Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Autoritätsprinzip stets verteidigt wird, verstan-
den werden kann: der gegenseitige seelische Assi-
milierungs- und Anpassungsprozeß, der die beider-
seitigen Willen günstigenfalls allmählich voll-
kommen harmonisiert, ist rein geistiger Natur und
nur von den Gatten selbst zu erringen, nicht aber
von Gesetzes wegen zu dekretieren."

Die Rechte der unehelichen Mutter und des
unehelichen Kindes

Vielleicht ist kein Kapitel unseres Lebens so
geeignet, den Mangel der nötigen Objektivität des
einen Geschlechts dem anderen Geschlecht gegen-
über zu beweisen, wie das der unehelichen Mütter.
Wie hätte es sonst so kommen können, daß sie im
sozialen wie im rechtlichen Leben völlig schutz- und
hülflos sind, während die eigentlich Schuldigen,
die Verführer, herrlich und in Freuden weiter-
leben, meist ohne sich im geringsten um ihre Opfer
zu bekümmern. Von Eltern und Arbeitgebern ver-
stoßen, aller Mittel entblößt, irren diese be-
dauernswerten Geschöpfe verzweifelt umher, mit
Selbstmordgedanken kämpfend, unglücklich und
von aller Welt verlassen, nicht selten keinen an-
deren Ausweg findend, als ein gewaltsames Le-
bensende.

Wie hätte das kommen können, wenn unsere
Rechts- und Gesellschaftsordnung nicht ausschließ-

Autoritätsprinzip stets verteidigt wird, verstan-
den werden kann: der gegenseitige seelische Assi-
milierungs- und Anpassungsprozeß, der die beider-
seitigen Willen günstigenfalls allmählich voll-
kommen harmonisiert, ist rein geistiger Natur und
nur von den Gatten selbst zu erringen, nicht aber
von Gesetzes wegen zu dekretieren.“

Die Rechte der unehelichen Mutter und des
unehelichen Kindes

Vielleicht ist kein Kapitel unseres Lebens so
geeignet, den Mangel der nötigen Objektivität des
einen Geschlechts dem anderen Geschlecht gegen-
über zu beweisen, wie das der unehelichen Mütter.
Wie hätte es sonst so kommen können, daß sie im
sozialen wie im rechtlichen Leben völlig schutz- und
hülflos sind, während die eigentlich Schuldigen,
die Verführer, herrlich und in Freuden weiter-
leben, meist ohne sich im geringsten um ihre Opfer
zu bekümmern. Von Eltern und Arbeitgebern ver-
stoßen, aller Mittel entblößt, irren diese be-
dauernswerten Geschöpfe verzweifelt umher, mit
Selbstmordgedanken kämpfend, unglücklich und
von aller Welt verlassen, nicht selten keinen an-
deren Ausweg findend, als ein gewaltsames Le-
bensende.

Wie hätte das kommen können, wenn unsere
Rechts- und Gesellschaftsordnung nicht ausschließ-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0298" n="294"/>
Autoritätsprinzip stets verteidigt wird, verstan-<lb/>
den werden kann: der gegenseitige seelische Assi-<lb/>
milierungs- und Anpassungsprozeß, der die beider-<lb/>
seitigen Willen günstigenfalls allmählich voll-<lb/>
kommen harmonisiert, ist rein geistiger Natur und<lb/>
nur von den Gatten selbst zu erringen, nicht aber<lb/>
von Gesetzes wegen zu dekretieren.&#x201C;</p><lb/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Die Rechte der unehelichen Mutter und des<lb/>
unehelichen Kindes</head><lb/>
          <p>Vielleicht ist kein Kapitel unseres Lebens so<lb/>
geeignet, den Mangel der nötigen Objektivität des<lb/>
einen Geschlechts dem anderen Geschlecht gegen-<lb/>
über zu beweisen, wie das der unehelichen Mütter.<lb/>
Wie hätte es sonst so kommen können, daß sie im<lb/>
sozialen wie im rechtlichen Leben völlig schutz- und<lb/>
hülflos sind, während die eigentlich Schuldigen,<lb/>
die Verführer, herrlich und in Freuden weiter-<lb/>
leben, meist ohne sich im geringsten um ihre Opfer<lb/>
zu bekümmern. Von Eltern und Arbeitgebern ver-<lb/>
stoßen, aller Mittel entblößt, irren diese be-<lb/>
dauernswerten Geschöpfe verzweifelt umher, mit<lb/>
Selbstmordgedanken kämpfend, unglücklich und<lb/>
von aller Welt verlassen, nicht selten keinen an-<lb/>
deren Ausweg findend, als ein gewaltsames Le-<lb/>
bensende.</p><lb/>
          <p>Wie hätte das kommen können, wenn unsere<lb/>
Rechts- und Gesellschaftsordnung nicht ausschließ-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0298] Autoritätsprinzip stets verteidigt wird, verstan- den werden kann: der gegenseitige seelische Assi- milierungs- und Anpassungsprozeß, der die beider- seitigen Willen günstigenfalls allmählich voll- kommen harmonisiert, ist rein geistiger Natur und nur von den Gatten selbst zu erringen, nicht aber von Gesetzes wegen zu dekretieren.“ Die Rechte der unehelichen Mutter und des unehelichen Kindes Vielleicht ist kein Kapitel unseres Lebens so geeignet, den Mangel der nötigen Objektivität des einen Geschlechts dem anderen Geschlecht gegen- über zu beweisen, wie das der unehelichen Mütter. Wie hätte es sonst so kommen können, daß sie im sozialen wie im rechtlichen Leben völlig schutz- und hülflos sind, während die eigentlich Schuldigen, die Verführer, herrlich und in Freuden weiter- leben, meist ohne sich im geringsten um ihre Opfer zu bekümmern. Von Eltern und Arbeitgebern ver- stoßen, aller Mittel entblößt, irren diese be- dauernswerten Geschöpfe verzweifelt umher, mit Selbstmordgedanken kämpfend, unglücklich und von aller Welt verlassen, nicht selten keinen an- deren Ausweg findend, als ein gewaltsames Le- bensende. Wie hätte das kommen können, wenn unsere Rechts- und Gesellschaftsordnung nicht ausschließ-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/298
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/298>, abgerufen am 21.11.2024.