Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.Sechstes Kapitel. Die Berge von Neuandalusien. -- Das Thal von Cumanacoa. -- Unserem ersten Ausflug auf die Halbinsel Araya folgte Sechſtes Kapitel. Die Berge von Neuandaluſien. — Das Thal von Cumanacoa. — Unſerem erſten Ausflug auf die Halbinſel Araya folgte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0228" n="[212]"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Sechſtes Kapitel.</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#c">Die Berge von Neuandaluſien. — Das Thal von Cumanacoa. —<lb/> Der Gipfel des Cocollar. — Miſſionen der Chaymasindianer.</hi> </p> </argument><lb/> <p>Unſerem erſten Ausflug auf die Halbinſel Araya folgte<lb/> bald ein zweiter längerer und lehrreicherer ins Innere des<lb/> Gebirges zu den Miſſionen der Chaymasindianer. Gegen-<lb/> ſtände von mannigfaltiger Anziehungskraft ſollten uns dort<lb/> in Anſpruch nehmen. Wir betraten jetzt ein mit Wäldern<lb/> bedecktes Land; wir ſollten ein Kloſter beſuchen, das im<lb/> Schatten von Palmen und Baumfarnen in einem engen Thale<lb/> liegt, wo man, mitten im heißen Erdſtrich, köſtlicher Kühle<lb/> genießt. In den benachbarten Bergen gibt es dort Höhlen,<lb/> welche von Tauſenden von Nachtvögeln bewohnt ſind, und<lb/> was noch lebendiger zur Einbildungskraft ſpricht als alle<lb/> Wunder der phyſiſchen Welt, jenſeits dieſer Berge lebt ein vor<lb/> kurzem noch nomadiſches Volk, kaum aus dem Naturzuſtand<lb/> getreten, wild, jedoch nicht barbariſch, geiſtesbeſchränkt, nicht<lb/> weil es lange verſunken war, ſondern weil es eben nichts<lb/> weiß. Zu dieſen ſo mächtig anziehenden Gegenſtänden kamen<lb/> noch geſchichtliche Erinnerungen. Am Vorgebirge Paria ſah<lb/> Kolumbus zuerſt das Feſtland; hier laufen die Thäler aus,<lb/> die bald von den kriegeriſchen, menſchenfreſſenden Kariben,<lb/> bald von den civiliſierten Handelsvölkern Europas verwüſtet<lb/> wurden. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts wurden die un-<lb/> glücklichen Einwohner auf den Küſten von Carupano, Maca-<lb/> rapan und Caracas behandelt, wie zu unſerer Zeit die Ein-<lb/> wohner der Küſte von Guinea. Bereits wurden die Antillen<lb/> angebaut und man führte dort die Gewächſe der Alten Welt<lb/> ein; aber in Terra Firma kam es lange zu keiner ordentlichen<lb/> und planmäßigen Niederlaſſung. Die Spanier beſuchten die<lb/> Küſte nur, um ſich mit Gewalt oder im Tauſchhandel Sklaven,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[212]/0228]
Sechſtes Kapitel.
Die Berge von Neuandaluſien. — Das Thal von Cumanacoa. —
Der Gipfel des Cocollar. — Miſſionen der Chaymasindianer.
Unſerem erſten Ausflug auf die Halbinſel Araya folgte
bald ein zweiter längerer und lehrreicherer ins Innere des
Gebirges zu den Miſſionen der Chaymasindianer. Gegen-
ſtände von mannigfaltiger Anziehungskraft ſollten uns dort
in Anſpruch nehmen. Wir betraten jetzt ein mit Wäldern
bedecktes Land; wir ſollten ein Kloſter beſuchen, das im
Schatten von Palmen und Baumfarnen in einem engen Thale
liegt, wo man, mitten im heißen Erdſtrich, köſtlicher Kühle
genießt. In den benachbarten Bergen gibt es dort Höhlen,
welche von Tauſenden von Nachtvögeln bewohnt ſind, und
was noch lebendiger zur Einbildungskraft ſpricht als alle
Wunder der phyſiſchen Welt, jenſeits dieſer Berge lebt ein vor
kurzem noch nomadiſches Volk, kaum aus dem Naturzuſtand
getreten, wild, jedoch nicht barbariſch, geiſtesbeſchränkt, nicht
weil es lange verſunken war, ſondern weil es eben nichts
weiß. Zu dieſen ſo mächtig anziehenden Gegenſtänden kamen
noch geſchichtliche Erinnerungen. Am Vorgebirge Paria ſah
Kolumbus zuerſt das Feſtland; hier laufen die Thäler aus,
die bald von den kriegeriſchen, menſchenfreſſenden Kariben,
bald von den civiliſierten Handelsvölkern Europas verwüſtet
wurden. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts wurden die un-
glücklichen Einwohner auf den Küſten von Carupano, Maca-
rapan und Caracas behandelt, wie zu unſerer Zeit die Ein-
wohner der Küſte von Guinea. Bereits wurden die Antillen
angebaut und man führte dort die Gewächſe der Alten Welt
ein; aber in Terra Firma kam es lange zu keiner ordentlichen
und planmäßigen Niederlaſſung. Die Spanier beſuchten die
Küſte nur, um ſich mit Gewalt oder im Tauſchhandel Sklaven,
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