Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

woran ich mich in Ruhe und Stille hier wie
angelehnt fühle? Es ist mir gegenwärtig; aber
es stellt sich mir nicht dar, ich habe kein Bild
davon -- sondern nur in Worten, in Worten
vom unaussprechlich Schönen, Heiligen und
Guten hergenommen, darin giebt es wie ein
Zeichen von sich. Angeschmiegt an dies Un-
sichtbare mit allen meinen Gefühlen, so habe
ichs, so halte ichs; es umfaßt, trägt und hebt
mich. Sieh, es stürzen mir Thränen aus den
Augen, und gewiß ist doch kein Zug des Wei-
nens in meinem Gesicht; alle meine Züge müs-
sen Heiterkeit aussagen; denn es umgiebt, es
erfüllt mich die lauterste Wonne.

Laß mich, Du Holde, Liebe! laß mich an
dieser Stelle dem Morgen entgegen schlummern.
Ruhe sanft!


Guten Morgen, Amalia! guten Morgen,
Schwester! Ich sinne auf neue Namen, auf

neue

woran ich mich in Ruhe und Stille hier wie
angelehnt fuͤhle? Es iſt mir gegenwaͤrtig; aber
es ſtellt ſich mir nicht dar, ich habe kein Bild
davon — ſondern nur in Worten, in Worten
vom unausſprechlich Schoͤnen, Heiligen und
Guten hergenommen, darin giebt es wie ein
Zeichen von ſich. Angeſchmiegt an dies Un-
ſichtbare mit allen meinen Gefuͤhlen, ſo habe
ichs, ſo halte ichs; es umfaßt, traͤgt und hebt
mich. Sieh, es ſtuͤrzen mir Thraͤnen aus den
Augen, und gewiß iſt doch kein Zug des Wei-
nens in meinem Geſicht; alle meine Zuͤge muͤſ-
ſen Heiterkeit ausſagen; denn es umgiebt, es
erfuͤllt mich die lauterſte Wonne.

Laß mich, Du Holde, Liebe! laß mich an
dieſer Stelle dem Morgen entgegen ſchlummern.
Ruhe ſanft!


Guten Morgen, Amalia! guten Morgen,
Schweſter! Ich ſinne auf neue Namen, auf

neue
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div>
            <p><pb facs="#f0246" n="208"/>
woran ich mich in Ruhe und Stille hier wie<lb/>
angelehnt fu&#x0364;hle? Es i&#x017F;t mir gegenwa&#x0364;rtig; aber<lb/>
es &#x017F;tellt &#x017F;ich mir nicht dar, ich habe kein Bild<lb/>
davon &#x2014; &#x017F;ondern nur in Worten, in Worten<lb/>
vom unaus&#x017F;prechlich Scho&#x0364;nen, Heiligen und<lb/>
Guten hergenommen, darin giebt es wie ein<lb/>
Zeichen von &#x017F;ich. Ange&#x017F;chmiegt an dies Un-<lb/>
&#x017F;ichtbare mit allen meinen Gefu&#x0364;hlen, &#x017F;o habe<lb/>
ichs, &#x017F;o halte ichs; es umfaßt, tra&#x0364;gt und hebt<lb/>
mich. Sieh, es &#x017F;tu&#x0364;rzen mir Thra&#x0364;nen aus den<lb/>
Augen, und gewiß i&#x017F;t doch kein Zug des Wei-<lb/>
nens in meinem Ge&#x017F;icht; alle meine Zu&#x0364;ge mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Heiterkeit aus&#x017F;agen; denn es umgiebt, es<lb/>
erfu&#x0364;llt mich die lauter&#x017F;te Wonne.</p><lb/>
            <p>Laß mich, Du Holde, Liebe! laß mich an<lb/>
die&#x017F;er Stelle dem Morgen entgegen &#x017F;chlummern.<lb/>
Ruhe &#x017F;anft!</p>
          </div><lb/>
          <div>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 26ten.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Guten Morgen, Amalia! guten Morgen,<lb/>
Schwe&#x017F;ter! Ich &#x017F;inne auf neue Namen, auf<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">neue</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0246] woran ich mich in Ruhe und Stille hier wie angelehnt fuͤhle? Es iſt mir gegenwaͤrtig; aber es ſtellt ſich mir nicht dar, ich habe kein Bild davon — ſondern nur in Worten, in Worten vom unausſprechlich Schoͤnen, Heiligen und Guten hergenommen, darin giebt es wie ein Zeichen von ſich. Angeſchmiegt an dies Un- ſichtbare mit allen meinen Gefuͤhlen, ſo habe ichs, ſo halte ichs; es umfaßt, traͤgt und hebt mich. Sieh, es ſtuͤrzen mir Thraͤnen aus den Augen, und gewiß iſt doch kein Zug des Wei- nens in meinem Geſicht; alle meine Zuͤge muͤſ- ſen Heiterkeit ausſagen; denn es umgiebt, es erfuͤllt mich die lauterſte Wonne. Laß mich, Du Holde, Liebe! laß mich an dieſer Stelle dem Morgen entgegen ſchlummern. Ruhe ſanft! Den 26ten. Guten Morgen, Amalia! guten Morgen, Schweſter! Ich ſinne auf neue Namen, auf neue

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/246
Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/246>, abgerufen am 21.12.2024.