von Pflanzen- und Thierleben zu Grunde gegangen ist. So war es auch mit H. beschaffen, welcher über sein früheres Le¬ ben keine Auskunft geben konnte, da er in Angst, welche sein scheuer, stierer Blick deutlich zu erkennen gab, vor den unab¬ lässigen Teufelserscheinungen ganz im Geiste erstarrt war. Als er zu einiger Besinnung zurückkehrte, gab er an, daß die Teu¬ fel unter Hohngelächter, aber ohne ein Wort zu sprechen, fast immer nach seinem Kopfe gegriffen hätten, und daß sie nur zuweilen unter die Betten und hinter seinen Rücken geschlüpft wären, um ihn im Verborgenen zu quälen.
Der weitere Verlauf seines Seelenleidens bietet keine bemerkenswerthe Ereignisse dar, denn unter dem Gebrauch ge¬ eigneter Heilmittel, namentlich der lauwarmen Bäder mit kal¬ ten Uebergießungen über den Kopf und der gelinden Abführ¬ mittel, trat bald eine größere Ruhe, zumal des Nachts ein, und nach einigen Monaten war seine Genesung völlig ent¬ schieden. Indeß wurde eine Verlängerung seines Aufenthaltes in der Heilanstalt dadurch nothwendig bedingt, daß er über die verderblichen Wirkungen des Branntweintrinkens hinreichend aufgeklärt, und zugleich an Mäßigkeit gewöhnt werden mußte, um ihn in den gefaßten besseren Entschlüssen für die Zukunft zu bestärken; auch hatten seine Geisteskräfte in Folge lang¬ jähriger Ausschweifungen so sehr gelitten, daß sie der naturge¬ mäßen Uebung durch den ertheilten Schulunterricht dringend bedurften. Er zeichnete sich durch Fleiß, Ordnungsliebe und friedfertigen Sinn aus, und erklärte sich bereit, nach seiner Entlassung in einen Mäßigkeitsverein zu treten, als das zu¬ verlässigste Mittel, durch fortgesetzte Theilnahme an dessen Ver¬ sammlungen in seinen gefaßten Vorsätzen befestigt zu werden, und sich durch das gegebene gute Beispiel zur Nacheiferung be¬ stimmen zu lassen. Hierauf erfolgte seine Entlassung als ge¬ heilt am 12. Octbr. 1846.
14.
H., im Jahre 1816 geboren, ist die Tochter eines Kaufmanns in einer Provinzialstadt, in dessen aus acht Kin¬ dern bestehender Familie ein häuslich friedlicher Sinn herrschte.
von Pflanzen- und Thierleben zu Grunde gegangen iſt. So war es auch mit H. beſchaffen, welcher uͤber ſein fruͤheres Le¬ ben keine Auskunft geben konnte, da er in Angſt, welche ſein ſcheuer, ſtierer Blick deutlich zu erkennen gab, vor den unab¬ laͤſſigen Teufelserſcheinungen ganz im Geiſte erſtarrt war. Als er zu einiger Beſinnung zuruͤckkehrte, gab er an, daß die Teu¬ fel unter Hohngelaͤchter, aber ohne ein Wort zu ſprechen, faſt immer nach ſeinem Kopfe gegriffen haͤtten, und daß ſie nur zuweilen unter die Betten und hinter ſeinen Ruͤcken geſchluͤpft waͤren, um ihn im Verborgenen zu quaͤlen.
Der weitere Verlauf ſeines Seelenleidens bietet keine bemerkenswerthe Ereigniſſe dar, denn unter dem Gebrauch ge¬ eigneter Heilmittel, namentlich der lauwarmen Baͤder mit kal¬ ten Uebergießungen uͤber den Kopf und der gelinden Abfuͤhr¬ mittel, trat bald eine groͤßere Ruhe, zumal des Nachts ein, und nach einigen Monaten war ſeine Geneſung voͤllig ent¬ ſchieden. Indeß wurde eine Verlaͤngerung ſeines Aufenthaltes in der Heilanſtalt dadurch nothwendig bedingt, daß er uͤber die verderblichen Wirkungen des Branntweintrinkens hinreichend aufgeklaͤrt, und zugleich an Maͤßigkeit gewoͤhnt werden mußte, um ihn in den gefaßten beſſeren Entſchluͤſſen fuͤr die Zukunft zu beſtaͤrken; auch hatten ſeine Geiſteskraͤfte in Folge lang¬ jaͤhriger Ausſchweifungen ſo ſehr gelitten, daß ſie der naturge¬ maͤßen Uebung durch den ertheilten Schulunterricht dringend bedurften. Er zeichnete ſich durch Fleiß, Ordnungsliebe und friedfertigen Sinn aus, und erklaͤrte ſich bereit, nach ſeiner Entlaſſung in einen Maͤßigkeitsverein zu treten, als das zu¬ verlaͤſſigſte Mittel, durch fortgeſetzte Theilnahme an deſſen Ver¬ ſammlungen in ſeinen gefaßten Vorſaͤtzen befeſtigt zu werden, und ſich durch das gegebene gute Beiſpiel zur Nacheiferung be¬ ſtimmen zu laſſen. Hierauf erfolgte ſeine Entlaſſung als ge¬ heilt am 12. Octbr. 1846.
14.
H., im Jahre 1816 geboren, iſt die Tochter eines Kaufmanns in einer Provinzialſtadt, in deſſen aus acht Kin¬ dern beſtehender Familie ein haͤuslich friedlicher Sinn herrſchte.
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von Pflanzen- und Thierleben zu Grunde gegangen iſt. So
war es auch mit H. beſchaffen, welcher uͤber ſein fruͤheres Le¬
ben keine Auskunft geben konnte, da er in Angſt, welche ſein
ſcheuer, ſtierer Blick deutlich zu erkennen gab, vor den unab¬
laͤſſigen Teufelserſcheinungen ganz im Geiſte erſtarrt war. Als
er zu einiger Beſinnung zuruͤckkehrte, gab er an, daß die Teu¬
fel unter Hohngelaͤchter, aber ohne ein Wort zu ſprechen, faſt
immer nach ſeinem Kopfe gegriffen haͤtten, und daß ſie nur
zuweilen unter die Betten und hinter ſeinen Ruͤcken geſchluͤpft
waͤren, um ihn im Verborgenen zu quaͤlen.
Der weitere Verlauf ſeines Seelenleidens bietet keine
bemerkenswerthe Ereigniſſe dar, denn unter dem Gebrauch ge¬
eigneter Heilmittel, namentlich der lauwarmen Baͤder mit kal¬
ten Uebergießungen uͤber den Kopf und der gelinden Abfuͤhr¬
mittel, trat bald eine groͤßere Ruhe, zumal des Nachts ein,
und nach einigen Monaten war ſeine Geneſung voͤllig ent¬
ſchieden. Indeß wurde eine Verlaͤngerung ſeines Aufenthaltes
in der Heilanſtalt dadurch nothwendig bedingt, daß er uͤber
die verderblichen Wirkungen des Branntweintrinkens hinreichend
aufgeklaͤrt, und zugleich an Maͤßigkeit gewoͤhnt werden mußte,
um ihn in den gefaßten beſſeren Entſchluͤſſen fuͤr die Zukunft
zu beſtaͤrken; auch hatten ſeine Geiſteskraͤfte in Folge lang¬
jaͤhriger Ausſchweifungen ſo ſehr gelitten, daß ſie der naturge¬
maͤßen Uebung durch den ertheilten Schulunterricht dringend
bedurften. Er zeichnete ſich durch Fleiß, Ordnungsliebe und
friedfertigen Sinn aus, und erklaͤrte ſich bereit, nach ſeiner
Entlaſſung in einen Maͤßigkeitsverein zu treten, als das zu¬
verlaͤſſigſte Mittel, durch fortgeſetzte Theilnahme an deſſen Ver¬
ſammlungen in ſeinen gefaßten Vorſaͤtzen befeſtigt zu werden,
und ſich durch das gegebene gute Beiſpiel zur Nacheiferung be¬
ſtimmen zu laſſen. Hierauf erfolgte ſeine Entlaſſung als ge¬
heilt am 12. Octbr. 1846.
14.
H., im Jahre 1816 geboren, iſt die Tochter eines
Kaufmanns in einer Provinzialſtadt, in deſſen aus acht Kin¬
dern beſtehender Familie ein haͤuslich friedlicher Sinn herrſchte.
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Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ideler_wahnsinn_1847/160>, abgerufen am 23.02.2025.
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