Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite
Galante Gedichte.
Sonnet.
Er vergleichet die liebe dem schnee
und feuer.

C. S.

DJe lieb ist wie der schnee/ der das gesichte blendet/
Der durch den scharffen frost die glieder starrend macht/
Ja/ eh wirs uns versehn/ die finstre todes-nacht
Durch seiner kälte grimm in brust und augen sendet.
Was schnee? vielmehr ein feur/ das alle sachen schändet/
So ihm entgegen stehn/ das schnell und unbedacht
Viel elend/ ja den tod und untergang gebracht/
Und sich nach langer frist erst in der aschen endet.
Doch keines ist sie nicht/ wenn man es sagen soll:
Nicht schnee: Denn dieser kan vor seinem frost nicht brennen.
Sie ist auch nicht ein feur; man würde sonsten wohl
Verliebte seelen bald an schwärtz' und rauch' erkennen.
Und dennoch saget man/ ihr unvermeidlich weh
Sey heißer als das feur/ und kälter als der schnee.


An die Rosilis/ als sie von einer
biene gestochen wurde.

C. S.

Sonnet.
DJe zarte Rosilis/ mein innigstes verlangen/
Gieng gestern in das feld/ wo beydes thal und höh
Mit tausend lilien/ und mit dem süßen klee/
Der alles lustig macht/ gleich schönsten gärten prangen.
Jn dem sie aber kaum ein wenig fort gegangen
Und ihren geist erqvickt/ so schreyt sie plötzlich: weh!
Und spricht: Ach! himmel hilff/ indem ich sonst vergeh;
Denn eine biene saß auf ihren purpur-wangen.
Ach
A 2
Galante Gedichte.
Sonnet.
Er vergleichet die liebe dem ſchnee
und feuer.

C. S.

DJe lieb iſt wie der ſchnee/ der das geſichte blendet/
Der durch den ſcharffen froſt die glieder ſtarrend macht/
Ja/ eh wirs uns verſehn/ die finſtre todes-nacht
Durch ſeiner kaͤlte grimm in bruſt und augen ſendet.
Was ſchnee? vielmehr ein feur/ das alle ſachen ſchaͤndet/
So ihm entgegen ſtehn/ das ſchnell und unbedacht
Viel elend/ ja den tod und untergang gebracht/
Und ſich nach langer friſt erſt in der aſchen endet.
Doch keines iſt ſie nicht/ wenn man es ſagen ſoll:
Nicht ſchnee: Denn dieſer kan vor ſeinem froſt nicht brennen.
Sie iſt auch nicht ein feur; man wuͤrde ſonſten wohl
Verliebte ſeelen bald an ſchwaͤrtz’ und rauch’ erkennen.
Und dennoch ſaget man/ ihr unvermeidlich weh
Sey heißer als das feur/ und kaͤlter als der ſchnee.


An die Roſilis/ als ſie von einer
biene geſtochen wurde.

C. S.

Sonnet.
DJe zarte Roſilis/ mein innigſtes verlangen/
Gieng geſtern in das feld/ wo beydes thal und hoͤh
Mit tauſend lilien/ und mit dem ſuͤßen klee/
Der alles luſtig macht/ gleich ſchoͤnſten gaͤrten prangen.
Jn dem ſie aber kaum ein wenig fort gegangen
Und ihren geiſt erqvickt/ ſo ſchreyt ſie ploͤtzlich: weh!
Und ſpricht: Ach! himmel hilff/ indem ich ſonſt vergeh;
Denn eine biene ſaß auf ihren purpur-wangen.
Ach
A 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0011" n="3"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Galante Gedichte.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Sonnet.<lb/>
Er vergleichet die liebe dem &#x017F;chnee<lb/>
und feuer.</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">C. S.</hi> </p><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>Je lieb i&#x017F;t wie der &#x017F;chnee/ der das ge&#x017F;ichte blendet/</l><lb/>
            <l>Der durch den &#x017F;charffen fro&#x017F;t die glieder &#x017F;tarrend macht/</l><lb/>
            <l>Ja/ eh wirs uns ver&#x017F;ehn/ die fin&#x017F;tre todes-nacht</l><lb/>
            <l>Durch &#x017F;einer ka&#x0364;lte grimm in bru&#x017F;t und augen &#x017F;endet.</l><lb/>
            <l>Was &#x017F;chnee? vielmehr ein feur/ das alle &#x017F;achen &#x017F;cha&#x0364;ndet/</l><lb/>
            <l>So ihm entgegen &#x017F;tehn/ das &#x017F;chnell und unbedacht</l><lb/>
            <l>Viel elend/ ja den tod und untergang gebracht/</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ich nach langer fri&#x017F;t er&#x017F;t in der a&#x017F;chen endet.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Doch keines i&#x017F;t &#x017F;ie nicht/ wenn man es &#x017F;agen &#x017F;oll:</l><lb/>
            <l>Nicht &#x017F;chnee: Denn die&#x017F;er kan vor &#x017F;einem fro&#x017F;t nicht brennen.</l><lb/>
            <l>Sie i&#x017F;t auch nicht ein feur; man wu&#x0364;rde &#x017F;on&#x017F;ten wohl</l><lb/>
            <l>Verliebte &#x017F;eelen bald an &#x017F;chwa&#x0364;rtz&#x2019; und rauch&#x2019; erkennen.</l><lb/>
            <l>Und dennoch &#x017F;aget man/ ihr unvermeidlich weh</l><lb/>
            <l>Sey heißer als das feur/ und ka&#x0364;lter als der &#x017F;chnee.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">An die Ro&#x017F;ilis/ als &#x017F;ie von einer<lb/>
biene ge&#x017F;tochen wurde.</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">C. S.</hi> </p><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Sonnet.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>Je zarte Ro&#x017F;ilis/ mein innig&#x017F;tes verlangen/</l><lb/>
              <l>Gieng ge&#x017F;tern in das feld/ wo beydes thal und ho&#x0364;h</l><lb/>
              <l>Mit tau&#x017F;end lilien/ und mit dem &#x017F;u&#x0364;ßen klee/</l><lb/>
              <l>Der alles lu&#x017F;tig macht/ gleich &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten ga&#x0364;rten prangen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Jn dem &#x017F;ie aber kaum ein wenig fort gegangen</l><lb/>
              <l>Und ihren gei&#x017F;t erqvickt/ &#x017F;o &#x017F;chreyt &#x017F;ie plo&#x0364;tzlich: weh!</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;pricht: Ach! himmel hilff/ indem ich &#x017F;on&#x017F;t vergeh;</l><lb/>
              <l>Denn eine biene &#x017F;aß auf ihren purpur-wangen.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">A 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Ach</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0011] Galante Gedichte. Sonnet. Er vergleichet die liebe dem ſchnee und feuer. C. S. DJe lieb iſt wie der ſchnee/ der das geſichte blendet/ Der durch den ſcharffen froſt die glieder ſtarrend macht/ Ja/ eh wirs uns verſehn/ die finſtre todes-nacht Durch ſeiner kaͤlte grimm in bruſt und augen ſendet. Was ſchnee? vielmehr ein feur/ das alle ſachen ſchaͤndet/ So ihm entgegen ſtehn/ das ſchnell und unbedacht Viel elend/ ja den tod und untergang gebracht/ Und ſich nach langer friſt erſt in der aſchen endet. Doch keines iſt ſie nicht/ wenn man es ſagen ſoll: Nicht ſchnee: Denn dieſer kan vor ſeinem froſt nicht brennen. Sie iſt auch nicht ein feur; man wuͤrde ſonſten wohl Verliebte ſeelen bald an ſchwaͤrtz’ und rauch’ erkennen. Und dennoch ſaget man/ ihr unvermeidlich weh Sey heißer als das feur/ und kaͤlter als der ſchnee. An die Roſilis/ als ſie von einer biene geſtochen wurde. C. S. Sonnet. DJe zarte Roſilis/ mein innigſtes verlangen/ Gieng geſtern in das feld/ wo beydes thal und hoͤh Mit tauſend lilien/ und mit dem ſuͤßen klee/ Der alles luſtig macht/ gleich ſchoͤnſten gaͤrten prangen. Jn dem ſie aber kaum ein wenig fort gegangen Und ihren geiſt erqvickt/ ſo ſchreyt ſie ploͤtzlich: weh! Und ſpricht: Ach! himmel hilff/ indem ich ſonſt vergeh; Denn eine biene ſaß auf ihren purpur-wangen. Ach A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/11
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/11>, abgerufen am 21.11.2024.