Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.Begräbniß-Gedichte. Der Kern der Prediger auf eben denselben todes-fall. Das donnerstägliche und älteste prediger- Collegium. SO lescht du/ grosses licht/ wie schwache kertzen aus/ Und kanst du Atlas auch von deiner stätte gehen/ Da du als pfeiler doch in unsers GOttes hauß Stets soltest unbewegt und ohne wancken stehen? Jsts möglich/ daß so gar ein meer der wissenschafft Durch kleine hitze kan gantz ausgetrocknet werden? Jst denn nach Lehmanns tod kein Moses mehr auf erden/ Der dich erbeten kan? Jst alles ohne krafft? Und soll dein mund hinfort uns ewig nicht mehr lehren/ Den wir uns ewig doch gewüntschet anzuhören? Ach theures Kirchen-Haupt/ wie mächtig hast du doch Durch deine predigten gantz Zion unterrichtet! Und wie viel tausend sind in ihren ämtern noch Dir/ Meister in der kunst/ als schüler hoch verpflichtet! Wie wohl erklärtest du das wort des HErren nicht? Wie herrlich wustest du die sprüche zu zerlegen/ Die andern augen sonst verwirrt zu scheinen pflegen? Ja wie so ordentlich war alles eingericht? Es wieß dein predigen meist lauter solche sachen/ Die keiner vorgethan/ die keiner nach wird machen. Weil du den weg nun selbst beglückt getroffen hast: So konte ja dein kiel ihn leicht auch andern zeigen/ Durch den du auch im sarg und in des grabes last Wirst lehren predigen/ ob schon die lippen schweigen. Die nachwelt nimmt mit lust gesetze von dir an: Denn weil du ihnen selbst gewohnet nachzuleben/ Hast du am füglichsten auch können regeln geben. Was Augustin demnach von Paulo hat gethan/ Wird
Begraͤbniß-Gedichte. Der Kern der Prediger auf eben denſelben todes-fall. Das donnerſtaͤgliche und aͤlteſte prediger- Collegium. SO leſcht du/ groſſes licht/ wie ſchwache kertzen aus/ Und kanſt du Atlas auch von deiner ſtaͤtte gehen/ Da du als pfeiler doch in unſers GOttes hauß Stets ſolteſt unbewegt und ohne wancken ſtehen? Jſts moͤglich/ daß ſo gar ein meer der wiſſenſchafft Durch kleine hitze kan gantz ausgetrocknet werden? Jſt denn nach Lehmanns tod kein Moſes mehr auf erden/ Der dich erbeten kan? Jſt alles ohne krafft? Und ſoll dein mund hinfort uns ewig nicht mehr lehren/ Den wir uns ewig doch gewuͤntſchet anzuhoͤren? Ach theures Kirchen-Haupt/ wie maͤchtig haſt du doch Durch deine predigten gantz Zion unterrichtet! Und wie viel tauſend ſind in ihren aͤmtern noch Dir/ Meiſter in der kunſt/ als ſchuͤler hoch verpflichtet! Wie wohl erklaͤrteſt du das wort des HErren nicht? Wie herrlich wuſteſt du die ſpruͤche zu zerlegen/ Die andern augen ſonſt verwirrt zu ſcheinen pflegen? Ja wie ſo ordentlich war alles eingericht? Es wieß dein predigen meiſt lauter ſolche ſachen/ Die keiner vorgethan/ die keiner nach wird machen. Weil du den weg nun ſelbſt begluͤckt getroffen haſt: So konte ja dein kiel ihn leicht auch andern zeigen/ Durch den du auch im ſarg und in des grabes laſt Wirſt lehren predigen/ ob ſchon die lippen ſchweigen. Die nachwelt nimmt mit luſt geſetze von dir an: Denn weil du ihnen ſelbſt gewohnet nachzuleben/ Haſt du am fuͤglichſten auch koͤnnen regeln geben. Was Auguſtin demnach von Paulo hat gethan/ Wird
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0224" n="214"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begraͤbniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Kern der Prediger auf eben<lb/> denſelben todes-fall.</hi> </head><lb/> <div n="3"> <head>Das donnerſtaͤgliche und aͤlteſte prediger-<lb/> Collegium.</head><lb/> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">S</hi>O leſcht du/ groſſes licht/ wie ſchwache kertzen aus/</l><lb/> <l>Und kanſt du Atlas auch von deiner ſtaͤtte gehen/</l><lb/> <l>Da du als pfeiler doch in unſers GOttes hauß</l><lb/> <l>Stets ſolteſt unbewegt und ohne wancken ſtehen?</l><lb/> <l>Jſts moͤglich/ daß ſo gar ein meer der wiſſenſchafft</l><lb/> <l>Durch kleine hitze kan gantz ausgetrocknet werden?</l><lb/> <l>Jſt denn nach Lehmanns tod kein Moſes mehr auf erden/</l><lb/> <l>Der dich erbeten kan? Jſt alles ohne krafft?</l><lb/> <l>Und ſoll dein mund hinfort uns ewig nicht mehr lehren/</l><lb/> <l>Den wir uns ewig doch gewuͤntſchet anzuhoͤren?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ach theures Kirchen-Haupt/ wie maͤchtig haſt du doch</l><lb/> <l>Durch deine predigten gantz Zion unterrichtet!</l><lb/> <l>Und wie viel tauſend ſind in ihren aͤmtern noch</l><lb/> <l>Dir/ Meiſter in der kunſt/ als ſchuͤler hoch verpflichtet!</l><lb/> <l>Wie wohl erklaͤrteſt du das wort des HErren nicht?</l><lb/> <l>Wie herrlich wuſteſt du die ſpruͤche zu zerlegen/</l><lb/> <l>Die andern augen ſonſt verwirrt zu ſcheinen pflegen?</l><lb/> <l>Ja wie ſo ordentlich war alles eingericht?</l><lb/> <l>Es wieß dein predigen meiſt lauter ſolche ſachen/</l><lb/> <l>Die keiner vorgethan/ die keiner nach wird machen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Weil du den weg nun ſelbſt begluͤckt getroffen haſt:</l><lb/> <l>So konte ja dein kiel ihn leicht auch andern zeigen/</l><lb/> <l>Durch den du auch im ſarg und in des grabes laſt</l><lb/> <l>Wirſt lehren predigen/ ob ſchon die lippen ſchweigen.</l><lb/> <l>Die nachwelt nimmt mit luſt geſetze von dir an:</l><lb/> <l>Denn weil du ihnen ſelbſt gewohnet nachzuleben/</l><lb/> <l>Haſt du am fuͤglichſten auch koͤnnen regeln geben.</l><lb/> <l>Was Auguſtin demnach von Paulo hat gethan/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wird</fw><lb/></l> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [214/0224]
Begraͤbniß-Gedichte.
Der Kern der Prediger auf eben
denſelben todes-fall.
Das donnerſtaͤgliche und aͤlteſte prediger-
Collegium.
SO leſcht du/ groſſes licht/ wie ſchwache kertzen aus/
Und kanſt du Atlas auch von deiner ſtaͤtte gehen/
Da du als pfeiler doch in unſers GOttes hauß
Stets ſolteſt unbewegt und ohne wancken ſtehen?
Jſts moͤglich/ daß ſo gar ein meer der wiſſenſchafft
Durch kleine hitze kan gantz ausgetrocknet werden?
Jſt denn nach Lehmanns tod kein Moſes mehr auf erden/
Der dich erbeten kan? Jſt alles ohne krafft?
Und ſoll dein mund hinfort uns ewig nicht mehr lehren/
Den wir uns ewig doch gewuͤntſchet anzuhoͤren?
Ach theures Kirchen-Haupt/ wie maͤchtig haſt du doch
Durch deine predigten gantz Zion unterrichtet!
Und wie viel tauſend ſind in ihren aͤmtern noch
Dir/ Meiſter in der kunſt/ als ſchuͤler hoch verpflichtet!
Wie wohl erklaͤrteſt du das wort des HErren nicht?
Wie herrlich wuſteſt du die ſpruͤche zu zerlegen/
Die andern augen ſonſt verwirrt zu ſcheinen pflegen?
Ja wie ſo ordentlich war alles eingericht?
Es wieß dein predigen meiſt lauter ſolche ſachen/
Die keiner vorgethan/ die keiner nach wird machen.
Weil du den weg nun ſelbſt begluͤckt getroffen haſt:
So konte ja dein kiel ihn leicht auch andern zeigen/
Durch den du auch im ſarg und in des grabes laſt
Wirſt lehren predigen/ ob ſchon die lippen ſchweigen.
Die nachwelt nimmt mit luſt geſetze von dir an:
Denn weil du ihnen ſelbſt gewohnet nachzuleben/
Haſt du am fuͤglichſten auch koͤnnen regeln geben.
Was Auguſtin demnach von Paulo hat gethan/
Wird
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |