Sonnabend, den 11ten März, Morgens um halb sieben.
Gestern Nachmittag kamen Eduard, der Herr von Kambeck und ein Offizier, den Du nicht kennst, und entführten meinen Clerdon nach Born, wohin diesen Morgen eine Kuppel Englischer Pferde kommt. Dem guten Cler- don war es gar nicht darum zu thun; aber Du weißt, wie er sich beschwatzen läßt. -- Also bin ich jetzt allein mit meinem Caffee, und in der betrübten Lage, alles Fette der Milch in meine eigene Tasse schöpfen zu müs- sen. Ich fieng an zu lesen; aber schon auf der zweyten Seite gieng mir dies und jenes durch den Kopf, das mit Dir zu schaffen hatte; ich konnte der Zerstreuung nicht wehren, und legte das Buch weg. Liebe Sylli! der Him- mel ist nicht heiter, und dies ist Schuld, daß mein Cabinet weniger schön ist. Ich habe ein
VII. Amalia an Sylli.
Sonnabend, den 11ten Maͤrz, Morgens um halb ſieben.
Geſtern Nachmittag kamen Eduard, der Herr von Kambeck und ein Offizier, den Du nicht kennſt, und entfuͤhrten meinen Clerdon nach Born, wohin dieſen Morgen eine Kuppel Engliſcher Pferde kommt. Dem guten Cler- don war es gar nicht darum zu thun; aber Du weißt, wie er ſich beſchwatzen laͤßt. — Alſo bin ich jetzt allein mit meinem Caffee, und in der betruͤbten Lage, alles Fette der Milch in meine eigene Taſſe ſchoͤpfen zu muͤſ- ſen. Ich fieng an zu leſen; aber ſchon auf der zweyten Seite gieng mir dies und jenes durch den Kopf, das mit Dir zu ſchaffen hatte; ich konnte der Zerſtreuung nicht wehren, und legte das Buch weg. Liebe Sylli! der Him- mel iſt nicht heiter, und dies iſt Schuld, daß mein Cabinet weniger ſchoͤn iſt. Ich habe ein
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VII.
Amalia an Sylli.
Sonnabend, den 11ten Maͤrz,
Morgens um halb ſieben.
Geſtern Nachmittag kamen Eduard, der
Herr von Kambeck und ein Offizier, den Du
nicht kennſt, und entfuͤhrten meinen Clerdon
nach Born, wohin dieſen Morgen eine Kuppel
Engliſcher Pferde kommt. Dem guten Cler-
don war es gar nicht darum zu thun; aber
Du weißt, wie er ſich beſchwatzen laͤßt. —
Alſo bin ich jetzt allein mit meinem Caffee,
und in der betruͤbten Lage, alles Fette der
Milch in meine eigene Taſſe ſchoͤpfen zu muͤſ-
ſen. Ich fieng an zu leſen; aber ſchon auf
der zweyten Seite gieng mir dies und jenes
durch den Kopf, das mit Dir zu ſchaffen hatte;
ich konnte der Zerſtreuung nicht wehren, und
legte das Buch weg. Liebe Sylli! der Him-
mel iſt nicht heiter, und dies iſt Schuld, daß
mein Cabinet weniger ſchoͤn iſt. Ich habe ein
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/84>, abgerufen am 21.11.2024.
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