Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.An den Aether. Treu und freundlich, wie du, erzog der Götter und Menschen Keiner, o Vater Aether! mich auf; noch ehe die Mutter In die Arme mich nahm und ihre Brüste mich tränkten, Faßtest du zärtlich mich an, und gossest himmli- schen Trank mir, Mir den heiligen Odem zuerst in den keimenden Busen. Nicht von irdischer Kost gedeihen einzig die Wesen, Aber du nährest sie all' mit deinem Nektar, o Vater! Und es drängt sich und rinnt aus deiner ewigen Fülle Die beseelende Luft durch alle Röhren des Lebens. Darum lieben die Wesen dich auch und ringen und streben Unaufhörlich hinauf nach dir in freudigem Wachs- thum. An den Aether. Treu und freundlich, wie du, erzog der Goͤtter und Menſchen Keiner, o Vater Aether! mich auf; noch ehe die Mutter In die Arme mich nahm und ihre Bruͤſte mich traͤnkten, Faßteſt du zaͤrtlich mich an, und goſſeſt himmli- ſchen Trank mir, Mir den heiligen Odem zuerſt in den keimenden Buſen. Nicht von irdiſcher Koſt gedeihen einzig die Weſen, Aber du naͤhreſt ſie all' mit deinem Nektar, o Vater! Und es draͤngt ſich und rinnt aus deiner ewigen Fuͤlle Die beſeelende Luft durch alle Roͤhren des Lebens. Darum lieben die Weſen dich auch und ringen und ſtreben Unaufhoͤrlich hinauf nach dir in freudigem Wachs- thum. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0163" n="155"/> <div n="1"> <head><hi rendition="#g">An den Aether</hi>.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Treu und freundlich, wie du, erzog der Goͤtter</l><lb/> <l>und Menſchen</l><lb/> <l>Keiner, o Vater Aether! mich auf; noch ehe die</l><lb/> <l>Mutter</l><lb/> <l>In die Arme mich nahm und ihre Bruͤſte mich</l><lb/> <l>traͤnkten,</l><lb/> <l>Faßteſt du zaͤrtlich mich an, und goſſeſt himmli-</l><lb/> <l>ſchen Trank mir,</l><lb/> <l>Mir den heiligen Odem zuerſt in den keimenden</l><lb/> <l>Buſen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Nicht von irdiſcher Koſt gedeihen einzig die Weſen,</l><lb/> <l>Aber du naͤhreſt ſie all' mit deinem Nektar, o</l><lb/> <l>Vater!</l><lb/> <l>Und es draͤngt ſich und rinnt aus deiner ewigen</l><lb/> <l>Fuͤlle</l><lb/> <l>Die beſeelende Luft durch alle Roͤhren des Lebens.</l><lb/> <l>Darum lieben die Weſen dich auch und ringen und</l><lb/> <l>ſtreben</l><lb/> <l>Unaufhoͤrlich hinauf nach dir in freudigem Wachs-</l><lb/> <l>thum.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [155/0163]
An den Aether.
Treu und freundlich, wie du, erzog der Goͤtter
und Menſchen
Keiner, o Vater Aether! mich auf; noch ehe die
Mutter
In die Arme mich nahm und ihre Bruͤſte mich
traͤnkten,
Faßteſt du zaͤrtlich mich an, und goſſeſt himmli-
ſchen Trank mir,
Mir den heiligen Odem zuerſt in den keimenden
Buſen.
Nicht von irdiſcher Koſt gedeihen einzig die Weſen,
Aber du naͤhreſt ſie all' mit deinem Nektar, o
Vater!
Und es draͤngt ſich und rinnt aus deiner ewigen
Fuͤlle
Die beſeelende Luft durch alle Roͤhren des Lebens.
Darum lieben die Weſen dich auch und ringen und
ſtreben
Unaufhoͤrlich hinauf nach dir in freudigem Wachs-
thum.
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Zitationshilfe: | Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/163>, abgerufen am 23.02.2025. |