel nicht mehr hören wer-
den. Jch muß also darthun, daß auch
ausser diesen Dingen ein hoher Grad des
Vergnügens möglich sey. Es wird dieses
mit desto grösserer Uberzeugung geschehen
können, wenn wir zuvor erwegen, was
uns in dieser Welt das mehreste und grös-
seste Vergnügen giebet, und was es mit
demselben vor eine Beschaffenheit habe.

§. 19.
Alles
Vergnü-
gen ent-
stehet
durch ge-
wisse Vor.
stellun-
gen.

Alles Vergnügen dieser Welt wird in
unser Seele durch Empfindungen und an-
dere Vorstellungen erwecket. Wir gehen
in einen schönen Garten, und alsbald em-
pfindet unsere Seele eine Freude. Wo-
her kommt selbige? Wir nehmen in dem-
selben schöne Gewächse, künstliche Statü-
en, rauschende Fontainen, schattigte Spa-
tzier-Gänge und andere dergleichen Dinge
wahr, wir bemercken auch die Ordnung

der-





und uͤber alle maſſe wichtig. Es koͤnnen
viele nicht begreiffen, wie im Himmel ein
ſo hoher Grad der Freude ſeyn ſoll, da
ihnen doch geſagt wird, daß ſie dorten den
Wein und niedliche Bißgen nicht mehr
ſchmecken, keine Frauens-Perſon auf eine
fleiſchliche Arth beruͤhren und das Klap-
pern der Wuͤrffel nicht mehr hoͤren wer-
den. Jch muß alſo darthun, daß auch
auſſer dieſen Dingen ein hoher Grad des
Vergnuͤgens moͤglich ſey. Es wird dieſes
mit deſto groͤſſerer Uberzeugung geſchehen
koͤnnen, wenn wir zuvor erwegen, was
uns in dieſer Welt das mehreſte und groͤſ-
ſeſte Vergnuͤgen giebet, und was es mit
demſelben vor eine Beſchaffenheit habe.

§. 19.
Alles
Vergnuͤ-
gen ent-
ſtehet
durch ge-
wiſſe Vor.
ſtellun-
gen.

Alles Vergnuͤgen dieſer Welt wird in
unſer Seele durch Empfindungen und an-
dere Vorſtellungen erwecket. Wir gehen
in einen ſchoͤnen Garten, und alsbald em-
pfindet unſere Seele eine Freude. Wo-
her kommt ſelbige? Wir nehmen in dem-
ſelben ſchoͤne Gewaͤchſe, kuͤnſtliche Statuͤ-
en, rauſchende Fontainen, ſchattigte Spa-
tzier-Gaͤnge und andere dergleichen Dinge
wahr, wir bemercken auch die Ordnung

der-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0172" n="140[136]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
und u&#x0364;ber alle ma&#x017F;&#x017F;e wichtig. Es ko&#x0364;nnen<lb/>
viele nicht begreiffen, wie im Himmel ein<lb/>
&#x017F;o hoher Grad der Freude &#x017F;eyn &#x017F;oll, da<lb/>
ihnen doch ge&#x017F;agt wird, daß &#x017F;ie dorten den<lb/>
Wein und niedliche Bißgen nicht mehr<lb/>
&#x017F;chmecken, keine Frauens-Per&#x017F;on auf eine<lb/>
flei&#x017F;chliche Arth beru&#x0364;hren und das Klap-<lb/>
pern der Wu&#x0364;rffel nicht mehr ho&#x0364;ren wer-<lb/>
den. Jch muß al&#x017F;o darthun, daß auch<lb/>
au&#x017F;&#x017F;er die&#x017F;en Dingen ein hoher Grad des<lb/>
Vergnu&#x0364;gens mo&#x0364;glich &#x017F;ey. Es wird die&#x017F;es<lb/>
mit de&#x017F;to gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erer Uberzeugung ge&#x017F;chehen<lb/>
ko&#x0364;nnen, wenn wir zuvor erwegen, was<lb/>
uns in die&#x017F;er Welt das mehre&#x017F;te und gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e&#x017F;te Vergnu&#x0364;gen giebet, und was es mit<lb/>
dem&#x017F;elben vor eine Be&#x017F;chaffenheit habe.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 19.</head><lb/>
            <note place="left">Alles<lb/>
Vergnu&#x0364;-<lb/>
gen ent-<lb/>
&#x017F;tehet<lb/>
durch ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e Vor.<lb/>
&#x017F;tellun-<lb/>
gen.</note>
            <p>Alles Vergnu&#x0364;gen die&#x017F;er Welt wird in<lb/>
un&#x017F;er Seele durch Empfindungen und an-<lb/>
dere Vor&#x017F;tellungen erwecket. Wir gehen<lb/>
in einen &#x017F;cho&#x0364;nen Garten, und alsbald em-<lb/>
pfindet un&#x017F;ere Seele eine Freude. Wo-<lb/>
her kommt &#x017F;elbige? Wir nehmen in dem-<lb/>
&#x017F;elben &#x017F;cho&#x0364;ne Gewa&#x0364;ch&#x017F;e, ku&#x0364;n&#x017F;tliche Statu&#x0364;-<lb/>
en, rau&#x017F;chende Fontainen, &#x017F;chattigte Spa-<lb/>
tzier-Ga&#x0364;nge und andere dergleichen Dinge<lb/>
wahr, wir bemercken auch die Ordnung<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140[136]/0172] und uͤber alle maſſe wichtig. Es koͤnnen viele nicht begreiffen, wie im Himmel ein ſo hoher Grad der Freude ſeyn ſoll, da ihnen doch geſagt wird, daß ſie dorten den Wein und niedliche Bißgen nicht mehr ſchmecken, keine Frauens-Perſon auf eine fleiſchliche Arth beruͤhren und das Klap- pern der Wuͤrffel nicht mehr hoͤren wer- den. Jch muß alſo darthun, daß auch auſſer dieſen Dingen ein hoher Grad des Vergnuͤgens moͤglich ſey. Es wird dieſes mit deſto groͤſſerer Uberzeugung geſchehen koͤnnen, wenn wir zuvor erwegen, was uns in dieſer Welt das mehreſte und groͤſ- ſeſte Vergnuͤgen giebet, und was es mit demſelben vor eine Beſchaffenheit habe. §. 19. Alles Vergnuͤgen dieſer Welt wird in unſer Seele durch Empfindungen und an- dere Vorſtellungen erwecket. Wir gehen in einen ſchoͤnen Garten, und alsbald em- pfindet unſere Seele eine Freude. Wo- her kommt ſelbige? Wir nehmen in dem- ſelben ſchoͤne Gewaͤchſe, kuͤnſtliche Statuͤ- en, rauſchende Fontainen, ſchattigte Spa- tzier-Gaͤnge und andere dergleichen Dinge wahr, wir bemercken auch die Ordnung der-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/172
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 140[136]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/172>, abgerufen am 21.12.2024.