Göttliche Weissagungen sind ein Un-Unter- schied zu- künfftiger Dinge. terricht von zukünfftigen Dingen, wel- chen GOtt den Menschen vermöge seiner unendlichen Gütigkeit zu geben pfleget, wenn die Wissenschafft der zukünfftigen Dinge einen besondern Einfluß in ihre Glückseligkeit hat. Diese zukünfftige Din- ge aber sind von verschiedener Arth. Ei- nige kommen her von dem freyen Willen desjenigen, dem die Weissagungen gege- ben und von welchem sie als göttlich ange- nommen werden; Andere aber haben ih- ren Grund gantz ausser demselben, so daß sie durch diesen freyen Willen nicht wohl können geändert werden, sondern kommen, wenn sie der Mensch, über welchen sie aus weisen Ursachen verhänget sind, auch gleich zu hindern sucht. Beide Arthen will durch ein Exempel erläutern und bestätigen. Die Hinrichtung des Heylandes war eine sol- che Sache, die von den Propheten verkün- diget wurde, und von der Juden freyen Willen gantz allein abhieng. Es war ausser ihrer verstockten Bosheit nichts, wel- ches sie darzu genöthiget hätte. Von gantz anderer Arth aber war die Babylonische
Ge-
E 2
§. 4.
Goͤttliche Weiſſagungen ſind ein Un-Unter- ſchied zu- kuͤnfftiger Dinge. terricht von zukuͤnfftigen Dingen, wel- chen GOtt den Menſchen vermoͤge ſeiner unendlichen Guͤtigkeit zu geben pfleget, wenn die Wiſſenſchafft der zukuͤnfftigen Dinge einen beſondern Einfluß in ihre Gluͤckſeligkeit hat. Dieſe zukuͤnfftige Din- ge aber ſind von verſchiedener Arth. Ei- nige kommen her von dem freyen Willen desjenigen, dem die Weiſſagungen gege- ben und von welchem ſie als goͤttlich ange- nommen werden; Andere aber haben ih- ren Grund gantz auſſer demſelben, ſo daß ſie durch dieſen freyen Willen nicht wohl koͤnnen geaͤndert werden, ſondern kommen, wenn ſie der Menſch, uͤber welchen ſie aus weiſen Urſachen verhaͤnget ſind, auch gleich zu hindern ſucht. Beide Arthen will durch ein Exempel erlaͤutern und beſtaͤtigen. Die Hinrichtung des Heylandes war eine ſol- che Sache, die von den Propheten verkuͤn- diget wurde, und von der Juden freyen Willen gantz allein abhieng. Es war auſſer ihrer verſtockten Bosheit nichts, wel- ches ſie darzu genoͤthiget haͤtte. Von gantz anderer Arth aber war die Babyloniſche
Ge-
E 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0103"n="67"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="3"><head>§. 4.</head><lb/><p>Goͤttliche Weiſſagungen ſind ein Un-<noteplace="right">Unter-<lb/>ſchied zu-<lb/>
kuͤnfftiger<lb/>
Dinge.</note><lb/>
terricht von zukuͤnfftigen Dingen, wel-<lb/>
chen GOtt den Menſchen vermoͤge ſeiner<lb/>
unendlichen Guͤtigkeit zu geben pfleget,<lb/>
wenn die Wiſſenſchafft der zukuͤnfftigen<lb/>
Dinge einen beſondern Einfluß in ihre<lb/>
Gluͤckſeligkeit hat. Dieſe zukuͤnfftige Din-<lb/>
ge aber ſind von verſchiedener Arth. Ei-<lb/>
nige kommen her von dem freyen Willen<lb/>
desjenigen, dem die Weiſſagungen gege-<lb/>
ben und von welchem ſie als goͤttlich ange-<lb/>
nommen werden; Andere aber haben ih-<lb/>
ren Grund gantz auſſer demſelben, ſo daß<lb/>ſie durch dieſen freyen Willen nicht wohl<lb/>
koͤnnen geaͤndert werden, ſondern kommen,<lb/>
wenn ſie der Menſch, uͤber welchen ſie aus<lb/>
weiſen Urſachen verhaͤnget ſind, auch gleich<lb/>
zu hindern ſucht. Beide Arthen will durch<lb/>
ein Exempel erlaͤutern und beſtaͤtigen. Die<lb/>
Hinrichtung des Heylandes war eine ſol-<lb/>
che Sache, die von den Propheten verkuͤn-<lb/>
diget wurde, und von der Juden freyen<lb/>
Willen gantz allein abhieng. Es war<lb/>
auſſer ihrer verſtockten Bosheit nichts, wel-<lb/>
ches ſie darzu genoͤthiget haͤtte. Von gantz<lb/>
anderer Arth aber war die Babyloniſche<lb/><fwplace="bottom"type="sig">E 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Ge-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[67/0103]
§. 4.
Goͤttliche Weiſſagungen ſind ein Un-
terricht von zukuͤnfftigen Dingen, wel-
chen GOtt den Menſchen vermoͤge ſeiner
unendlichen Guͤtigkeit zu geben pfleget,
wenn die Wiſſenſchafft der zukuͤnfftigen
Dinge einen beſondern Einfluß in ihre
Gluͤckſeligkeit hat. Dieſe zukuͤnfftige Din-
ge aber ſind von verſchiedener Arth. Ei-
nige kommen her von dem freyen Willen
desjenigen, dem die Weiſſagungen gege-
ben und von welchem ſie als goͤttlich ange-
nommen werden; Andere aber haben ih-
ren Grund gantz auſſer demſelben, ſo daß
ſie durch dieſen freyen Willen nicht wohl
koͤnnen geaͤndert werden, ſondern kommen,
wenn ſie der Menſch, uͤber welchen ſie aus
weiſen Urſachen verhaͤnget ſind, auch gleich
zu hindern ſucht. Beide Arthen will durch
ein Exempel erlaͤutern und beſtaͤtigen. Die
Hinrichtung des Heylandes war eine ſol-
che Sache, die von den Propheten verkuͤn-
diget wurde, und von der Juden freyen
Willen gantz allein abhieng. Es war
auſſer ihrer verſtockten Bosheit nichts, wel-
ches ſie darzu genoͤthiget haͤtte. Von gantz
anderer Arth aber war die Babyloniſche
Ge-
Unter-
ſchied zu-
kuͤnfftiger
Dinge.
E 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/103>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.