Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Der Winter. Jetzt komm und hülle, zaubrischer Phantasus, Den zarten Sinn der Frauen in Wolken ein, In goldne Träum' und schütze sie, die Blühende Ruhe der Immerguten. Dem Manne laß sein Sinnen und sein Geschäft Und seiner Kerze Schein und den künft'gen Tag Gefallen, laß des Unmuths ihm, der Häßlichen Sorge zu viel nicht werden, Wenn jetzt der immerzürnende Boreas, Mein Erbfeind, über Nacht mit dem Frost das Land Befällt, und spät, zur Schlummerstunde, Spottend der Menschen, sein schrecklich Lied singt, Und unsrer Städte Mauern und unserm Zaun, Den fleißig wir gesetzt, und den stillen Hain Zerreißt, und selber im Gesang die Seele mir störet, der Allverderber. Der Winter. Jetzt komm und huͤlle, zaubriſcher Phantaſus, Den zarten Sinn der Frauen in Wolken ein, In goldne Traͤum' und ſchuͤtze ſie, die Bluͤhende Ruhe der Immerguten. Dem Manne laß ſein Sinnen und ſein Geſchaͤft Und ſeiner Kerze Schein und den kuͤnft'gen Tag Gefallen, laß des Unmuths ihm, der Haͤßlichen Sorge zu viel nicht werden, Wenn jetzt der immerzuͤrnende Boreas, Mein Erbfeind, uͤber Nacht mit dem Froſt das Land Befaͤllt, und ſpaͤt, zur Schlummerſtunde, Spottend der Menſchen, ſein ſchrecklich Lied ſingt, Und unſrer Staͤdte Mauern und unſerm Zaun, Den fleißig wir geſetzt, und den ſtillen Hain Zerreißt, und ſelber im Geſang die Seele mir ſtoͤret, der Allverderber. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0058" n="50"/> <div n="1"> <head><hi rendition="#g">Der Winter</hi>.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Jetzt komm und huͤlle, zaubriſcher Phantaſus,</l><lb/> <l>Den zarten Sinn der Frauen in Wolken ein,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">In goldne Traͤum' und ſchuͤtze ſie, die</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Bluͤhende Ruhe der Immerguten.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Dem Manne laß ſein Sinnen und ſein Geſchaͤft</l><lb/> <l>Und ſeiner Kerze Schein und den kuͤnft'gen Tag</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Gefallen, laß des Unmuths ihm, der</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Haͤßlichen Sorge zu viel nicht werden,</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Wenn jetzt der immerzuͤrnende Boreas,</l><lb/> <l>Mein Erbfeind, uͤber Nacht mit dem Froſt das Land</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Befaͤllt, und ſpaͤt, zur Schlummerſtunde,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Spottend der Menſchen, ſein ſchrecklich Lied</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſingt,</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Und unſrer Staͤdte Mauern und unſerm Zaun,</l><lb/> <l>Den fleißig wir geſetzt, und den ſtillen Hain</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Zerreißt, und ſelber im Geſang die</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Seele mir ſtoͤret, der Allverderber.</hi> </l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [50/0058]
Der Winter.
Jetzt komm und huͤlle, zaubriſcher Phantaſus,
Den zarten Sinn der Frauen in Wolken ein,
In goldne Traͤum' und ſchuͤtze ſie, die
Bluͤhende Ruhe der Immerguten.
Dem Manne laß ſein Sinnen und ſein Geſchaͤft
Und ſeiner Kerze Schein und den kuͤnft'gen Tag
Gefallen, laß des Unmuths ihm, der
Haͤßlichen Sorge zu viel nicht werden,
Wenn jetzt der immerzuͤrnende Boreas,
Mein Erbfeind, uͤber Nacht mit dem Froſt das Land
Befaͤllt, und ſpaͤt, zur Schlummerſtunde,
Spottend der Menſchen, ſein ſchrecklich Lied
ſingt,
Und unſrer Staͤdte Mauern und unſerm Zaun,
Den fleißig wir geſetzt, und den ſtillen Hain
Zerreißt, und ſelber im Geſang die
Seele mir ſtoͤret, der Allverderber.
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