Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.24. Das alte Jahr hat seine Sterbeglocken Verklingen hören über Raum und Zeit Und schimmernd eingesargt von weißen Flocken Versinkt es in die Ewigkeit. Doch leuchtend aus dem Schooß der Winternacht Ringt schon das neue seine jungen Glieder Und träumt, die Erde sei mit ihm erwacht, Geweckt vom süßen Klang der Frühlingslieder. Doch schau, wie fröstelnd es die weiße Decke
Schon wieder über seine Glieder zieht, Weil es von Eis umglitzert Hag und Hecke Und ach, kein einzig Veilchen sieht! Doch fasse neue Hoffnung, neues Jahr, Denn so wie dir ist's jedem noch ergangen Aus deiner ewigen Geschwisterschaar; Und doch, der Lenz kam immer noch gegangen! 24. Das alte Jahr hat ſeine Sterbeglocken Verklingen hören über Raum und Zeit Und ſchimmernd eingeſargt von weißen Flocken Verſinkt es in die Ewigkeit. Doch leuchtend aus dem Schooß der Winternacht Ringt ſchon das neue ſeine jungen Glieder Und träumt, die Erde ſei mit ihm erwacht, Geweckt vom ſüßen Klang der Frühlingslieder. Doch ſchau, wie fröſtelnd es die weiße Decke
Schon wieder über ſeine Glieder zieht, Weil es von Eis umglitzert Hag und Hecke Und ach, kein einzig Veilchen ſieht! Doch faſſe neue Hoffnung, neues Jahr, Denn ſo wie dir iſt's jedem noch ergangen Aus deiner ewigen Geſchwiſterſchaar; Und doch, der Lenz kam immer noch gegangen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb n="237" facs="#f0259"/> <div n="2"> <head>24.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>as alte Jahr hat ſeine Sterbeglocken</l><lb/> <l>Verklingen hören über Raum und Zeit</l><lb/> <l>Und ſchimmernd eingeſargt von weißen Flocken</l><lb/> <l>Verſinkt es in die Ewigkeit.</l><lb/> <l>Doch leuchtend aus dem Schooß der Winternacht</l><lb/> <l>Ringt ſchon das neue ſeine jungen Glieder</l><lb/> <l>Und träumt, die Erde ſei mit ihm erwacht,</l><lb/> <l>Geweckt vom ſüßen Klang der Frühlingslieder.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Doch ſchau, wie fröſtelnd es die weiße Decke</l><lb/> <l>Schon wieder über ſeine Glieder zieht,</l><lb/> <l>Weil es von Eis umglitzert Hag und Hecke</l><lb/> <l>Und ach, kein einzig Veilchen ſieht!</l><lb/> <l>Doch faſſe neue Hoffnung, neues Jahr,</l><lb/> <l>Denn ſo wie dir iſt's jedem noch ergangen</l><lb/> <l>Aus deiner ewigen Geſchwiſterſchaar;</l><lb/> <l>Und doch, der Lenz kam immer noch gegangen!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [237/0259]
24.
Das alte Jahr hat ſeine Sterbeglocken
Verklingen hören über Raum und Zeit
Und ſchimmernd eingeſargt von weißen Flocken
Verſinkt es in die Ewigkeit.
Doch leuchtend aus dem Schooß der Winternacht
Ringt ſchon das neue ſeine jungen Glieder
Und träumt, die Erde ſei mit ihm erwacht,
Geweckt vom ſüßen Klang der Frühlingslieder.
Doch ſchau, wie fröſtelnd es die weiße Decke
Schon wieder über ſeine Glieder zieht,
Weil es von Eis umglitzert Hag und Hecke
Und ach, kein einzig Veilchen ſieht!
Doch faſſe neue Hoffnung, neues Jahr,
Denn ſo wie dir iſt's jedem noch ergangen
Aus deiner ewigen Geſchwiſterſchaar;
Und doch, der Lenz kam immer noch gegangen!
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Zitationshilfe: | Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/259>, abgerufen am 03.03.2025. |