Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862.Dritter Brief. Jhrem, mir sehr erfreulichen Wunsche gemäß, geehrtester Freund, Dritter Brief. Jhrem, mir ſehr erfreulichen Wunſche gemäß, geehrteſter Freund, <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0024" n="18"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Dritter Brief.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Jhrem, mir ſehr erfreulichen Wunſche gemäß, geehrteſter Freund,<lb/> gehe ich, ohne auf Früheres zurückzukommen, zu den <hi rendition="#g">Mitteln</hi> über,<lb/> deren das Revival ſich bedient. Dieſe ſind nun aber <hi rendition="#g">an ſich</hi> ſo<lb/> bekannt, ſo einfach, ſo berechtigt, und in der ganzen Chriſtenheit<lb/> ſeit deren Urſprung ſo wohl hergebracht, daß darüber kaum viel zu<lb/> ſagen ſein dürfte. <hi rendition="#g">Predigt</hi> und <hi rendition="#g">Gebet</hi> ſind ohne allen Zweifel<lb/> die beiden Angelpunkte, in denen ſich dieſe ganze Sache bewegt,<lb/> wenn wir die beiden Momente im weiteſten Sinne verſtehen: alſo<lb/> namentlich mit Einſchluß der Seelſorge in den mannigfaltigſten<lb/> Formen der erweckenden, erbauenden Einwirkung des Verkehrs aktiver<lb/> und paſſiver Beziehungen gläubiger und glaubensbedürftiger Chriſten<lb/> unter einander. — Zu näherer Charakteriſirung dürfen nun noch<lb/> folgende Punkte dienen. Erſtlich was die Quantität und Qualität<lb/> der Predigt betrifft, ſo ſteht dieſe inſofern in keinem Verhältniß<lb/> zu jener, als unter den unzähligen (im weitern Sinn) geiſtlichen<lb/> Anſprachen, die unter den verſchiedenartigſten Verhältniſſen gehalten<lb/> worden ſind und werden, verhältnißmäßig nur wenige vorkommen,<lb/> die auf eine irgend bedeutende Begabung der Prediger (Geiſtliche<lb/> oder Laien) ſchließen laßen. Darin unterſcheidet ſich dies Revival<lb/> namentlich von den methodiſtiſchen Erweckungen des vorigen Jahr-<lb/> hunderts, und ich wüßte nicht einen einzigen unter den eigentlichen<lb/> Erweckungspredigern unſerer Tage zu nennen, den irgend Jemand<lb/> mit den <hi rendition="#g">Wesleys, Whitfield</hi> u. ſ. w. zu vergleichen gewagt hätte.<lb/> Von <hi rendition="#g">Spurgeon,</hi> wie hoch <hi rendition="#g">ſein</hi> Publikum denn auch ſeine Gaben<lb/> anſchlagen mag, iſt hier nicht die Rede, da er ſich nicht eigentlich<lb/> beim Revival betheiligt hat, ſondern ſeinen eigenen Weg geht.<lb/> Wie dem auch ſei, mit wenigen Ausnahmen, die, zumal ſeitdem in<lb/> London um jeden Preis der Sieg errungen oder doch feſte Punkte<lb/> erkämpft werden ſollen, vorgekommen ſein mögen — ich nenne z. B.<lb/> einen <hi rendition="#g">Weaver</hi> und <hi rendition="#g">Ratcliffe,</hi> die in ihrer <hi rendition="#g">ſehr</hi> populären Weiſe<lb/> allerdings bedeutende Begabung entwickeln — zeichnen ſich die Revival-<lb/> predigten größtentheils durch eine gewiße Einfachheit, Nüchternheit,<lb/> um nicht zu ſagen Trivialität in ihrer rhetoriſchen Form aus. Natür-<lb/> lich iſt dies unbeſchadet der hohen Dignität und Kraft gerade der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [18/0024]
Dritter Brief.
Jhrem, mir ſehr erfreulichen Wunſche gemäß, geehrteſter Freund,
gehe ich, ohne auf Früheres zurückzukommen, zu den Mitteln über,
deren das Revival ſich bedient. Dieſe ſind nun aber an ſich ſo
bekannt, ſo einfach, ſo berechtigt, und in der ganzen Chriſtenheit
ſeit deren Urſprung ſo wohl hergebracht, daß darüber kaum viel zu
ſagen ſein dürfte. Predigt und Gebet ſind ohne allen Zweifel
die beiden Angelpunkte, in denen ſich dieſe ganze Sache bewegt,
wenn wir die beiden Momente im weiteſten Sinne verſtehen: alſo
namentlich mit Einſchluß der Seelſorge in den mannigfaltigſten
Formen der erweckenden, erbauenden Einwirkung des Verkehrs aktiver
und paſſiver Beziehungen gläubiger und glaubensbedürftiger Chriſten
unter einander. — Zu näherer Charakteriſirung dürfen nun noch
folgende Punkte dienen. Erſtlich was die Quantität und Qualität
der Predigt betrifft, ſo ſteht dieſe inſofern in keinem Verhältniß
zu jener, als unter den unzähligen (im weitern Sinn) geiſtlichen
Anſprachen, die unter den verſchiedenartigſten Verhältniſſen gehalten
worden ſind und werden, verhältnißmäßig nur wenige vorkommen,
die auf eine irgend bedeutende Begabung der Prediger (Geiſtliche
oder Laien) ſchließen laßen. Darin unterſcheidet ſich dies Revival
namentlich von den methodiſtiſchen Erweckungen des vorigen Jahr-
hunderts, und ich wüßte nicht einen einzigen unter den eigentlichen
Erweckungspredigern unſerer Tage zu nennen, den irgend Jemand
mit den Wesleys, Whitfield u. ſ. w. zu vergleichen gewagt hätte.
Von Spurgeon, wie hoch ſein Publikum denn auch ſeine Gaben
anſchlagen mag, iſt hier nicht die Rede, da er ſich nicht eigentlich
beim Revival betheiligt hat, ſondern ſeinen eigenen Weg geht.
Wie dem auch ſei, mit wenigen Ausnahmen, die, zumal ſeitdem in
London um jeden Preis der Sieg errungen oder doch feſte Punkte
erkämpft werden ſollen, vorgekommen ſein mögen — ich nenne z. B.
einen Weaver und Ratcliffe, die in ihrer ſehr populären Weiſe
allerdings bedeutende Begabung entwickeln — zeichnen ſich die Revival-
predigten größtentheils durch eine gewiße Einfachheit, Nüchternheit,
um nicht zu ſagen Trivialität in ihrer rhetoriſchen Form aus. Natür-
lich iſt dies unbeſchadet der hohen Dignität und Kraft gerade der
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