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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Vorbericht.
sache, daß im Ganzen betrachtet der Adel, der von diesen Fesseln frey
ist, weit bessere Gärten hat, als die Fürsten. Es ist ein schädliches
Vorurtheil, wenn man sagt: ein Fürst könne machen was er wolle;
er habe zu befehlen; es koste ihm sein Geld. "Nein, gnädiger Hert,
würde ich einem Prinzen sagen, lassen Sie dieses Vorurtheil nicht gelten.
Um einen Höfling, der diese Meynung äußert, bekümmert sich die Welt
nicht viel, aber wohl um den Fürsten, der dieser Meynung folgt. Sie
dürfen nicht geradezu machen, was Ihnen einfällt. Ihre Werke stehen
öffentlich da; der Kenner, der Ihre Gebäude, Ihre Gärten sieht, beur-
theilt sie zugleich, und ein Urtheil, das sich auf Kenntniß stützt, kann
einem Fürsten nicht gleichgültig seyn. Der Geschmack Ihrer Werke geht
mit in Ihre Geschichte über. Man nennt Ihren Namen wenn der
Name Ihrer übel unterrichteten Rathgeber längst vergessen ist."

Jeder ansehnliche Hof sollte billig einen aufgeklärten Mann zum
besondern Gartendirector wählen, der ganz allein seine Talente, Kräfte
und Zeit diesem Geschäfte widmete, der Kenntniß, Geschmack, Eifer,
Verbindung und Ansehen genug hätte, um sowohl die Ehre der Gär-
ten des Landes, als auch die Ausbreitung der nutzbaren Gartenkultur
befördern zu können. So lange ein so wichtiges Geschäfte Personen
aufgetragen wird, die entweder gar nicht die dazu nöthigen Eigenschaf-
ten besitzen, oder schon mit andern Arbeiten zu sehr überladen sind, so
lange darf man sich wenig Fortgang für die wahre Kultur der Gärten
versprechen. Man kann ein braver Officier, ein feiner Cavalier, ein
guter Hofmarschall seyn; man kann durch Witz und Verstand glänzen;
und doch ein elender Gartendirector seyn. Wie wenige giebt es, die
eben die Wissenschaft, eben den Geschmack, eben das Studium, eben
die Beobachtung, eben die Uebung besitzen, die gerade zu einem solchen
Posten erfordert werden!

Unsre

Vorbericht.
ſache, daß im Ganzen betrachtet der Adel, der von dieſen Feſſeln frey
iſt, weit beſſere Gaͤrten hat, als die Fuͤrſten. Es iſt ein ſchaͤdliches
Vorurtheil, wenn man ſagt: ein Fuͤrſt koͤnne machen was er wolle;
er habe zu befehlen; es koſte ihm ſein Geld. „Nein, gnaͤdiger Hert,
wuͤrde ich einem Prinzen ſagen, laſſen Sie dieſes Vorurtheil nicht gelten.
Um einen Hoͤfling, der dieſe Meynung aͤußert, bekuͤmmert ſich die Welt
nicht viel, aber wohl um den Fuͤrſten, der dieſer Meynung folgt. Sie
duͤrfen nicht geradezu machen, was Ihnen einfaͤllt. Ihre Werke ſtehen
oͤffentlich da; der Kenner, der Ihre Gebaͤude, Ihre Gaͤrten ſieht, beur-
theilt ſie zugleich, und ein Urtheil, das ſich auf Kenntniß ſtuͤtzt, kann
einem Fuͤrſten nicht gleichguͤltig ſeyn. Der Geſchmack Ihrer Werke geht
mit in Ihre Geſchichte uͤber. Man nennt Ihren Namen wenn der
Name Ihrer uͤbel unterrichteten Rathgeber laͤngſt vergeſſen iſt.“

Jeder anſehnliche Hof ſollte billig einen aufgeklaͤrten Mann zum
beſondern Gartendirector waͤhlen, der ganz allein ſeine Talente, Kraͤfte
und Zeit dieſem Geſchaͤfte widmete, der Kenntniß, Geſchmack, Eifer,
Verbindung und Anſehen genug haͤtte, um ſowohl die Ehre der Gaͤr-
ten des Landes, als auch die Ausbreitung der nutzbaren Gartenkultur
befoͤrdern zu koͤnnen. So lange ein ſo wichtiges Geſchaͤfte Perſonen
aufgetragen wird, die entweder gar nicht die dazu noͤthigen Eigenſchaf-
ten beſitzen, oder ſchon mit andern Arbeiten zu ſehr uͤberladen ſind, ſo
lange darf man ſich wenig Fortgang fuͤr die wahre Kultur der Gaͤrten
verſprechen. Man kann ein braver Officier, ein feiner Cavalier, ein
guter Hofmarſchall ſeyn; man kann durch Witz und Verſtand glaͤnzen;
und doch ein elender Gartendirector ſeyn. Wie wenige giebt es, die
eben die Wiſſenſchaft, eben den Geſchmack, eben das Studium, eben
die Beobachtung, eben die Uebung beſitzen, die gerade zu einem ſolchen
Poſten erfordert werden!

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[VII/0007] Vorbericht. ſache, daß im Ganzen betrachtet der Adel, der von dieſen Feſſeln frey iſt, weit beſſere Gaͤrten hat, als die Fuͤrſten. Es iſt ein ſchaͤdliches Vorurtheil, wenn man ſagt: ein Fuͤrſt koͤnne machen was er wolle; er habe zu befehlen; es koſte ihm ſein Geld. „Nein, gnaͤdiger Hert, wuͤrde ich einem Prinzen ſagen, laſſen Sie dieſes Vorurtheil nicht gelten. Um einen Hoͤfling, der dieſe Meynung aͤußert, bekuͤmmert ſich die Welt nicht viel, aber wohl um den Fuͤrſten, der dieſer Meynung folgt. Sie duͤrfen nicht geradezu machen, was Ihnen einfaͤllt. Ihre Werke ſtehen oͤffentlich da; der Kenner, der Ihre Gebaͤude, Ihre Gaͤrten ſieht, beur- theilt ſie zugleich, und ein Urtheil, das ſich auf Kenntniß ſtuͤtzt, kann einem Fuͤrſten nicht gleichguͤltig ſeyn. Der Geſchmack Ihrer Werke geht mit in Ihre Geſchichte uͤber. Man nennt Ihren Namen wenn der Name Ihrer uͤbel unterrichteten Rathgeber laͤngſt vergeſſen iſt.“ Jeder anſehnliche Hof ſollte billig einen aufgeklaͤrten Mann zum beſondern Gartendirector waͤhlen, der ganz allein ſeine Talente, Kraͤfte und Zeit dieſem Geſchaͤfte widmete, der Kenntniß, Geſchmack, Eifer, Verbindung und Anſehen genug haͤtte, um ſowohl die Ehre der Gaͤr- ten des Landes, als auch die Ausbreitung der nutzbaren Gartenkultur befoͤrdern zu koͤnnen. So lange ein ſo wichtiges Geſchaͤfte Perſonen aufgetragen wird, die entweder gar nicht die dazu noͤthigen Eigenſchaf- ten beſitzen, oder ſchon mit andern Arbeiten zu ſehr uͤberladen ſind, ſo lange darf man ſich wenig Fortgang fuͤr die wahre Kultur der Gaͤrten verſprechen. Man kann ein braver Officier, ein feiner Cavalier, ein guter Hofmarſchall ſeyn; man kann durch Witz und Verſtand glaͤnzen; und doch ein elender Gartendirector ſeyn. Wie wenige giebt es, die eben die Wiſſenſchaft, eben den Geſchmack, eben das Studium, eben die Beobachtung, eben die Uebung beſitzen, die gerade zu einem ſolchen Poſten erfordert werden! Unſre

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/7>, abgerufen am 26.04.2024.